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Amtliches Bulletin der Bundesversammlung Bulletin officiel de l ...

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19. Juni 1997 N 1389 Wohneigentum für alle<br />

Fünfzehnte Sitzung – Quinzième séance<br />

Donnerstag, 19. Juni 1997<br />

Jeudi 19 juin 1997<br />

15.00 h<br />

Vorsitz – Prési<strong>de</strong>nce:<br />

Stamm Judith (C, LU)/Leuenberger Ernst (S, SO)<br />

___________________________________________________________<br />

95.038<br />

«Wohneigentum für alle».<br />

Volksinitiative<br />

«Propriété du logement pour tous».<br />

Initiative populaire<br />

Fortsetzung – Suite<br />

Siehe Seite 1180 hiervor – Voir page 1180 ci-<strong>de</strong>vant<br />

___________________________________________________________<br />

Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>kehr Roland (U, ZH): «Wohneigentum für alle», so<br />

heisst die Volksinitiative, und ich möchte ergänzen: «für alle,<br />

die schon haben». Die LdU/EVP-Fraktion lehnt die Initiative<br />

ab.<br />

Wir empfin<strong>de</strong>n diese Initiative als reichlich unanständig. Normalverdienern<br />

bringt sie kaum etwas. Sie gibt <strong>de</strong>nen, die<br />

schon haben, und hilft ihnen, noch mehr Steuern zu sparen.<br />

Die meisten Hauseigentümer wissen, dass sie nicht zu <strong>de</strong>n<br />

Ärmsten <strong><strong>de</strong>r</strong> Armen gehören. Es sind die Verbän<strong>de</strong>, die sich<br />

das Hän<strong><strong>de</strong>r</strong>ingen zur Pflicht machen. Als Politiker könnten<br />

wir bei ihnen wahrlich in die Schule gehen und lernen, wie<br />

man jammert, ohne zu lei<strong>de</strong>n. Wenn nämlich die Hausbesitzer<br />

wirklich eine so arme, unterdrückte und ausgebeutete<br />

Min<strong><strong>de</strong>r</strong>heit wären, so müsste man sich fragen, weshalb sie<br />

<strong>de</strong>nn ihre Häuser nicht schon längst verkauft haben. Alles in<br />

allem: Die Initiative will im wesentlichen diejenigen Leute begünstigen,<br />

die bereits über Wohneigentum verfügen. Sie<br />

trägt kaum etwas zur Streuung <strong>de</strong>s Wohneigentums bei.<br />

Zu überlegen wäre allenfalls, ob zusätzliche Anreize für das<br />

Bausparen geschaffen wer<strong>de</strong>n sollen. Konjunkturpolitisch<br />

aber liegen solche Anreize heute nicht im Trend. Es ist nicht<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> richtige Moment, um Sparanreize zu schaffen.<br />

Der Stän<strong><strong>de</strong>r</strong>at will seine schroffe Ablehnung <strong><strong>de</strong>r</strong> Initiative mit<br />

einer typischen Motion <strong>de</strong>s halbherzigen Entgegenkommens<br />

mil<strong><strong>de</strong>r</strong>n, mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Motion «Massvolle Eigenmietwerte im<br />

StHG» (96.3380). Die Kantone sollen die Eigenmietwerte<br />

massvoll ansetzen o<strong><strong>de</strong>r</strong> auf eine Anpassung <strong><strong>de</strong>r</strong> Eigenmietwerte<br />

verzichten, dies für alle o<strong><strong>de</strong>r</strong> nur für Auserwählte und<br />

für eine gewisse Zeit.<br />

Wir lehnen diese Motion ab. Auch die Motion Widrig<br />

(97.3183) lehnen wir ab. Die bei<strong>de</strong>n Vorstösse zielen in die<br />

gleiche Richtung wie die Initiative «Wohneigentum für alle,<br />

die schon haben».<br />

Der Motion <strong>de</strong>s Stän<strong><strong>de</strong>r</strong>ates «Verzicht auf die Dumont-Praxis»<br />

(96.3379) stimmen wir zu.<br />

Hegetschweiler Rolf (R, ZH): Die Volksinitiative <strong>de</strong>s Schweizerischen<br />

