17.12.2012 Aufrufe

Amtliches Bulletin der Bundesversammlung Bulletin officiel de l ...

Amtliches Bulletin der Bundesversammlung Bulletin officiel de l ...

Amtliches Bulletin der Bundesversammlung Bulletin officiel de l ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Formation professionnelle 1070 N 9 juin 1997<br />

Es ist tatsächlich so, dass die Anzahl Lehrstellen und damit<br />

die abgeschlossenen Lehrverträge in <strong>de</strong>n Jahren ab 1987<br />

zurückgegangen sind. Das Angebot ist für die Jungen knapper<br />

gewor<strong>de</strong>n. Das heisst aber meines Erachtens noch lange<br />

nicht, dass man <strong>de</strong>swegen unbesehen <strong>de</strong>n Anträgen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Kommission zustimmen sollte. Die Frage, die damit verbun<strong>de</strong>n<br />

ist, ist meiner Meinung nämlich: Wo liegt <strong>de</strong>nn das Problem<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> mangeln<strong>de</strong>n Lehrstellen? Welche Grün<strong>de</strong> sind für<br />

diese Situation verantwortlich? Ist es ein Problem <strong><strong>de</strong>r</strong> Berufsbildung<br />

an sich, <strong>de</strong>s Systems, o<strong><strong>de</strong>r</strong> ist es ein Arbeitsmarktproblem?<br />

Diese Frage ist von <strong><strong>de</strong>r</strong> vorberaten<strong>de</strong>n Kommission<br />

nicht beantwortet wor<strong>de</strong>n. Ich habe darüber nichts gelesen;<br />

ich habe auch nichts gehört.<br />

Wenn <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitsmarkt schlecht läuft, so hat das kaum etwas<br />

mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Bereitschaft zu tun, Lehrlinge auszubil<strong>de</strong>n, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

es ist ein Wirtschaftsproblem. Man kann heute davon ausgehen,<br />

dass die Schwierigkeiten auf <strong>de</strong>m Lehrstellenmarkt<br />

nicht in erster Linie ein Berufsbildungsproblem sind, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

im wesentlichen <strong><strong>de</strong>r</strong> Wirtschaftslage zuzuschreiben sind.<br />

Wenn man nun in dieser Situation versucht, das Lehrstellenangebot<br />

zu verbessern, muss man sich auch mit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

Fragen auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzen, die sich in diesem Zusammenhang<br />

stellen. Wenn nur rund 30 Prozent <strong><strong>de</strong>r</strong> Betriebe ausbil<strong>de</strong>n,<br />

dann müsste man sich fragen: Warum sind es so wenige?<br />

O<strong><strong>de</strong>r</strong>: Warum bil<strong>de</strong>n heute weniger Betriebe aus als<br />

noch 1986?<br />

Man geht davon aus, dass es in erster Linie eine finanzielle<br />

Frage ist. Ich habe bereits beim Beschluss für die Lehrstellenför<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />

– das ist in <strong><strong>de</strong>r</strong> Son<strong><strong>de</strong>r</strong>session geschehen – auf<br />

<strong>de</strong>n Umstand aufmerksam gemacht, dass die finanzielle Belastung<br />

für die Betriebe, die ausbil<strong>de</strong>n, nicht das Entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />

ist. Unter<strong>de</strong>ssen ist diese Aussage durch eine Nationalfondsstudie<br />

bestätigt wor<strong>de</strong>n.<br />

Ich zitiere die «NZZ» vom vergangenen Samstag, wo zur Nationalfondsstudie<br />

betreffend Lehrstellenkrise folgen<strong>de</strong>s steht:<br />

«Nicht die finanzielle Belastung, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeitdruck in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Betreuung <strong>de</strong>s Nachwuchses und <strong>de</strong>ssen ungenügen<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Ausbildungsstand sind Hauptgrün<strong>de</strong> dafür, dass in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Schweiz das Lehrstellenangebot kontinuierlich sinkt und über<br />

zwei Drittel <strong><strong>de</strong>r</strong> Betriebe überhaupt keine Lehrlinge ausbil<strong>de</strong>n.<br />

Diese für die anstehen<strong>de</strong> Reform <strong><strong>de</strong>r</strong> Berufsbildung<br />

wegleiten<strong>de</strong> Aussage ist das Fazit einer repräsentativen Nationalfondsstudie<br />

zum Bildungsaufwand einheimischer Unternehmen.»<br />

Es genügt also nicht – o<strong><strong>de</strong>r</strong> ist sogar falsch –, finanzielle Anreize<br />

zu schaffen und Umverteilungen zu lancieren. Man hat<br />

sich mit <strong>de</strong>n echten Problemen in diesem Zusammenhang<br />

auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>zusetzen und auf folgen<strong>de</strong> Punkte hinzuweisen:<br />

