Amtliches Bulletin der Bundesversammlung Bulletin officiel de l ...
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OSCE/Conseil <strong>de</strong> l’Europe. Rapports 894 N 2 juin 1997<br />
litischen Aktivitäten sehen muss. Es ist nicht nur eine hervorragen<strong>de</strong><br />
Möglichkeit, in Europa das Image <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweiz als<br />
eines Lan<strong>de</strong>s zu festigen, das sich solidarisch und engagiert<br />
an <strong><strong>de</strong>r</strong> Frie<strong>de</strong>nssicherung in Europa beteiligt. Eine solche Aktivität<br />
liegt auch im ureigenen Interesse <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweiz selber.<br />
Eine schweizerische Sicherheitspolitik muss heute darauf<br />
ausgerichtet sein, in ganz Europa für Sicherheit und Zusammenarbeit<br />
zu sorgen. In <strong>de</strong>m Masse, wie dieses Unternehmen<br />
gelingt, wird eine eigenständige schweizerische Armee<br />
langsam überflüssig wer<strong>de</strong>n. Die frei wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Kapazitäten,<br />
vor allem die frei wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n finanziellen Mittel, wer<strong>de</strong>n<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong>einst viel effizienter für frie<strong>de</strong>nserhalten<strong>de</strong> Massnahmen<br />
in Europa und <strong><strong>de</strong>r</strong> Welt eingesetzt wer<strong>de</strong>n können.<br />
Die grüne Fraktion ist überzeugt davon, dass eine schweizerische<br />
Aussenpolitik, die sich in diese Richtung entwickeln<br />
wür<strong>de</strong>, <strong>de</strong>m internationalen Ansehen unseres Lan<strong>de</strong>s guttun<br />
wür<strong>de</strong>. Dies gilt gera<strong>de</strong> mit Blick auf die vergangenen Monate,<br />
die, wie <strong><strong>de</strong>r</strong> Kommissionssprecher <strong>de</strong>utscher Zunge<br />
ausgeführt hat, für die Schweiz nicht gera<strong>de</strong> hervorragend<br />
gelaufen sind.<br />
Zum Schluss meiner Ausführungen möchte ich zwei Fragen<br />
aufwerfen. Dem Bericht kann entnommen wer<strong>de</strong>n, dass eine<br />
wichtige Aktivität <strong><strong>de</strong>r</strong> OSZE darin besteht, in <strong><strong>de</strong>r</strong> OSZE-Region<br />
ein Atomsperrgebiet zu schaffen. Dem Bericht kann allerdings<br />
nicht entnommen wer<strong>de</strong>n, wie sich die schweizerische<br />
Delegation zu diesem ukrainischen Vorschlag gestellt<br />
hat. Es wäre interessant zu wissen, ob dieser Vorschlag von<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> schweizerischen Vertretung unterstützt wor<strong>de</strong>n ist.<br />
Eine zweite Frage: Dem Bericht kann weiter entnommen<br />
wer<strong>de</strong>n, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Ausschuss für wirtschaftliche Angelegenheiten,<br />
Wissenschaft, Technologie und Umwelt einen Antrag<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Franzosen knapp abgelehnt hat, Norwegen aufzufor<strong><strong>de</strong>r</strong>n,<br />
<strong>de</strong>n Walfang einzustellen. Auch hier interessiert die Frage,<br />
wie sich die schweizerische Delegation verhalten hat. Ich<br />
hoffe, dass sie richtig gestimmt und <strong>de</strong>n Antrag <strong><strong>de</strong>r</strong> französischen<br />
Delegation unterstützt hat.<br />
Insgesamt bitte ich Sie namens <strong><strong>de</strong>r</strong> grünen Fraktion ebenfalls,<br />
von diesen drei Berichten in zustimmen<strong>de</strong>m Sinne<br />
Kenntnis zu nehmen.<br />
Maspoli Flavio (D, TI): Ich beginne im Namen <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>mokratischen<br />
Fraktion mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Stellungnahme zum Jahresbericht<br />
<strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>srates über die Tätigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweiz im Europarat<br />
1996. Der Umfang <strong>de</strong>s Berichtes bestätigt, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srat,<br />
die Ministerkonferenzen, unsere Parlamentarier<strong>de</strong>legation<br />
und ein kleines Heer von Experten beim Europarat 1996<br />
einmal mehr erhebliche Zeitopfer zur Behandlung vielfältiger<br />
Themata erbracht haben. Nach<strong>de</strong>m wir dafür bekannt sind,<br />
dass wir uns nicht unkritisch über diesen Aufwand zu äussern<br />
