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Steinberg, Stephen<br />

Natürlich hat die Einwanderung die ethnische Verfasstheit der USA nachhaltig geprägt: So sind<br />

zwischen 1820 und 1930 beinahe 32 Millionen Europäer in die USA eingewandert. Ungefähr 80%<br />

der Immigranten stammen aus 7 ethnischen Gruppen: Deutsche, Polen, Iren, Italiener, Kanadier, Engländer<br />

und Juden. Von einem höchst homogenen Land hat sich die USA nun zu einem vielsprachigen,<br />

ethnisch heterogenen Sozialstruktur entwickelt.<br />

138.5.2. Der "American Dream" - eine Frage der Kultur und Werte?<br />

All diese Angehörigen verschiedener Nationalitäten versuchten nun, in den USA auf ihre Weise Fuß<br />

zu fassen und den "American Dream" zu leben. Es gibt viele Erklärungsansätze, die sich mit der<br />

Frage beschäftigen, warum manche ethnische Gruppen sich besser und schneller integrieren und<br />

den sozialen Aufstieg bewältigen als andere. Laut Stephen Steinberg sind sowohl kulturelle als auch<br />

materielle Faktoren für den Grad der Integration entscheidend und nicht nur gewisse individuelle,<br />

kulturelle Eigenschaften, die den ethnischen Gruppen zugeschrieben werden (Bildungsambitionen<br />

der Juden). So war der außerordentlich schnelle wirtschaftliche Aufstieg der osteuropäischen Juden<br />

durch ihre urbane Herkunft, ihr hohes Qualifikationsniveau und durch schon in der Industrie, im<br />

Handwerk und im Handel des Herkunftslandes erworbene Berufserfahrung zu erklären, was ihnen<br />

erlaubte die Arbeitsmarktchancen für sie günstig umzusetzen. Die europäischen Einwanderer, die<br />

zur gleichen Zeit in die USA gelangt sind, waren dagegen mehrheitlich Bauern.<br />

Steinberg dient die „Social Class Theory“ als Erklärungsmodell. Demnach ist den jüdischen Immigrant/inn/en<br />

ihr beispielloser sozialer Aufstieg nicht aufgrund ihrer Bildungsanstrengungen, die sie in<br />

den USA unternommen haben, gelungen, sondern aufgrund ihrer bereits vorhandenen wirtschaftlich<br />

– beruflichen Fähigkeiten. Viele Juden brachen in den 1940er Jahren die Schule zugunsten einer<br />

Erwerbstätigkeit ab. Die Bildungsexpansion der 1960er Jahre diente somit überwiegend der zweiten<br />

jüdischen Einwanderergeneration. Zu dieser Zeit waren ihre Eltern wirtschaftlich entsprechend<br />

gefestigt, um ihren Kindern eine höhere Bildung an den Colleges und Universitäten zu ermöglichen.<br />

Für Steinberg bedeutet das, dass der wirtschaftlicher Erfolg und schulische Bildung bei der Gruppe<br />

der Juden gleichzeitig stattgefunden hat, ein Zusammenspiel von kulturellen und ökonomischen<br />

Bedingungen. Denn die günstigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Juden haben ihre kulturelle<br />

Präferenz für Bildung gefördert, die es ihrerseits für ihre Kinder als Mittel für den sozialen Aufstieg<br />

voraussetzten.<br />

Die ökonomischen Bedingungen der Integration, die der Gruppe der Schwarzen zur Verfügung<br />

standen, stand im krassen Gegensatz zum schnellen sozialen Aufstieg der Juden. Zwischen dem<br />

Ende des Bürgerkriegs 1865 und dem Beginn des I. Weltkriegs konnte der Arbeitskräftebedarf der<br />

Industrie im Norden der USA aufgrund der massiven Zuwanderung (24 Mio.) mit europäischen<br />

ImmigrantInnen gedeckt werden, während die Schwarzen zur harten Bazumwollplantagenarbeit<br />

im Süden gezwungen wurden, weil ihnen die Arbeitsplätze im Norden vorenthalten wurden. Die<br />

ArbeitsmigrantInnen (insbesondere die unqualifizierten Iren) nahmen nämlich die Schwarzen ohnehin<br />

als große Konkurrenz war. So blieben fast 90% der insgesamt 10 Millionen SklavInnen im Süden<br />

oder wichen auf den Südwesten (Florida, Texas) bzw. in die Karibik aus.<br />

Die Diskriminierung setzte sich auch nach dem Ende der Sklaverei fort, zum Beispiel in Form der<br />

„Landstreichergesetze“, wonach jeder Schwarze einen Arbeitsvertrag vorweisen musste, um nicht als<br />

Vagabund zu gelten. So wurden sie zur Vertragsarbeit bei den Plantagenbesitzern verpflichtet, für die<br />

sie billige Arbeitskräfte darstellten.<br />

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