1. Die Auslän<strong><strong>de</strong>r</strong>politik in unserem Land, das möchte ich<br />

<strong>de</strong>utlich sagen, war in <strong>de</strong>n vergangenen Jahren verfehlt; es<br />

sind zu viele nicht Ausgebil<strong>de</strong>te o<strong><strong>de</strong>r</strong> solche, die für eine Ausbildung<br />

nicht geeignet sind, eingewan<strong><strong>de</strong>r</strong>t. 45 Prozent <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitslosen<br />

sind Auslän<strong><strong>de</strong>r</strong>. Es ist die Frage zu beantworten,<br />

wie dies weitergehen soll.<br />

2. Ein weiterer Punkt ist <strong><strong>de</strong>r</strong> ungenügen<strong>de</strong> Ausbildungsstand<br />

für eine Berufslehre. Es kann sein, dass unsere Volksschullehrer<br />

ihre Aufgabe trotz weltbesten Löhnen ungenügend erfüllen,<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> aber man muss zugestehen, dass etwa<br />

10 Prozent <strong><strong>de</strong>r</strong> Jugendlichen <strong>de</strong>n Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen nicht gewachsen<br />

sind. Auf solche Fragen geben die Vorstösse <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Kommission keine Antwort.<br />

3. Wenn ich <strong>de</strong>n Wortlaut <strong><strong>de</strong>r</strong> vorliegen<strong>de</strong>n Motionen und Postulate<br />

ansehe, bekomme ich <strong>de</strong>n Eindruck, dass man sich<br />

von <strong>de</strong>n Betrieben und <strong><strong>de</strong>r</strong> Wirtschaft weg orientiert. Die<br />

Stossrichtung lässt <strong>de</strong>n Verdacht aufkommen, dass sich die<br />

Berufsbildung vermehrt verwaltungsmässig und schulmässig<br />

orientiert, und das, meine ich, ist unbedingt zu vermei<strong>de</strong>n.<br />

Ich möchte Sie vor Eingriffen warnen, die <strong><strong>de</strong>r</strong> Wirtschaft, <strong>de</strong>n<br />

Betrieben, nicht dienen. Den Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen und <strong>de</strong>n neuen Berufen<br />

ist flexibel zu begegnen, das ist doch selbstverständlich.<br />

Dort, wo sich Berufsverbän<strong>de</strong> engagieren, geschieht<br />

diese Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung laufend; die Betriebe sind selbst darauf<br />

angewiesen und daran interessiert, dass die Ausbildung entsprechend<br />

ihren Interessen läuft. Was es nicht braucht, sind<br />

zusätzliche staatliche Eingriffe. Sie passen nicht in die heu-<br />

tige Landschaft. Wir brauchen Entlastungen in <strong>de</strong>n Betrieben<br />

und nicht neue Regulierungen, Konzepte, Umverteilungen<br />

und ähnliches.<br />

Ich möchte Sie bitten, in erster Linie einmal die Motion<br />

97.3245 abzulehnen.<br />

Hasler Ernst (V, AG): Ich möchte Sie bitten, die Motion<br />

97.3248 in ein Postulat umzuwan<strong>de</strong>ln. Erlauben Sie mir vorerst<br />

einige generelle Bemerkungen zum Praxisbezug, weil<br />

dieser nach meiner Überzeugung sowohl im Bericht wie auch<br />

in <strong>de</strong>n Vorstössen zu kurz kommt.<br />

Die gewerbliche Wirtschaft ist dankbar, wenn man die hohe<br />

Be<strong>de</strong>utung <strong><strong>de</strong>r</strong> Berufsbildung anerkennt. Die Anpassung unseres<br />

Berufsbildungssystems an die verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ten Erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>nisse<br />

ist zu begrüssen. Auch <strong><strong>de</strong>r</strong> vorliegen<strong>de</strong> Vorstoss greift<br />

ein wichtiges Anliegen auf. Bei diesen Vorstössen und beim<br />

Bericht kommt aber die Praxis zu kurz; die Kommissionssprecherinnen<br />

haben dies bereits festgestellt.<br />

Unser Berufsbildungssystem ist im Vergleich so erfolgreich,<br />

weil es schwergewichtig auf <strong><strong>de</strong>r</strong> praxisnahen Betriebslehre<br />

aufgebaut ist. Diese Tatsache muss bei allen Neuerungen<br />

beachtet wer<strong>de</strong>n. Die verän<strong><strong>de</strong>r</strong>te Wirtschaftslage hat selbstverständlich<br />

auch Einfluss auf die Berufsbildung: Weniger<br />

Beschäftigung in gewissen Branchen be<strong>de</strong>utet oft auch weniger<br />

