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Amtliches Bulletin der Bundesversammlung Bulletin officiel de l ...

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Interpellation Fehr Hans 1544 N 20 juin 1997<br />

Schriftliche Stellungnahme <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>srates<br />

vom 28. Mai 1997<br />

Rapport écrit du Conseil fédéral<br />

du 28 mai 1997<br />

1. Der Bun<strong>de</strong>srat ist sich bewusst, dass eine grosse Zahl <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Asylsuchen<strong>de</strong>n illegal in die Schweiz einreist. Dies kann jedoch<br />

nicht verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>t wer<strong>de</strong>n, da es nicht möglich ist, alle<br />

Einreisen lückenlos zu überwachen und die Grenzen hermetisch<br />

abzuriegeln. Diese illegalen Einreisen können asylrechtlich<br />

nicht mit einer umgehen<strong>de</strong>n Ausschaffung sanktioniert<br />

wer<strong>de</strong>n, weil aufgrund zwingen<strong><strong>de</strong>r</strong> völkerrechtlicher Bestimmungen<br />

zunächst abgeklärt wer<strong>de</strong>n muss, ob eine asylsuchen<strong>de</strong><br />

Person – unabhängig davon, ob sie legal o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

illegal eingereist ist – bei einer Rückschaffung politische Verfolgung,<br />

Folter o<strong><strong>de</strong>r</strong> unmenschliche Behandlung zu befürchten<br />

hätte.<br />

In europäischer Koordination wird aber ein umfassen<strong>de</strong>s<br />

Netz von Rückübernahmeabkommen geschaffen, welches<br />

erlauben soll, illegal Eingereiste in jenen Staat zurückzuführen,<br />

aus <strong>de</strong>m sie in die Schweiz gekommen sind. Zu<strong>de</strong>m wird<br />

sich die Schweiz um <strong>de</strong>n Beitritt zu einem Parallelabkommen<br />

zum Dubliner Abkommen bemühen, welches verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>n soll,<br />

dass Auslän<strong><strong>de</strong>r</strong>innen und Auslän<strong><strong>de</strong>r</strong> nacheinan<strong><strong>de</strong>r</strong> in mehreren<br />

Staaten Asylgesuche einreichen. Versuchen sie dies<br />

trotz<strong>de</strong>m, können sie in <strong>de</strong>n vorherigen Aufenthaltsstaat zurückgewiesen<br />

wer<strong>de</strong>n. Damit sollte es in Zukunft in vielen<br />

Fällen gelingen, illegale Einreisen rückgängig zu machen.<br />

Die schweizerisch-jugoslawischen Verhandlungen über ein<br />

Rückübernahmeabkommen konnten mit <strong>de</strong>ssen Paraphierung<br />

am 24. Januar 1997 abgeschlossen wer<strong>de</strong>n. Die Genehmigung<br />

<strong>de</strong>s Verhandlungsergebnisses durch <strong>de</strong>n Bun<strong>de</strong>srat<br />

am 3. März 1997 und die im Mai dieses Jahres vorgesehene<br />

Unterzeichnung <strong>de</strong>s Vertrages öffnen nunmehr <strong>de</strong>n<br />

Weg zur Deblockierung <strong>de</strong>s Vollzugs und zur Repatriierung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> ausreisepflichtigen jugoslawischen Staatsangehörigen.<br />

Alle bisherigen Erfahrungen sowohl in <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweiz wie auch<br />

in Europa zeigen, dass für die Attraktivität eines Ziellan<strong>de</strong>s<br />

von Asylsuchen<strong>de</strong>n die Aussicht auf eine lange Anwesenheit<br />

mit allen damit verbun<strong>de</strong>nen materiellen Anreizen ausschlaggebend<br />

war. Der Vergleich <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesuchseingangszahlen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

vergangenen Jahre zeigt, dass es <strong>de</strong>n schweizerischen Asylbehör<strong>de</strong>n<br />

insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e mit <strong>de</strong>m dringlichen Bun<strong>de</strong>sbeschluss<br />

über das Asylverfahren vom Juni 1990 und mit Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Asylverordnungen bereits gelungen ist, die Anreize<br />

für Personen, die aus vornehmlich wirtschaftlichen<br />

Grün<strong>de</strong>n in die Schweiz einreisen, zu senken.<br />

2. Das Schweizervolk und die Stän<strong>de</strong> haben am 1. Dezember<br />

1996 die von <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweizerischen Volkspartei lancierte<br />

Volksinitiative «gegen die illegale Einwan<strong><strong>de</strong>r</strong>ung» klar verworfen.<br />

