Amtliches Bulletin der Bundesversammlung Bulletin officiel de l ...
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18. Juni 1997 N 1293 Öffentlicher Verkehr. Neat<br />
gends auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Welt. Das hat nichts mehr mit Kostenwahrheit<br />
zu tun und ist auch nicht wesensgerecht.<br />
Noch wichtiger ist beim Vorhaben, das wir jetzt bauen wollen,<br />
die Rentabilität: Die ist nicht gegeben. Man ist jetzt mit uns<br />
ehrlich gewesen und hat gesagt, dass die Neat nie rentieren<br />
wer<strong>de</strong>. Stellen Sie sich einmal vor, wenn ein Unternehmer so<br />
<strong>de</strong>nken wür<strong>de</strong>! Die kreditgeben<strong>de</strong>n Banken wür<strong>de</strong>n bei einer<br />
solchen Kosten-Nutzen-Rechnung sofort abwinken, und<br />
wenn sie das Gedankengut <strong>de</strong>s Unternehmers erkennen<br />
wür<strong>de</strong>n, wür<strong>de</strong>n sie ihm auch gleich die an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Kredite<br />
sperren. Ich gebe gerne zu, dass sich die wirtschaftliche Situation<br />
verän<strong><strong>de</strong>r</strong>t hat. Man wusste damals noch nicht, dass<br />
die Güterströme Nord-Süd und Süd-Nord in Ost-West und<br />
West-Ost umschlagen wür<strong>de</strong>n.<br />
Ein weiterer Punkt, <strong>de</strong>n wir heute berücksichtigen müssen –<br />
<strong>de</strong>shalb <strong><strong>de</strong>r</strong> Rückweisungsantrag, nicht <strong><strong>de</strong>r</strong> Sistierungsantrag,<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> SVP-Fraktion –, ist das Dossier Landverkehr im<br />
Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> bilateralen Verhandlungen: Die bilateralen Verhandlungen<br />
beeinflussen doch diese Bauinvestitionen. Sie<br />
zeigen uns am Schluss, ob <strong><strong>de</strong>r</strong> Verkehr mehrheitlich über die<br />
Strasse o<strong><strong>de</strong>r</strong> über die Schiene laufen und was die EU mit<br />
Österreich im Alpentransit machen wird. Das müssen wir<br />
doch zuerst wissen! Wir können doch nicht <strong>de</strong>n Bau <strong>de</strong>s<br />
Lötschberg- o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s Gotthardtunnels – je nach regionalpolitischen<br />
Interessen – beschliessen, wenn wir die Fakten<br />
nicht kennen. Ich betone: Die SVP-Fraktion will das Projekt<br />
nicht abstürzen lassen. Wir möchten nur die Fakten kennen!<br />
Wir wissen auch nicht, was mit <strong><strong>de</strong>r</strong> LSVA geschieht. Die Berechnungen<br />
sind von 3 Rappen pro Tonnenkilometer im<br />
Jahre 2005 ausgegangen. Nun wissen wir, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Stän<strong><strong>de</strong>r</strong>at<br />
2,5 Rappen beschlossen hat. Das Volk – machen Sie sich<br />
doch nichts vor! – wird diese Höhe ganz sicher nicht akzeptieren.<br />
Wir wer<strong>de</strong>n dagegen kämpfen.<br />
Man sagt auch immer, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Transitvertrag uns zwingen<br />
wer<strong>de</strong>, diese Röhren zu bauen. Aber wer hat <strong>de</strong>n Transitvertrag<br />
gebrochen? Italien hätte bereits 1995 mit <strong>de</strong>m Ausbau<br />
ab Domodossola beginnen müssen. Und was ist mit <strong>de</strong>n «40-<br />
Tönnern»? Man hat uns gesagt, dass wir vielleicht im Jahre<br />
2005 die «40-Tönner» einführen müssten. Jetzt kommt die<br />
EU und spricht von 1999. Ja, wer bricht <strong>de</strong>nn diesen Transitvertrag?<br />
Je<strong>de</strong>nfalls nicht wir!<br />
Noch ein Wort zu <strong>de</strong>n «40-Tönnern»: Ich glaube ganz fest,<br />
dass sich in diesem Saal nur ganz wenige bewusst sind, was<br />
40-Tonnen-Lastwagen für die Schweiz be<strong>de</strong>uten. Da können<br />
Sie eine LSVA von 5 Rappen beschliessen; es gibt keine<br />
Verlagerung auf die Schiene! Ich beweise Ihnen das mit <strong>de</strong>m<br />
GU-Tarif. Die SVP-Fraktion und gewisse Teile <strong><strong>de</strong>r</strong> FDP-Fraktion<br />
haben diese Papiere. Es gibt keine Verlagerung, da<br />
