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Hoffmann-Nowotny, Hans-Joachim<br />

berücksichtigen, also die Beziehungen zwischen den nationalen Gesellschaften. Dann ergeben sich<br />

zwei mögliche Ausgangspunkte für Migration:<br />

• Ausgangspunkt A: Ein einzelner Akteur ist zwar selbt im Gleichgewicht, befindet sich allerdings<br />

in einem nationalen System mit Machtdefizit. Er schätzt die Chancen seiner nationalen Gesellschaft<br />

auf Ausgleich dieses Defizits als gering ein und wählt daher die Migration.<br />

• Ausgangspunkt B: Ein einzelner Akteur selbst befindet sich in einem Macht-Prestige-<br />

Ungleichgewicht, welches aber nicht auf durch die Herkunft aus seinem nationalen Systems<br />

begründet ist. Allerdings schätzt er seine Chancen zum Spannungsabbau innerhalb dieses Systems<br />

als gering ein und wählt die Migration in eine Gesellschaft, in welcher er größere Chancen dafür<br />

sieht.<br />

67.4.3. Die Auswirkungen der Migration<br />

Da Migration in der Regel von niedriger- zu höherentwickelten Nationen erfolgt, ergibt sich eine<br />

"Unterschichtung" der Einwanderungsnation. Neue soziale Positionen werden also geschaffen<br />

bzw. übernehmen Einwanderer die bisher von Einheimischen ausgefüllten Positionen. Für die<br />

Einheimischen ergeben sich daraus Vor- und Nachteile:<br />

Vorteile Nachteile<br />

Beschäftigungsstruktur wird expandiert durch die Unterschichtung werden die traditionellen<br />

Strukturen gefestigt<br />

Größere Mobilitätschancen für Einheimische Unterschichtung lenkt ab von anderen gesellschaftlichen<br />

Problemen<br />

Erhöhung der Positionen der Einheimischen<br />

auf den vorhanden Statuslinien (finanzieller<br />

und sozialer Aufstieg)<br />

weniger Einheimische mit niedrigeren Positionen<br />

Die auf den ersten Blick für die Einheimischen verlockenden Vorteile entpuppen sich nach und<br />

nach als Fallen. Die traditionellen Strukturen werden gefestigt und ein sozialer Wandel bleibt somit<br />

aus. Die Einheimischen haben nun höhere soziale Positionen als zuvor und fürchten sich vor einem<br />

erneuten Abstieg. Durch Qualifikation und Leistung können sie sich aber nicht schützen, da ihr<br />

erhaltener Machtüberschuss nicht unbedingt darauf beruht, dass sie besser qualifiziert sind als ein<br />

Eingewanderten. Dies führt dazu, dass andere Kriterien als Legitimation für höheren Status gefunden<br />

werden müssen und hier kommen Faktoren wie Ethnie und Nationalität ins Spiel. Es kommt nun zu,<br />

wie Hoffmann-Nowotny es nennt, "neufeudalen Tendenzen", denn der Zugang zu zentralen sozialen<br />

Werte, wie Einkommen und Bildung, wird nun für Migranten erschwert oder gar gesperrt. Eine<br />

vollständige Integration wird dadurch unmöglich gemacht.<br />

Nach der Einwanderung erfolgt für die Migranten also ein Spannungsabbau, da sie in der neuen<br />

Gesellschaft in der Regel ein besseres Gehalt haben usw. Allerdings kann dieser Spannungsabbau<br />

nur so lange anhalten, wie sie sich an ihrer Herkunftsgesellschaft orientieren. Sobald sie dies an<br />

der neuen Heimat tun, entstehen neue Spannungen, da ihnen hier nicht die sozialen Werte und der<br />

Status zugänglich sind, die ihnen eigentlich zustehen würden. Die Migranten erleben sich in der<br />

Aufnahmegesellschaft als neue Unterschicht und der Kreis des Ungleichgewichts schließt sich für<br />

sie.<br />

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