Die Initiative for<strong><strong>de</strong>r</strong>te unter an<strong><strong>de</strong>r</strong>em, dass auf Asylgesuche<br />

von illegal Eingereisten nicht mehr eingetreten<br />

wer<strong>de</strong>, um damit das Asylverfahren für arbeitsuchen<strong>de</strong> und<br />

illegal einreisen<strong>de</strong> Auslän<strong><strong>de</strong>r</strong>innen und Auslän<strong><strong>de</strong>r</strong> unattraktiv<br />

zu machen. Der schweizerische Souverän hat mit seinem<br />

Nein zur Initiative unmissverständlich zum Ausdruck gebracht,<br />

dass mit Massnahmen, wie sie die Initiative und nun<br />

erneut <strong><strong>de</strong>r</strong> Interpellant for<strong><strong>de</strong>r</strong>n, die Schwierigkeiten nicht behoben<br />

wer<strong>de</strong>n können. Das Abstimmungsergebnis ist zugleich<br />

ein Votum dafür, dass allgemein zur Kenntnis genommen<br />

wird, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Bund in <strong>de</strong>n letzten Jahren gegenüber<br />

wirklich Bedrohten eine menschliche Aufnahmepolitik verfolgt,<br />

gleichzeitig aber auf gesetzgeberischer Ebene wie<br />

auch in <strong><strong>de</strong>r</strong> Praxis alles getan hat, um Missbräuche im Asylbereich<br />

zu unterbin<strong>de</strong>n. Aus diesen Grün<strong>de</strong>n ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srat<br />

<strong>de</strong>nn auch nicht bereit, <strong>de</strong>m Parlament einen Entwurf eines<br />

dringlichen Bun<strong>de</strong>sbeschlusses zu unterbreiten, <strong>de</strong>m die<br />

vom Interpellanten genannte Zielsetzung zugrun<strong>de</strong> liegt.<br />

3. Der Bun<strong>de</strong>srat ist bereit, im Sinne einer Prioritätenfestsetzung<br />

eine Bestan<strong>de</strong>sanpassung im Grenzwachtkorps zu prüfen.<br />

Da zusätzliches Personal aber ohnehin zuerst ausgebil<strong>de</strong>t<br />

wer<strong>de</strong>n müsste und das anvisierte Vorgehen <strong>de</strong>shalb<br />

nicht sofort greifen könnte, wird als Sofortmassnahme eine<br />

punktuelle Verstärkung durch Angehörige <strong>de</strong>s Festungswachtkorps<br />

für Sicherungs- und Beobachtungsaufgaben geprüft.<br />

Ein allfälliger Einsatz von Teilen <strong><strong>de</strong>r</strong> Armee muss stets <strong>de</strong>m<br />

Grundsatz <strong><strong>de</strong>r</strong> politischen Akzeptanz sowie <strong>de</strong>m Prinzip <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Subsidiarität gerecht wer<strong>de</strong>n. Das Aufgebot <strong><strong>de</strong>r</strong> Armee muss<br />

für <strong>de</strong>n Fall vorbehalten bleiben, wenn alle an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Möglichkeiten<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Politik, insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e <strong><strong>de</strong>r</strong> Asylpolitik, erschöpft sind<br />

beziehungsweise wenn eigentliche Migrationsströme an <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Lan<strong>de</strong>sgrenze festgestellt wer<strong>de</strong>n. Dies ist heute nach wie<br />

vor nicht <strong><strong>de</strong>r</strong> Fall, um so weniger, als die heutigen Zahlen diejenigen<br />

von 1991 bis 1993 bei weitem nicht erreichen. Auch<br />

damals wur<strong>de</strong> auf die Verstärkung <strong>de</strong>s Grenzwachtkorps<br />

durch Formationen <strong><strong>de</strong>r</strong> Truppe verzichtet.<br />

Das Grenzwachtkorps im Tessin ist wegen <strong><strong>de</strong>r</strong> Ereignisse in<br />

Albanien und <strong><strong>de</strong>r</strong>en Auswirkungen auf Italien und die<br />

Schweizer Grenze vorübergehend mit Grenzwachtpersonal<br />

aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Nord- und Westschweiz verstärkt wor<strong>de</strong>n. Mit dieser<br />

Verstärkung, die nur mit begrenzten Mitteln und zeitlich befristet<br />

möglich ist, wer<strong>de</strong>n die Überwachungsdispositive in <strong>de</strong>n<br />

an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Lan<strong>de</strong>steilen geschwächt.<br />

4. Auf internationaler Ebene bestehen keine eigentlichen<br />

Durchsetzungsmittel gegenüber Staaten, welche sich weigern,<br />

eigene Staatsangehörige zurückzuübernehmen. Es<br />

können lediglich Sanktionen ergriffen wer<strong>de</strong>n. Wie <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srat<br />

bereits bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Annahme <strong>de</strong>s Postulates Baumann<br />