streuen Sie <strong>de</strong>m Volk Sand in die Augen. Die Zulassung von<br />
40-Tonnen-Lastwagen be<strong>de</strong>utet für die SBB 10 bis 15 Millionen<br />
Tonnen weniger Fracht.<br />
Der Bund hat heute 88 Milliar<strong>de</strong>n Franken Schul<strong>de</strong>n; etwa<br />
18 Milliar<strong>de</strong>n Franken kommen von <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesamtentschuldung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> SBB hinzu. Das können wir uns doch nicht leisten!<br />
Wir können doch <strong><strong>de</strong>r</strong> Volkswirtschaft nicht noch eine weitere<br />
Milliar<strong>de</strong> Franken entziehen, um Tunnels zu bauen, die nicht<br />
benötigt wer<strong>de</strong>n.<br />
Deshalb habe ich versucht, Ihnen einen Antrag zu formulieren,<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> markt- und bedürfnisgerecht ist und auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Finanzierung<br />
Rechnung trägt.<br />
Columberg Dumeni (C, GR): Nach so vielen negativen Äusserungen<br />
möchte ich doch versuchen, von dieser Polemik<br />
wegzukommen und auch etwas Positives zu diesem Werk zu<br />
sagen.<br />
Die CVP-Fraktion befürwortet die Vorlage. Sie stimmt grundsätzlich<br />
<strong>de</strong>n Anträgen <strong><strong>de</strong>r</strong> Kommissionsmehrheit zu. Gewiss,<br />
beim Alptransit han<strong>de</strong>lt es sich um eine äusserst komplexe<br />
Materie. In erster Linie geht es um das be<strong>de</strong>utsamste Verkehrsvorhaben<br />
unseres Lan<strong>de</strong>s, um ein Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>twerk.<br />
Deshalb müssen wir endlich die Kraft und <strong>de</strong>n Mut aufbringen,<br />
einen verbindlichen Entscheid zu fassen, einen Entscheid<br />
über die verkehrspolitische Zukunft unseres Lan<strong>de</strong>s.<br />
Wir müssen endlich wissen, was wir wollen. Aber auch Europa<br />
will wissen, was wir zu tun ge<strong>de</strong>nken. Wir sollten <strong>de</strong>s-<br />
<strong>Amtliches</strong> <strong>Bulletin</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Bun<strong>de</strong>sversammlung</strong><br />
halb mit diesen kleinkarierten Streitereien, mit dieser internen<br />
Zerfleischung aufhören. Herr Steinemann hat vorhin eine<br />
grossartige Kostprobe einer völlig falschen Darstellung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
tatsächlichen Verhältnisse geliefert. Mit solcher Polemik lösen<br />
wir unsere Probleme ganz sicher nicht.<br />
Ich bitte Sie zu be<strong>de</strong>nken, dass es um sehr wertvolle Infrastrukturinvestitionen,<br />
um langfristige Investitionen – nicht um<br />
Konsumausgaben, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n um Investitionen – zur Lösung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Verkehrsprobleme <strong><strong>de</strong>r</strong> nächsten Generation geht. Dazu<br />
braucht es etwas Weitsicht, auch Risikobereitschaft und Unternehmungsgeist,<br />
so, wie sie unsere Vorfahren hatten.<br />
Ohne diesen Mut und ohne diese Zuversicht wird unser Land<br />
langfristig keine Zukunft haben.<br />
Um dieser grossen Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung gerecht zu wer<strong>de</strong>n,<br />
muss vorerst die Frage <strong><strong>de</strong>r</strong> Finanzierung geregelt wer<strong>de</strong>n.<br />
Wir müssen <strong>de</strong>shalb eine ausgewogene, soli<strong>de</strong>, breit abgestützte<br />
und tragbare Finanzierung für vier Grossprojekte fin<strong>de</strong>n.<br />
Es geht nicht nur um die Alpentransversale, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />
auch um die Finanzierung <strong><strong>de</strong>r</strong> «Bahn 2000», um <strong>de</strong>n Anschluss<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Schweiz an das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz<br />
und um die Verbesserung <strong>de</strong>s Lärmschutzes entlang<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Eisenbahnstrecken durch aktive und passive Massnahmen.<br />
Während die drei letzten Vorhaben kaum bestritten sind,<br />