pflegen, seien folgen<strong>de</strong> allgemeine Fragestellungen vorangesetzt:<br />
Ist es zu rechtfertigen, dass sich ein kleines, neutrales Land<br />
mit diesem Elan und mit diesem finanziellen, personellen und<br />
politischen Einsatz im Rahmen <strong>de</strong>s Europarates engagiert?<br />
Ist dieser erhebliche Einsatz im Hinblick auf die anstehen<strong>de</strong>n<br />
schweren innenpolitischen Probleme überhaupt sinnvoll?<br />
Man <strong>de</strong>nke nur an die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen<br />
Aufgaben, die alle einer Lösung harren. Wäre es für unser<br />
Land und für unser Volk nicht vorteilhafter, wenn dieses humane<br />
und finanzielle Potential zu einem grossen Teil für die<br />
Lösung dieser eigenen Probleme herangezogen wür<strong>de</strong>?<br />
Die Beantwortung dieser Fragen überlasse ich Ihnen, Herr<br />
Bun<strong>de</strong>srat. Sie sind doch im letzen Jahr bis an die Grenzen<br />
<strong>de</strong>s Menschenmöglichen gelangt; ich <strong>de</strong>nke dabei insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />
auch an Ihren zusätzlichen persönlichen Einsatz im<br />
Rahmen <strong>de</strong>s Präsidiums <strong><strong>de</strong>r</strong> OSZE.<br />
Aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Fülle <strong><strong>de</strong>r</strong> im Bericht erwähnten Tätigkeiten muss ich<br />
mich auf eine sehr wichtige Angelegenheit konzentrieren,<br />
nämlich auf die in Ziffer 22 geschil<strong><strong>de</strong>r</strong>te Position <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweiz<br />
vor <strong>de</strong>n Organen <strong><strong>de</strong>r</strong> Europäischen Menschenrechtskonvention.<br />
Wir sind – wie <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srat – befriedigt, dass mit <strong>de</strong>n<br />
im Berichtzeitraum vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte<br />
gefällten Urteilen zu <strong>de</strong>n Angelegenheiten <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Kläger Gül, Thomann und Ankerl keine Verletzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Europäischen<br />
Menschenrechtskonvention festgestellt wur<strong>de</strong>.<br />
Lassen Sie mich aber einen Blick auf das Urteil vom<br />
19. Februar 1996 im Fall Gül werfen, <strong><strong>de</strong>r</strong> unseres Erachtens<br />
doch einige Fragen provoziert. Der Bericht schil<strong><strong>de</strong>r</strong>t die Umstän<strong>de</strong>.<br />
Unsere Behör<strong>de</strong>n verweigerten einem in <strong><strong>de</strong>r</strong> Türkei<br />
leben<strong>de</strong>n Sohn, zu seinem Vater in die Schweiz zu ziehen.<br />
Dieser Vater hält sich mit einer Aufenthaltsbewilligung aus<br />
humanitären Grün<strong>de</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweiz auf. Der Gerichtshof<br />
kommt zum Schluss, dass keine Verletzung von Artikel 8<br />
(Recht auf Achtung seines Familienlebens) vorliege.<br />
In seiner Begründung wies das Gericht seinerseits auf die<br />
häufigen Besuche <strong>de</strong>s Beschwer<strong>de</strong>führers in <strong><strong>de</strong>r</strong> Türkei hin –<br />
ich wie<strong><strong>de</strong>r</strong>hole und betone: auf die häufigen Besuche <strong>de</strong>s Beschwer<strong>de</strong>führers<br />
in <strong><strong>de</strong>r</strong> Türkei. An<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits hielt das Gericht<br />
fest, dass das Ehepaar Gül nicht mit einer ständigen Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>lassungsbewilligung<br />
in <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweiz lebte, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n mit einer<br />
Aufenthaltsbewilligung – wie gesagt aus humanitären Grün<strong>de</strong>n<br />
–, die wi<strong><strong>de</strong>r</strong>rufbar ist und nach schweizerischem Recht<br />
keinen Anspruch auf Familiennachzug verleiht. Für die Praxis<br />
unserer Gerichte wird es künftig von Vorteil sein, dass dieser<br />
Fall so entschie<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>.<br />
Die <strong>de</strong>mokratische Fraktion muss aber auf die large Praxis<br />
unserer Behör<strong>de</strong>n hinweisen, die hier offensichtlich zutage<br />
tritt. Ich frage Sie <strong>de</strong>shalb, Herr Bun<strong>de</strong>srat: Ist es vertretbar,<br />
dass Auslän<strong><strong>de</strong>r</strong> mit einer Bewilligung aus humanitären Grün<strong>de</strong>n<br />