Hauseigentümerverban<strong>de</strong>s verdient eine bessere<br />

Behandlung, als sie ihr bisher vom Bun<strong>de</strong>srat und vom Stän<strong><strong>de</strong>r</strong>at<br />

zuteil gewor<strong>de</strong>n ist. Sie ist alles an<strong><strong>de</strong>r</strong>e als eine «politische<br />

Leiche», wie Herr Strahm letzte Woche meinte; vielleicht<br />

war das auch Wunsch<strong>de</strong>nken von ihm. Die Gegner sollten<br />

doch etwas zurückhalten<strong><strong>de</strong>r</strong> sein.<br />

Auf einen kurzen Nenner gebracht, lehnt <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srat die<br />

Initiative mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Begründung ab, sie sei erstens zu teuer,<br />

zweitens nicht nötig, drittens nicht wirksam, und viertens pri-<br />

<strong>Amtliches</strong> <strong>Bulletin</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Bun<strong>de</strong>sversammlung</strong><br />

vilegiere sie die Falschen. Diese Geringschätzung eines<br />

Volksbegehrens zeugt von einer sehr einseitigen Betrachtungsweise.<br />

Trotz Rückweisung an die Kommission anlässlich<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> ersten Behandlung im Stän<strong><strong>de</strong>r</strong>at war das Resultat<br />

auch im zweiten Anlauf nicht viel an<strong><strong>de</strong>r</strong>s als im Bun<strong>de</strong>srat.<br />

Immerhin ist die Unterstützung zweier Motionen <strong><strong>de</strong>r</strong> WAK-SR<br />

durch <strong>de</strong>n Stän<strong><strong>de</strong>r</strong>at ein kleiner Lichtblick, selbst wenn sie in<br />

einer Publikation als «Feigenblattmotionen» apostrophiert<br />

wur<strong>de</strong>n, quasi als Ausfluss <strong>de</strong>s schlechten Gewissens über<br />

die ungnädige Behandlung <strong><strong>de</strong>r</strong> Initiative im Stän<strong><strong>de</strong>r</strong>at. Darin<br />

kommt min<strong>de</strong>stens zum Ausdruck, dass die Kleine Kammer<br />

die Situation bezüglich Streuung <strong>de</strong>s Wohneigentums in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Schweiz keineswegs als so befriedigend beurteilt, wie dies<br />

beim Bun<strong>de</strong>srat <strong><strong>de</strong>r</strong> Fall zu sein scheint.<br />

Mit <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Motionen «Massvolle Eigenmietwerte im<br />

StHG» (96.3388) und «Verzicht auf die Dumont-Praxis»<br />

(96.3379) wur<strong>de</strong> im Stän<strong><strong>de</strong>r</strong>at wenigstens ein Zeichen gesetzt.<br />

Ich glaube auch, dass in dieser Richtung ein gangbarer<br />

Weg sowohl für das Parlament als auch für die Initianten und<br />

vielleicht sogar für <strong>de</strong>n Bun<strong>de</strong>srat gefun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n könnte,<br />

möglicherweise mit einem Gegenvorschlag. Zumin<strong>de</strong>st sollte<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Versuch dazu unternommen wer<strong>de</strong>n, was mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Zustimmung<br />

zum Rückweisungsantrag Widrig möglich wäre.<br />

Ich frage mich, warum <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srat an dieser Initiative keinen<br />

guten Fa<strong>de</strong>n lässt. Erklärtes Ziel <strong><strong>de</strong>r</strong> mit immerhin über<br />

150 000 Unterschriften problemlos zustan<strong>de</strong> gekommenen<br />

Initiative ist die Erhöhung <strong><strong>de</strong>r</strong> Eigentümerquote in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Schweiz, soweit sie selbstgenutztes Wohneigentum betrifft.<br />

