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Durkheim, Emile<br />

verfasste große Werk gilt als eines der besten und reifsten seines Genres. Er benutzt hier hauptsächlich<br />

Erkenntnisse, die er aus Studien über australische Ureinwohner unter Berücksichtigung des Totemismus<br />

gewonnen hat. Er hatte diese Kulturen gewählt, weil sie seines Erachtens die elementarste Form<br />

der Religion darstellten. Mit seinem Werk wollte er einerseits zeigen, dass Religion nicht göttlichen<br />

oder übernatürlichen Ursprungs ist, sondern ein Konstrukt der Gesellschaft und andererseits die<br />

Gemeinsamkeiten nennen, die bei allen Religionen auftreten.<br />

In Anlehnung an diese Erkenntnisse argumentiert er, dass die ersten Denksysteme der Menschen ihren<br />

Ursprung in der Religion haben. Demnach kann die Religion als Folge von sozialem Zusammenleben<br />

betrachtet werden; sie bildet die Grundlage von Solidarität und Identifikationsmöglichkeiten. Religion<br />

gibt seiner Ansicht nach dem Leben ein Ziel, einen Sinn und stärkt die moralischen und sozialen<br />

Normen aller, die in einer Gesellschaft leben.<br />

Der Selbstmord<br />

„Le Suicide“ erschien 1897. Das Krisenbewusstsein, welches das Werk wie ein roter Faden durchzieht,<br />

ist um die Jahrhundertwende keine Besonderheit.<br />

Émile Durkheim sah die moderne Gesellschaft in einem Zustand der moralischen Krise, d.h. in<br />

einem Mangel an sozialer Ordnung und in einer normativen Orientierungskrise. Den Zustand der<br />

Gesellschaft beschreibt er als „malaise collective“, als physiologisches Elend des sozialen Körpers.<br />

Dass Handlungen ohne normative Regulierung (anomisch) derart ausweglos miteinander kollidieren,<br />

dass Vernichtung des anderen oder die Selbstvernichtung als einzig verbleibende Alternative gesehen<br />

wird, gehört zum Erleben der Zeit Durkheims. (Klaus Dörner in: Der Selbstmord)<br />

• Definition<br />

„Man nennt Selbstmord jeden Todesfall, der direkt oder indirekt auf eine Handlung oder Unterlassung<br />

zurückzuführen ist, die vom Opfer selbst begangen wurde, wobei es das Ergebnis seines<br />

Verhaltens im voraus kannte.“ (Durkheim, S. 27)<br />

• Die Studie<br />

Die Studie über Selbstmord, die Durkheim im Jahr 1897 veröffentlichte, ist das Ergebnis einer<br />

grandiosen empirischen Untersuchung und Dokument eines streng soziologischen Zugriffs auf<br />

ein soziales Phänomen. Nicht den Selbstmord an sich will er erklären, sondern die Selbstmordrate<br />

in einer bestimmten sozialen Situation.<br />

Durkheim beschäftigt sich nicht mit einzelnen Selbstmordfällen und ihren individuellen Gründen,<br />

sondern mit Selbstmord als sozialem Phänomen, das er durch soziale Ursachen klären will.<br />

Er benutzte Selbstmordstatistiken zwischen 1840 und 1880, um den Selbstmord als eine harte<br />

soziale Tatsache zu behandeln, die als „Ding“ im objektivistischen Sinn untersucht werden kann,<br />

entsprechend seiner Definition des sozialen Tatbestands und seiner Vorstellung der Erforschung<br />

sozialer Phänomene mit positivistischen Methoden der empirischen und quantitativen Forschung.<br />

Durkheim vertraute dabei auch amtlichen Aufzeichnungen als Quellen für die Todesursachen.<br />

Bewusst akzeptierte er also die Interpretationen von Beamten, Ärzten und Familienmitgliedern.<br />

Verwandte geben aber oft nur ungern zu, dass ein Tod ein Selbstmord war. Offizielle Statistiken<br />

setzen daher die wahre Zahl von Selbstmorden vermutlich zu niedrig an.<br />

• Der Selbstmord als soziales Phänomen<br />

Aufgrund der gesammelten Fakten und Statistiken zog Durkheim den Schluss, dass der Selbstmord,<br />

zumindest partiell, gesellschaftlich bedingt ist. Der Selbstmord „hängt von sozialen Ursachen<br />

ab und stellt selbst eine Kollektiverscheinung dar“. Merkmale der sozialen Gruppe, der<br />

der Mensch angehört, machen einen Selbstmord mehr oder weniger wahrscheinlich, und die<br />

Selbsttötung ist nicht einfach nur ein privater Akt. Durkheim erklärte also scheinbar individuelle,<br />

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