steht die Alpentransversale seit Jahrzehnten im Brennpunkt<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> öffentlichen Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung. Im Grundsatz ist alles<br />
längst entschie<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nn die oberste Gewalt in diesem Staat,<br />
das Volk, hat diesem Vorhaben bereits am 27. September<br />
1992 mit einem überzeugen<strong>de</strong>n Mehr zugestimmt. Dieser<br />
Beschluss ist nach wie vor gültig. In <strong><strong>de</strong>r</strong> Zwischenzeit haben<br />
wir aufgrund neuer Wirtschaftlichkeitsberechnungen allerdings<br />
festgestellt, dass die Finanzierung unbedingt neu geregelt<br />
wer<strong>de</strong>n muss. Zu<strong>de</strong>m kann man über eine Straffung o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Redimensionierung <strong>de</strong>s Bauprogramms sowie über die zeitliche<br />
Staffelung einzelner Projekte diskutieren.<br />
Die Verpflichtung zur Realisierung dieser Vorhaben aber<br />
bleibt. Sie bleibt, wenn wir unsere internationalen Verpflichtungen<br />
erfüllen sollen; ich erwähne das Transitabkommen.<br />
Wenn wir eine grundlegen<strong>de</strong> Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s beschlossenen<br />
Konzeptes vornehmen, wür<strong>de</strong> die Schweiz je<strong>de</strong> Glaubwürdigkeit<br />
verlieren. Dies wür<strong>de</strong> unter an<strong><strong>de</strong>r</strong>em auch die bilateralen<br />
Verhandlungen massiv belasten, was unabsehbare negative<br />
volkswirtschaftliche Auswirkungen für unser Land<br />
hätte. Ich bitte insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e jene Kreise, dies zu beachten,<br />
die auf die Vorlage nicht eintreten o<strong><strong>de</strong>r</strong> sie an <strong>de</strong>n Bun<strong>de</strong>srat<br />
zurückweisen wollen. Die CVP-Fraktion lehnt diese Anträge<br />
mit aller Entschie<strong>de</strong>nheit ab; sie ist insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e über <strong>de</strong>n<br />
Rückweisungsantrag <strong><strong>de</strong>r</strong> SVP-Fraktion überrascht. Es ist<br />
völlig unverständlich, dass eine Regierungspartei, die früher<br />
das Verkehrsdossier betreut hat, heute plötzlich alles in<br />
Zweifel zieht, sozusagen ihre Erbschaft ausschlägt und eine<br />
Überprüfung längst geklärter Fragen verlangt. Diese Verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ungs-<br />
und Verzögerungstaktik ist unverständlich. Volk<br />
und Stän<strong>de</strong> haben mehrfach bekun<strong>de</strong>t, dass sie ein leistungsfähiges<br />
Eisenbahnnetz wollen. Volk und Stän<strong>de</strong> haben<br />
ausdrücklich eine Verlagerung <strong>de</strong>s Schwerverkehrs von<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Strasse auf die Bahn verlangt. Diese Meinungsäusserung<br />
haben wir zu respektieren und zu befolgen. Neben <strong>de</strong>m<br />
Neat-Beschluss sind noch weitere Volksentschei<strong>de</strong> zu beachten,<br />
wie die Verfassungsbestimmung über die Einführung<br />
einer leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Alpenschutzartikel. Wir wissen, dass die Verwirklichung <strong>de</strong>s<br />
Alpenschutzartikels enorme Schwierigkeiten bereitet. Ich<br />
habe es vor <strong><strong>de</strong>r</strong> Abstimmung gesagt: Nach<strong>de</strong>m diese Bestimmung<br />
in Kraft ist, müssen wir sie ohne Wenn und Aber<br />
realisieren.<br />
In diesem Zusammenhang muss ich eine Anmerkung zum<br />
Streitpunkt <strong>de</strong>s Bedarfs machen: Sie wissen so gut wie ich,<br />
dass Prognosen immer eine zweifelhafte Sache sind, vor allem<br />
wenn sie sich über einen Zeithorizont von mehr als dreissig<br />
Jahren hinziehen. Soviel kann aber gesagt wer<strong>de</strong>n: Wenn<br />
die gesetzten Vorgaben konsequent durchgesetzt wer<strong>de</strong>n<br />
und das Verkehrsvolumen nur minimal wächst – <strong><strong>de</strong>r</strong> Verkehr<br />
wird weiter zunehmen –, wird eine Grundauslastung gesichert<br />
sein.