(96.3520) erklärt hat, wird bei Gesprächen mit <strong>de</strong>n betreffen<strong>de</strong>n<br />

ausländischen Regierungen systematisch auf die Pflicht<br />

zur Rückübernahme <strong><strong>de</strong>r</strong> eigenen Staatsangehörigen hingewiesen.<br />

Im weiteren wird bei Verhandlungen in je<strong>de</strong>m Fall geprüft,<br />

inwiefern die Rückübernahme weggewiesener Asylsuchen<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

mit <strong>de</strong>m Verhandlungsmandat zu verknüpfen ist. Zusätzlich<br />

wird bei unkooperativen Staaten ein allfälliges Einfrieren<br />

von gewährten finanziellen Mitteln für die multi- und<br />

bilaterale Entwicklung und Zusammenarbeit überprüft.<br />

5. Wie <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srat bereits in seiner Antwort auf die Einfache<br />

Anfrage Dettling (96.1061) ausgeführt hat, erheben die<br />

Bun<strong>de</strong>sbehör<strong>de</strong>n im Asylbereich nur diejenigen Kosten, die<br />

beim Bund direkt anfallen. Im Jahre 1996 beliefen sich die<br />

Nettoausgaben <strong>de</strong>s BFF auf rund 907 Millionen Franken. Davon<br />

gingen rund 663 Millionen Franken an die Kantone und<br />

rund 168 Millionen Franken an die Hilfswerke. Die übrigen<br />

76 Millionen Franken stellen Betriebs-, Verwaltungs- und Allgemeinkosten<br />

dar. Diese Bun<strong>de</strong>sgel<strong><strong>de</strong>r</strong> – insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e die<br />

Beiträge an Verwaltungs- und Allgemeinkosten – <strong>de</strong>cken<br />

aber nicht die gesamten in <strong>de</strong>n Kantonen effektiv anfallen<strong>de</strong>n<br />

Aufwendungen.<br />

Eine Erhebung <strong><strong>de</strong>r</strong> Kosten <strong>de</strong>s Asylbereichs auf allen Ebenen<br />

<strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sstaates wäre enorm aufwendig und komplex.<br />

Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Ebene von Kantonen und Gemein<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n<br />

unterschiedlichsten Bereichen durch verschie<strong>de</strong>nste Stellen,<br />

wie etwa durch die Polizei o<strong><strong>de</strong>r</strong> das Schul- und Sozialwesen,<br />

Aufgaben wahrgenommen sowie Dienstleistungen erbracht<br />

und Infrastrukturen zur Verfügung gestellt, und zwar für alle<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweiz leben<strong>de</strong>n Personen, unabhängig vom Bestehen<br />

eines Asylbereichs und ohne zwischen <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen<br />

Kategorien von in unserem Land leben<strong>de</strong>n Personen zu<br />

unterschei<strong>de</strong>n. Deshalb ist es diesen Stellen nicht möglich,<br />

<strong>de</strong>taillierte Angaben über <strong>de</strong>n Anteil <strong><strong>de</strong>r</strong> Kosten, die allein<br />

durch <strong>de</strong>n Asylbereich verursacht wer<strong>de</strong>n, zu machen.<br />

6. Am 29. Januar 1997 hat <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srat in Bestätigung seiner<br />

Beschlüsse vom 3. April respektive 26. Juni 1996 über<br />

die Rückkehr bosnischer Staatsangehöriger entschie<strong>de</strong>n und<br />

<strong>de</strong>n Kantonen empfohlen, Alleinstehen<strong>de</strong>n und Ehepaaren<br />

ohne Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n eine Ausreisefrist auf En<strong>de</strong> April 1997, Ehepaaren<br />

mit Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n auf En<strong>de</strong> April 1998 anzusetzen. Weiter<br />

hat <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srat beschlossen, das 1996 gemeinsam vom<br />

Bun<strong>de</strong>samt für Flüchtlinge (BFF) und <strong><strong>de</strong>r</strong> Direktion für Entwicklung<br />

und Zusammenarbeit (Deza) durchgeführte Programm<br />

zur För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> freiwilligen Rückkehr und Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>einglie<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />

bosnischer Staatsangehöriger fortzusetzen.<br />

Dieses Programm umfasst eine finanzielle Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>einglie<strong><strong>de</strong>r</strong>ungshilfe<br />

in Höhe von 4000 Franken pro erwachsene Person<br />

respektive 2000 Franken pro Kind sowie einen einmaligen<br />

Beitrag zum Lebensunterhalt in Höhe von 1000 Franken<br />

pro Familie. Mit einem Betrag von beispielsweise 9000 Franken<br />

lässt sich vor Ort eine stark beschädigte Wohnung bzw.<br />

ein stark beschädigtes Haus einigermassen wie<strong><strong>de</strong>r</strong>herstel-<br />

<strong>Bulletin</strong> <strong>officiel</strong> <strong>de</strong> l’Assemblée fédérale

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