17.12.2012 Aufrufe

Amtliches Bulletin der Bundesversammlung Bulletin officiel de l ...

Amtliches Bulletin der Bundesversammlung Bulletin officiel de l ...

Amtliches Bulletin der Bundesversammlung Bulletin officiel de l ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

12. Juni 1997 N 1187 Wohneigentum für alle<br />

spricht, dass <strong>de</strong>ssen Umsetzung darum auch nicht gera<strong>de</strong><br />

unter <strong>de</strong>n Begriff Ehrlichkeit fällt.<br />

Wir haben gehört, dass 33 Prozent <strong><strong>de</strong>r</strong> Haushalte in diesem<br />

Lan<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n eigenen vier Wän<strong>de</strong>n leben und dass wir<br />

punkto Wohneigentum das Schlusslicht Europas sind. Das<br />

lässt keine an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Interpretation zu, als dass das Wohneigentum<br />

in <strong>de</strong>n letzten Jahrzehnten offensichtlich nicht attraktiv<br />

genug war, nicht attraktiv genug gemacht wor<strong>de</strong>n ist. Also<br />

muss etwas getan wer<strong>de</strong>n.<br />

Natürlich hören wir immer: «Es ist unmöglich», «Es passt<br />

nicht in die Landschaft», «Im Moment geht es ja <strong>de</strong>m Bund<br />

nicht gera<strong>de</strong> üppig und <strong>de</strong>n Kantonen auch nicht». Zu solchen<br />

Einwän<strong>de</strong>n ist zu sagen: Die För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Wohneigentums<br />

hat auch in Zeiten, wo es sehr gutging, offenbar nicht in die<br />

Landschaft gepasst. Irgendwann müssen wir daher Flagge<br />

zeigen und diesem Verfassungsartikel nachleben.<br />

Es ist in diesem Lan<strong>de</strong> nicht mehr möglich, dass jemand<br />

sagt: Gut, ich setze mir zum Ziel, im Alter als ein Element <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Vorsorge ein schul<strong>de</strong>nfreies Dach über meinem Kopf zu haben;<br />

es kann passieren, was will; ich fahre nicht mehr Auto<br />

(ein grässlicher Gedanke, wenn man älter wird und die Leute<br />

auch darunter lei<strong>de</strong>n, dass ihre Mobilität eingeschränkt wird),<br />

ich gehe weniger aus zum Essen, aber ich habe mein Dach<br />

über <strong>de</strong>m Kopf, schul<strong>de</strong>nfrei, ohne irgen<strong>de</strong>ine Belastung.<br />

Aber – ich sehe das immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> – es gibt ältere Leute, ältere<br />

Haushaltsangehörige, Männer und Frauen, die leben im<br />

angestammten Haus. Das Haus ist vielleicht gross, weil die<br />

Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> nicht mehr da sind, und das Grundstück ist ebenfalls<br />

stattlich. Und nun wird diesen Leuten ein so hoch bemessener<br />

Eigenmietwert angerechnet, dass sie nicht mehr wissen,<br />

wie sie die Steuern bezahlen sollen. Die Alternative ist dann<br />

oft, aus <strong>de</strong>m Haus auszuziehen und vorzeitig in eine Wohnung<br />

zu gehen, was natürlich mit vielen bitteren persönlichen<br />

Erlebnissen verknüpft ist. Es gibt Leute, die aus solchen<br />

Grün<strong>de</strong>n gleich <strong>de</strong>n Staat in seiner Gänze über Bord werfen.<br />

Es ist auch gesagt wor<strong>de</strong>n, dass die Reparaturkosten nicht<br />

mehr abgezogen wer<strong>de</strong>n sollen können. Ich muss dazu sagen:<br />

Das sind ja Kosten, die anfallen. Der Wohneigentümer,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> sein Reihenhaus, seine Wohnung, sein Haus hat, <strong><strong>de</strong>r</strong> saniert<br />

dann auf seine Kosten. Der Nachbar, <strong><strong>de</strong>r</strong> zur Miete<br />

wohnt, <strong><strong>de</strong>r</strong> arme, ausgebeutete Mieter, <strong><strong>de</strong>r</strong> fliegt für <strong>de</strong>n gleichen<br />

