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Theorien<br />

Auch Peter L. Berger muss im Kontext der Schützrezeption und auch im Zusammenhang mit dem<br />

Brain Drain soziologischer Theorien erwähnt werden. Ebenso wie Luckmann ist auch Berger<br />

in Österreich, jedoch als Sohn einer jüdischen und zum Protestantismus konvertierten Familie<br />

geboren und nach Amerika ausgewandert. Beide treffen sich an der "New School", studieren<br />

bei denselben Lehrern (u.a. Schütz) und entdecken ihre Übereinstimmung in fundamentalen<br />

wissenschaftlichen Fragen. Dennoch sind weder Luckmann noch Berger als „abgewandertes<br />

Wissen“ oder „verloren gegangenes Potential“ zu betrachten. Eher könnte man sagen, dass sie<br />

es waren, die das verlorene Wissen wieder heimgeholt haben. Luckmann und Berger können<br />

vereinfacht als Botschafter des Schütz’schen Ansatzes bezeichnet werden. Dies trifft sowohl in<br />

geografischer als auch in wissenschaftlicher Hinsicht zu. 1963 erscheint Berger’s „Einladung<br />

zur Soziologie“ als deutschsprachige Übersetzung, die konsequent entlang der Alltagserfahrung<br />

konzipiert ist. 307 Gemeinsam verfassen Luckmann und Berger die berühmt gewordene Schrift<br />

„Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit“, die eine Synthese zwischen Herbert Meads<br />

symbolischem Interaktionismus und der phänomenologischen Fundierung einer Strukturanalyse der<br />

Lebenswelt darstellt. Die soziale Konstruktion der Wirklichkeit erscheint 1969 als deutschsprachige<br />

Auflage und spätestens ab diesem Zeitpunkt ist die Relevanz und Fruchtbarkeit Alfred Schütz’<br />

für die Soziologie auch in Europa unbestreitbar. Die beiden eben genannten Werke ermöglichen<br />

auch die Karriere einer qualitativen Sozialforschung, zu deren wesentlichen Anregungspolen das<br />

Werk von Schütz nach wie vor zählt. Im Zuge dieser Publikation etabliert sich ohne Intension<br />

der Autoren der Begriff des ‘ Sozialkonstruktivismus 308 ’, der jedoch nicht mit einem (radikalen)<br />

Konstruktivismus im Sinne einer wissenschaftstheoretischen Richtung verwechselt werden darf. Es<br />

geht also nicht um die Behauptung alles sei (aus lediglich einem Prinzip wie beispielsweise der<br />

Kommunikation heraus) konstruiert oder gar konstruierbar. Es geht viel mehr um die Frage: Wie<br />

kann aus subjektiven menschlichen Erfahrungen eine objektive Welt sozialer Tatsachen hervorgehen?<br />

Die Wissenssoziologie 309 rückt dabei ins Zentrum einer neu ausgerichteten Handlungs- und<br />

Gesellschaftstheorie. 310<br />

Jürgen Habermas 311 liefert 1967 in seiner Schrift „Zur Logik der Sozialwissenschaften“ erstmals im<br />

deutschen Sprachraum eine unabhängige und systematische Rezeption der Arbeiten von u.a. Schütz<br />

sowie Berger und Luckmann. Er macht dabei wirkkräftig auf die interpretative alltags- und sprachsoziologische<br />

Wende in der Soziologie aufmerksam. Weiter Anregungen liefert die phänomenologische<br />

Fundierung verstehender Soziologie von Schütz für die Ethnomethodologie 312 Garfinkels 313 , für<br />

diverse interaktionsanalytische Ansätze ( Goffman 314 , Blumer 315 ) und für die kognitive Soziologie<br />

Cicourels 316 . 317 Martin Endreß sieht im Wesentlichen vier Tendenzen in der gegenwärtigen<br />

Diskussion der soziologischen Theorie, die dem Werk von Schütz aktuelle Relevanz verleihen.<br />

307 vgl. Schütz in Endreß (2006): S.129.<br />

308 http://de.wikipedia.org/wiki/Sozialkonstruktivismus<br />

309 http://de.wikibooks.org/wiki/<strong>Soziologische</strong>_<strong>Klassiker</strong>/_Das_soziologische_<br />

Dorf/_Wissenssoziologie<br />

310 vgl. Schnettler (2006): S86ff.<br />

311 http://de.wikibooks.org/wiki/<strong>Soziologische</strong>_<strong>Klassiker</strong>/_Habermas,_J%C3%BCrgen<br />

312 http://de.wikibooks.org/wiki/<strong>Soziologische</strong>_<strong>Klassiker</strong>/_Das_soziologische_<br />

Dorf/_Ethnomethodologie<br />

313 http://de.wikibooks.org/wiki/<strong>Soziologische</strong>_<strong>Klassiker</strong>/_Garfinkel,_Harold<br />

314 http://de.wikibooks.org/wiki/<strong>Soziologische</strong>_<strong>Klassiker</strong>/_Goffman,_Erving<br />

315 http://de.wikibooks.org/wiki/<strong>Soziologische</strong>_<strong>Klassiker</strong>/_Blumer,_Herbert<br />

316 http://de.wikibooks.org/wiki/<strong>Soziologische</strong>_<strong>Klassiker</strong>/_Cicourel,_Aaron<br />

317 vgl. Endreß (2006): S.130<br />

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