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Brain Drain<br />

Goffman 300 zu zählen sind. 301 Thomas Luckmann ist für das Thema „Brain Drain soziologischer<br />

Theorien“ in mehrfacher Hinsicht relevant. Zum einen wegen seiner Biografie, die ihn ebenso<br />

von Europa nach Amerika (und schließlich wieder zurück) führt und zum anderen wegen seines<br />

theoretischen Wirkens, im Zuge dessen er das unvollendete Werk Schütz’ fertig stellt und seine<br />

eigenen Konzepte zur Protosoziologie auf diesem Fundament errichtet. Luckmann wird 1927<br />

in Jesenice (Slowenien) geboren. Seine Mutter ist slowenischer Abstammung während sein<br />

Vater Österreicher ist. So wächst Luckmann zweisprachig auf und lernt von Kindesbeinen an,<br />

die Welt in verschiednen Wirklichkeitskonstruktionen zu betrachten. Während des Zweiten<br />

Weltkrieges wird Slowenien von Hitlerdeutschland annektiert und der Ostmark eingegliedert,<br />

Luckmann wird dadurch formell deutscher Staatsbürger und natürlich auch wehrpflichtig. Er<br />

wird direkt von der Schule zu den so genannten Flakhelfern bei einer Flugzeugabwehr-Batterie<br />

im Wienerwald eingezogen. 302 Nach dem Krieg macht Luckmann seine Matura nach und<br />

beginnt in Wien zu studieren. Österreich war in Besatzungszonen geteilt und Luckmann Inn- und<br />

Ausländer zugleich, was die Studienbedingungen nicht gerade verbesserte, und so kam das, was<br />

kommen musste, Luckmann entschließt sich nach Amerika auszureisen wo er letztlich an der "New<br />

School" als Student von u.a. Alfred Schütz landet und auch Bekanntschaft mit Peter L. Berger macht.<br />

Luckmann wird schließlich von Ilse Schütz beauftragt die fragmentarisch ausgeführte Darstellung<br />

der Schütz’schen Lebenswelttheorie zu vollenden. So erscheinen 1979 und 1984 die zwei Bände zu<br />

den "Strukturen der Lebenswelt", in denen Schütz und Luckmann das entfalten, was gemeinhin als<br />

Konstitutionsanalyse der Lebenswelt bezeichnet wird. Die Lebensweltanalyse stellt die Beschreibung<br />

allgemein menschlicher Universalien (z.B. die Zeitlichkeit), jenseits bzw. vor jeder Kultur dar. 303 In<br />

den Strukturen der Lebenswelt bleibt natürlich das philosophische bzw. phänomenologische Element<br />

dieses soziologischen Ansatzes enthalten, jedoch tritt auch deutlich eine anthropologische Sichtwiese<br />

hinzu. Eine phänomenologische Konstitutionsanalyse und eine erfahrungswissenschaftliche<br />

Rekonstruktion menschlicher Wirklichkeitskonstruktionen ergänzen sich dabei. „Einerseits ist<br />

der Mensch mit seinem Körper Natur, zugleich besitzt er aber Geist, ein Selbst, und damit ein<br />

von der Natur verschiedenes und unabhängiges, ihr sogar entgegenstehendes Prinzip. Aufgrund<br />

dieser naturgegebenen Existenzform, seiner Instinktreduktion und der daraus sich begründenden<br />

‘Weltoffenheit’ ist das biologische ‘Mängelwesen’ zur Ausbildung einer ‘zweiten Natur’ gezwungen.<br />

304 Mit der Lebensweltanalyse leiten Schütz und Luckmann auch eine Trendwende in der<br />

Wissenssoziologie ein. Während die klassische Wissenssoziologie ihre Untersuchungen primär<br />

als eine Analyse weltanschaulichen und wissenschaftlichen Wissens betreiben, lenken Schütz und<br />

Luckmann (unterstützt durch wesentliche Impulse aus dem symbolischen Interaktionismus 305 )<br />

deren Augenmerk erstmals auf das Alltagswissen der Handelnden. Unser gesamtes Wissen von<br />

der Welt enthält Konstruktionen, alle Tatsachen sind immer schon interpretierte Tatsachen und die<br />

Tatsachen tragen ihren interpretativen inneren und äußeren Horizont mit sich, da wir jeweils bloß<br />

bestimmte ihrer Aspekte erfassen, sofern sie für uns relevant sind. 306<br />

300 http://de.wikibooks.org/wiki/<strong>Soziologische</strong>_<strong>Klassiker</strong>/_Goffman,_Erving<br />

301 vgl. Endreß (2006): S.128.<br />

302 vgl. Schnettler (2006): S18ff.<br />

303 vgl. Schnettler (2006): S77ff.<br />

304 vgl. Plessner in Schnettler (2006): S82.<br />

305 http://de.wikibooks.org/wiki/<strong>Soziologische</strong>_<strong>Klassiker</strong>/_Das_soziologische_<br />

Dorf/_Symbolischer_Interaktionismus<br />

306 vgl. Schütz in Endreß (2006): S.101.<br />

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