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Das Werk in Themen und Thesen<br />

Laut Oppenheimer ist es Aufgabe der Soziologie, die Bewegungsgesetze der Gesellschaft als Erkenntnisgegenstand<br />

zu erforschen wie vergleichsweise Naturwissenschaftler die Zusammenhänge<br />

in der Natur erforschen. Jedes Phänomen hat seinen Hintergrund bzw. Grund und den gilt es zu<br />

erkennen. Oppenheimer praktiziert in seinem Seminar und Freundeskreis das Sokratische Gespräch<br />

als Methode zur Gewinnung von Erkenntnis. Warum wissen wir das, was wir zu wissen glauben und<br />

wie gewiss ist dieses Wissen?<br />

Wenn jemand den Beruf des Soziologen ergreifen will muss dieser Mensch Oppenheimer zu folgend<br />

gelernt haben, dort zu zweifeln und zu fragen, wo es die Norm verbietet, um zu relevanter Erkenntnis<br />

der ihn umgebenden Gesellschaft zu gelangen. Ab 1919 praktizierte Oppenheimer in Berlin als<br />

Ordinarius an der Universität Frankfurt am Main eine kritische Theorie und Soziologie des Wissens in<br />

der Ausbildung seiner Studenten. Sein Nachfolger im Amt Karl Mannheim, der später als Begründer<br />

der Kritischen Theorie und Wissenssoziologie zu Ruhm gelangte, hatte es bedauerlicherweise stets<br />

vermieden darauf hinzuweisen, dass die von ihm vertretene Geisteshaltung an dem übernommenen<br />

Lehrstuhl eine Tradition hatte und von den Studierenden nach Oppenheimer geradezu erwartete<br />

wurde. 6<br />

111.5.4. Soziologie als Kunstlehre<br />

Vom Standpunkt der Soziologie aus ist es nach Oppenheimer falsch, die Frage nach dem "Guten"<br />

oder "Bösen" im Menschen zu stellen. Statt dessen müsste die Frage lauten: "Kann man eine<br />

Gesellschaft auf solche Grundlagen stellen, dass jeder Einzelne durch sein Eigeninteresse überall<br />

zu einer Handlungsweise getrieben wird, die mit dem Gesellschaftsinteresse solidarisch ist? Wenn<br />

ja, dann brauchen wir uns um Vorstellungen und Wertungen nicht mehr zu sorgen." (Oppenheimer,<br />

System, Bd. I, S. 676)<br />

Staatliche Steuern haben viel mit Verhaltenssteuerung der Bürger zu tun. Es gibt darum hier besonders<br />

viele Beispiele. Arbeitende Eltern können zum Beispiel die Kosten für die notwendige<br />

Kinderbetreuung teilweise mit ihrem Einkommen verrechen die Kosten die für eine Putzhilfe anfallen<br />

aber nicht. Der Gesetzgeber verlangt von den Eltern die einem Beruf nachgehen, dass diese einen<br />

Fremden für die Kinderbetreung einstellen damit sie selber Zeit zum Putzen haben. Nun können die<br />

Eltern wählen: Nehmen sie die knappe Zeit von ihrer beruflichen Tätigkeit weg, verzichten sie auf<br />

Einkommen, schaden sie ihren Kindern oder betrügen sie das Finanzamt indem sie Putzhilfen als<br />

Kinderbetreuung deklarieren. Schlechte Regeln führen zu schlechtem Handeln.<br />

Oppenheimer erforschte außerdem, wie ein Naturwissenschaftler, die Gesetze menschlichen Handelns<br />

auf den Ebenen des Individuums, der Gruppe und der Gesellschaft. Er war allerdings der<br />

Ansicht, dass die daraus gewonnen Erkenntnisse nicht allein zur wissenschafltichen Erklärung von<br />

Vergangenem und zur Prognose von Zukünftigem genutzt werden könnten, sondern ebenso wie in<br />

den Ingenieurswissenschaften zur Konstruktion funktionierender Systeme beitragen würden. Die von<br />

Oppenmheimer beschriebene Kunst der sozialen Organisation (ebenda, S. 676) darf allerdings nicht<br />

falsch verstanden werden als sozial-technokratischer Neu-Entwurf einer Gesellschaftsordnung vom<br />

Schreibtisch aus, sondern zielt mehr auf Strategien zur Beseitigung der Ursachen von Störungen, die<br />

vorhandene Systeme mit ihren Regelungen historisch bedingt in sich tragen. Nicht den Kampf sah<br />

Oppenheimer als Triebfeder der gesellschaftlichen Evolution an, sondern das Bestreben zur (Selbst-<br />

6 http://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Oppenheimer#Soziologie<br />

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