in <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweiz bleiben dürfen, auch wenn sie häufig in<br />
ihre Heimat zurückkehren können, also in ihrem Herkunftsland<br />
nicht bedroht sind? Eine zweite Frage: Hat das Ehepaar<br />
Gül die Schweiz mittlerweile verlassen müssen?<br />
Ich komme auf <strong>de</strong>n zweiten Bericht, nämlich <strong>de</strong>njenigen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Schweizer Parlamentarier<strong>de</strong>legation beim Europarat über<br />
die 47. or<strong>de</strong>ntliche Session <strong><strong>de</strong>r</strong> Parlamentarischen Versammlung<br />
<strong>de</strong>s Europarates, zu sprechen. Der Bericht beginnt<br />
mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufnahme Russlands als 39. Mitgliedland in <strong>de</strong>n<br />
Europarat. Nach einer fast einjährigen Suspendierung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Aufnahmeprozedur wegen <strong><strong>de</strong>r</strong> Ereignisse in Tschetschenien<br />
obsiegte die von unserem Kollegen Ernst Mühlemann und<br />
seiner Ad-hoc-Kommission vertretene Meinung, eine Aufnahme<br />
in <strong>de</strong>n Kreis <strong><strong>de</strong>r</strong> europäischen Völker för<strong><strong>de</strong>r</strong>e die Einleitung<br />
einer menschenrechtlichen und <strong>de</strong>mokratischen Entwicklung<br />
in Russland. Dass Russland die Kriterien <strong>de</strong>s Europarates<br />
für eine Aufnahme nicht erfüllte, wur<strong>de</strong> von einer<br />
Min<strong><strong>de</strong>r</strong>heit <strong><strong>de</strong>r</strong> Parlamentarischen Versammlung <strong>de</strong>s Europarates<br />
zu Recht festgehalten. Wenn wir an die Türkei und<br />
ihre Probleme mit <strong>de</strong>n Menschenrechten und an die diesbezüglichen<br />
wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holten Diskussionen im Europarat <strong>de</strong>nken,<br />
erscheint <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>mokratischen Fraktion die Aufnahme Russlands<br />
doch als sehr fragwürdig.<br />
Die <strong>de</strong>mokratische Fraktion begrüsst, dass die Parlamentarische<br />
Versammlung erstmals auch eine Debatte über aktuelle<br />
Fragen führte, so zur Situation <strong><strong>de</strong>r</strong> Jugend in Europa. Mit<br />
Anerkennung nehmen wir Kenntnis vom Inhalt <strong>de</strong>s Votums<br />
unserer Kollegin Lisbeth Fehr, welche die Schwächung traditioneller<br />
Institutionen und Werte beklagt, welche bei <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Jugend zu Zukunftsängsten führt. Statt Rechte für die<br />
Jugend zu for<strong><strong>de</strong>r</strong>n, empfiehlt sie eine Aufwertung <strong><strong>de</strong>r</strong> Institution<br />
Familie.<br />
Schliesslich möchte ich an die Adresse <strong><strong>de</strong>r</strong> Drogenliberalisierer<br />
hier in diesem Saal sagen, dass die Ständige Kommission<br />
an ihrer Sitzung vom 7. November 1996 eine Empfehlung<br />
zum Thema Drogenabhängigkeit und Drogengesetzgebung<br />
verabschie<strong>de</strong>te (Bericht 96.095 Ziffer 7): «Nach Auffassung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Ständigen Kommission hätte eine Legalisierung <strong>de</strong>s Drogenkonsums<br />
eine Verschärfung <strong><strong>de</strong>r</strong> Drogenproblematik zur<br />
Folge. Die langfristig beste Lösung bestehe in <strong><strong>de</strong>r</strong> Drogenprävention:<br />
Diese soll über die Gesundheitserziehung, über<br />
die Information <strong><strong>de</strong>r</strong> Öffentlichkeit sowie über die Verbesserung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Therapiemöglichkeiten erfolgen.» Man stellt sich unwillkürlich<br />
die Frage, ob die Parlamentarier im Europarat <strong>de</strong>n<br />
Wortlaut <strong><strong>de</strong>r</strong> eidgenössischen Volksinitiative «Jugend ohne<br />
Drogen» gelesen haben und umsetzen wollen.<br />
Die Zusatzanträge unserer Kollegin Vermot auf Einräumung<br />
von Therapiemöglichkeiten bzw. auf Richtlinien betreffend<br />
soziale Folgen <strong><strong>de</strong>r</strong> Suchtbekämpfung scheinen uns zurückhalten<strong>de</strong><br />
«Quervorschläge» in Richtung <strong><strong>de</strong>r</strong> international<br />
fragwürdigen Drogenpolitik von Frau Dreifuss, BAG und SP.<br />
<strong>Bulletin</strong> <strong>officiel</strong> <strong>de</strong> l’Assemblée fédérale