Dass diese Eigentümerquote von lediglich gut 30 Prozent für<br />

<strong>de</strong>n seit 25 Jahren in <strong><strong>de</strong>r</strong> Verfassung verankerten Auftrag<br />

kein Ruhmesblatt darstellt, wird immerhin nicht bestritten. Zu<br />

sehr sind vom Bun<strong>de</strong>srat die kurzfristigen fiskalischen Auswirkungen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Initiative in <strong>de</strong>n Vor<strong><strong>de</strong>r</strong>grund gestellt wor<strong>de</strong>n.<br />

Ohne Mühe hat man <strong>de</strong>nn auch mit recht willkürlichen Annahmen<br />

Einnahmenausfälle für Bund, Kantone und Gemein<strong>de</strong>n<br />

von min<strong>de</strong>stens einer Milliar<strong>de</strong> Franken konstruiert.<br />

Auf meine Interpellation, mit welcher <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srat gebeten<br />

wur<strong>de</strong>, in gleicher Weise auch Berechnungen über Nutzeffekte<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Initiative anstellen zu lassen, wur<strong>de</strong> keine einzige<br />

Zahl o<strong><strong>de</strong>r</strong> Angabe geliefert. Was nicht sein durfte, konnte<br />

also nicht sein. Min<strong>de</strong>stens in diesem einen Punkt liegt nun –<br />

lei<strong><strong>de</strong>r</strong> nicht aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Verwaltung – eine Studie vor, welche zu<br />

erstaunlichen Resultaten kommt.<br />

Professor Stu<strong><strong>de</strong>r</strong> von <strong><strong>de</strong>r</strong> Universität Basel hat in einer umfangreichen<br />

und sorgfältigen Studie aufgezeigt, dass Punkt 1<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Initiative, nämlich das Bausparen, ein hervorragen<strong>de</strong>s Instrument<br />

wäre. Kurzfristig wür<strong>de</strong> es zwar für die öffentliche<br />

Hand zu gewissen Ausfällen führen. Schon mittel- und langfristig<br />

wäre das Bausparen aber für die Haushalte aller Stufen<br />

ein gutes Geschäft. Nebst <strong>de</strong>n staats- und gesellschaftspolitischen<br />

Vorteilen einer breiteren Streuung <strong>de</strong>s Wohneigentums<br />

wür<strong>de</strong>n Impulse für die Bauwirtschaft und Rückflüsse in<br />

die öffentlichen Kassen generiert, die sämtliche Ankurbelungs-<br />

und Investitionsprogramme <strong>de</strong>s Parlamentes um ein<br />

Mehrfaches überträfen und überflüssig machten.<br />

Ich bin nicht erstaunt, dass diese Studie von sozial<strong>de</strong>mokratischer<br />

und Mieterseite angezweifelt und schlechtgemacht<br />

wird. In ihrer Kernaussage ist sie aber bestimmt richtig; sie<br />

besagt nämlich, dass das Bausparen eine sehr zweckmässige<br />

und wirksame Massnahmen zur Eigentumsför<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />

wäre; sonst hätte sie nicht in Nachbarlän<strong><strong>de</strong>r</strong>n – in Deutschland<br />

zum Beispiel – eine so grosse Be<strong>de</strong>utung. Allein im Falle<br />

Deutschlands haben die Bausparverträge in <strong>de</strong>n letzten 40<br />

Jahren ein Volumen von über 1000 Milliar<strong>de</strong>n Mark erreicht.<br />

Die anspruchsvolle Zielsetzung einer <strong>de</strong>utlichen Steigerung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Wohneigentumsquote kommt ohne fiskalische Anreize<br />

nicht aus. Die Vorteile – dazu gehört auch die Entlastung unserer<br />

Sozialwerke – haben vielleicht anfänglich ihren Preis,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> aber durchaus verkraftbar ist und vom späteren Nutzen<br />

mehr als kompensiert wird.<br />

Die neu geschaffenen Möglichkeiten <strong>de</strong>s Einsatzes von Gel<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> beruflichen Vorsorge und <strong><strong>de</strong>r</strong> gebun<strong>de</strong>nen Selbstvorsorge<br />

haben bisher wenig Wirkung gezeitigt. Sie könnten<br />

aber in Kombination mit echtem Bausparen zu einem guten<br />

und viel wirksameren Instrument wer<strong>de</strong>n.

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