Möglichkeit, sich in <strong><strong>de</strong>r</strong> Berufsbildung zu engagieren.<br />

Auch die Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Berufsfel<strong><strong>de</strong>r</strong> wer<strong>de</strong>n beschleunigt<br />

weitergehen.<br />

Aber gera<strong>de</strong> in einer raschen, schwierigen Anpassungsphase<br />

muss die Praxisnähe gestärkt wer<strong>de</strong>n, sie darf auf keinen<br />

Fall geschwächt wer<strong>de</strong>n. Es wäre völlig verfehlt, aus <strong>de</strong>n<br />

momentanen Problemen abzuleiten, man müsse alles mögliche<br />

unternehmen und Experimente an unserem System vornehmen.<br />

Die 37 Massnahmen im Bericht und die Vorstösse<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Kommission müssen im Hinblick auf die Gesetzesrevision<br />

in enger Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>n Lehrbetrieben überprüft<br />

wer<strong>de</strong>n. Die Chance für mehr Praxisbezug muss genutzt<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Diese Aussage gilt nicht nur für das zukünftige Berufsbildungsgesetz,<br />

sie gilt auch für das an<strong><strong>de</strong>r</strong>e grosse Werk in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Berufsbildung, die Einführung <strong><strong>de</strong>r</strong> Fachhochschulen.<br />

1. Aus Sicht unserer Berufe müssen wir lei<strong><strong>de</strong>r</strong> feststellen,<br />

dass sich die Bildungsinstitute im Laufe <strong><strong>de</strong>r</strong> guten Jahre immer<br />

weiter von <strong><strong>de</strong>r</strong> Praxis wegbewegt haben. Wir hoffen,<br />

dass mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Einführung <strong><strong>de</strong>r</strong> Fachhochschulen <strong><strong>de</strong>r</strong> enge Bezug<br />

zur Wirtschaft gefun<strong>de</strong>n wird, damit unser Standort insgesamt<br />

gestärkt wird.<br />

2. Der Berufsbildungsbericht enthält eine Auslegeordnung.<br />

Im Hinblick auf die Gesetzesrevision soll er gewisse Grundlagen<br />

liefern. Die Auswirkungen <strong><strong>de</strong>r</strong> zahlreichen Vorschläge<br />

können schwer abgeschätzt wer<strong>de</strong>n. Die heutige Diskussion<br />

muss von allen Beteiligten vertieft weitergeführt wer<strong>de</strong>n.<br />

Die Kommission will die Richtung <strong>de</strong>s Gesetzes mit verschie<strong>de</strong>nen<br />

Vorstössen bereits heute bestimmen. Gegen dieses<br />

Vorgehen haben wir grundsätzliche Be<strong>de</strong>nken. Gera<strong>de</strong> die<br />

Motion 97.3248 greift zweifellos ein wichtiges Anliegen auf.<br />

Das absolute Vorgehen lässt aber eine Würdigung <strong>de</strong>s<br />

neuen Gesetzes im Gesamtzusammenhang nicht mehr zu,<br />

ja, es präjudiziert diese. Die Finanzierung scheint gemäss<br />

diesem Vorschlag klar und gelöst, Tatsache aber ist, dass wir<br />

die finanziellen Auswirkungen dieser Neuerung nicht kennen.<br />

Gleichzeitig nennt <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srat im Bericht seine finanziellen<br />

Möglichkeiten, und gemäss <strong>de</strong>m Punkt M 32 muss <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Bund nach neuen Finanzquellen suchen. Woher das Geld für<br />

diese klare Lösung <strong><strong>de</strong>r</strong> Kommission kommt und zu wessen<br />

Lasten die Massnahmen gehen, muss nach unserer Auffassung<br />

vorerst abgeklärt wer<strong>de</strong>n.<br />

Aufgrund all dieser Unsicherheiten bitte ich Sie, meinen Antrag<br />

auf Umwandlung in ein Postulat zu unterstützen.<br />

Günter Paul (S, BE): Ich beantrage Ihnen, <strong><strong>de</strong>r</strong> Stan<strong>de</strong>sinitiative<br />

Bern Folge zu geben und sie dann allenfalls zu sistieren.<br />

Ich spreche hier zum formalen Vorgehen und nicht zum Inhalt,<br />

<strong>de</strong>n ich an und für sich begrüsse. Ich unterstütze die<br />

Vorstösse, wie sie jetzt vorgeschlagen wer<strong>de</strong>n. Die Stan<strong>de</strong>sinitiative<br />

Bern basiert – das haben Sie <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorlage entneh-<br />

<strong>Bulletin</strong> <strong>officiel</strong> <strong>de</strong> l’Assemblée fédérale

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!