Betrag erste Klasse auf die Seychellen, während <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

an<strong><strong>de</strong>r</strong>e die Dachrinne repariert. Das sind eben alles Fakten,<br />

die wir berücksichtigen müssen. Wird dann das Wohneigentum<br />

einmal veräussert, dann sind in <strong>de</strong>n meisten Kantonen,<br />

ausser im Wallis und im Aargau, nach 25 bzw. 30 Jahren<br />

Grundstückgewinnsteuern fällig. Grundstückgewinnsteuern<br />

sind eigentlich nichts an<strong><strong>de</strong>r</strong>es als eine Steuer auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Teuerung,<br />

die stattgefun<strong>de</strong>n hat. Nach zwanzig, dreissig o<strong><strong>de</strong>r</strong> vierzig<br />

Jahren Besitzesdauer wäre es ja wohl verfehlt, irgendwo<br />

noch von einer Spekulationsabsicht zu sprechen. Aber in Tat<br />

und Wahrheit sind das immer noch die Motive, welche <strong>de</strong>n<br />

Gesetzen zugrun<strong>de</strong> liegen.<br />

An<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits, wenn wir schon von <strong>de</strong>n steuerlichen Abzügen<br />

für Hypothekarzinsen re<strong>de</strong>n: Es gibt ja auch noch an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Finanzierungsinstrumente,<br />

ich <strong>de</strong>nke an die Lombardzinsen.<br />

Wenn sich jemand eine Kunstsammlung o<strong><strong>de</strong>r</strong> eine stattliche<br />

Oldtimersammlung zulegt – wir haben ja ein Ratsmitglied,<br />

das dieses Hobby pflegt –, dann wird nicht eine Kunstgenusssteuer<br />

zur Kompensation <strong>de</strong>s Ertrags erhoben, welcher<br />

fliessen wür<strong>de</strong>, wenn diese Sammlung nicht da wäre und das<br />

Geld in Kassenobligationen angelegt wor<strong>de</strong>n wäre. Darum ist<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Denkansatz aus meiner Sicht inkonsequent. Ich möchte<br />

hier aber nicht eine Grundsatz<strong>de</strong>batte über Recht und Unrecht<br />

von Eigenmietwerten vom Zaun reissen. Die Zeit reicht<br />

nicht, und <strong><strong>de</strong>r</strong> unmittelbare Anlass ist auch nicht dafür geeignet.<br />

Aus allen diesen Grün<strong>de</strong>n: 33 Prozent Wohneigentum in einem<br />

so reichen Land sind eine Schan<strong>de</strong>. Das zeigt, dass <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

bürgerliche Staat nicht willens war, Wohneigentum zu för<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />

Obwohl wir in allen Kantonen über soli<strong>de</strong> bürgerliche<br />

Mehrheiten verfügen und diese bürgerlichen Parteien in allen<br />

ihren Parteiprogrammen das selbstbewohnte Wohneigentum<br />

för<strong><strong>de</strong>r</strong>n wollen, haben sie doch im Prinzip absolut nichts gemacht.<br />

<strong>Amtliches</strong> <strong>Bulletin</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Bun<strong>de</strong>sversammlung</strong><br />

Im Kanton Zürich war es dann erst noch ein Freisinniger, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

selige – ich meine das amtsmässig – Albert Moosdorf, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

vom Aufpumpen <strong><strong>de</strong>r</strong> Eigenmietwerte nicht genug kriegen<br />

konnte. Das sind, lei<strong><strong>de</strong>r</strong>, Tatsachen. Als Freisinniger – ich bin<br />

nur nicht mehr in <strong><strong>de</strong>r</strong> FDP – tut es mir eigentlich leid, das hier<br />

noch an <strong>de</strong>n Pranger stellen zu müssen.<br />

Wir wer<strong>de</strong>n also <strong>de</strong>n Rückweisungsantrag Widrig unterstützen,<br />

die Sache von Herrn Strahm ablehnen und im übrigen<br />

jetzt das Wochenen<strong>de</strong> geniessen.<br />

Die Beratung dieses Geschäftes wird unterbrochen<br />

Le débat sur cet objet est interrompu<br />

Schluss <strong><strong>de</strong>r</strong> Sitzung um 13.00 Uhr<br />

La séance est levée à 13 h 00

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!