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Tarde, Gabriel<br />

Neben seiner beruflichen Tätigkeit schrieb Tarde auch Theaterstücke.<br />

141.5. Das Werk in Themen und Thesen<br />

Für Gabriel Tarde beruht Soziologie auf den psychologischen Wechselbeziehungen zwischen Individuen.<br />

Grundlegende Einflüsse auf den Menschen erfolgen durch Nachahmung und Imitation.<br />

Diese beschreibt er ausführlich in seinem Hauptwerk: „Die Gesetze der Nachahmung“, wobei er<br />

darzulegen versucht, dass die Gesellschaft selbst schon Nachahmung ist.<br />

Tarde führt die zyklische Entwicklung der Gesellschaft auf das Prinzip der immerwährenden Imitation<br />

zurück, dem sich auch das Individuum unterordnet. Eine Nachahmung ist erfolgreich, sobald sie<br />

mit anderen Nachahmungen vereinbar ist. Demnach greift Tarde in seiner Soziologie den Gedanken<br />

auf, dass Nachahmung und Soziales in einem ähnlichen Zusammenhang stehen wie Biologie und<br />

Vererbung. So führte er beispielsweise die Emanzipation der Frau auf den Drang zur Nachahmung<br />

der ihnen überlegenen Männer zurück.<br />

Weiters betont Tarde die kollektive wie auch die pluralistische Dimension in jedem gesellschaftlichen<br />

Zusammenschluss. Er richtet seinen Blick weniger auf Individuen und Gruppen als vielmehr auf<br />

die Handlungen und Ideen, nach denen diese Individuen und Gruppen klassifiziert werden können.<br />

Tarde untersucht die Gesetze der Vergesellschaftung zwischen dem verobjektivierten sozialen System<br />

und den individuell bewussten Entscheidungen oder Zwängen und stellt diese auf einer sogenannten<br />

chaosmotischen Ebene dar. Für Tarde gibt es bestimmte Variablen und Regularitäten, welche ein<br />

soziales Muster bilden.<br />

Weiters prägt Tarde die Begriffe Erfindung und Entdeckung, womit er Neuerungen bzw. Verbesserungen<br />

sozialer Phänomene wie Sprache, Religion, Politik, Recht, Industrie und Kunst, auszudrücken<br />

versucht. Die Erfindung ist für ihn der Ausgangspunkt von Nachahmung, und erst durch Nachahmung<br />

erhält eine Erfindung soziale Bedeutung.<br />

Auch trifft Tarde die Unterscheidung zwischen logischen und nicht-logischen Motiven für soziale<br />

Erscheinungen. Ähnlich wie bei der These Paretos strebt er dabei, durch Klarheit bei der Zielsetzung<br />

in den Handlungen, eine Zunahme an Rationalität an. Soziale Neuerungen solle man durch<br />

quantifizierende Einstellungsmessungen bewirken können.<br />

In seiner Schrift La criminalité comparée (1886) erklärt er zudem, wie Kriminalität psychisch bzw.<br />

in erster Linie durch das soziale Umfeld verursacht wird. Für Tarde liefert die Psyche, mit Wunsch<br />

und Begierde, das Rohmaterial für die Vergesellschaftung. Damit nimmt er eine Gegenposition zu<br />

Cesare Lombroso (Professor für Psychiatrie und kriminelle Anthropologie an der Universität von<br />

Turin) ein, der die kriminelle Veranlagung in den Zusammenhang mit erblichen Anomalien stellte.<br />

Entgegen der Darstellung Durkheims ist für Tarde das Individuum Ausgangspunkt für die Soziologie.<br />

Jegliche Theorien, die von einer Kollektivseele sprechen, weist Tarde zurück. Gesellschaft ist<br />

für ihn nur dort, wo Wechselbeziehungen zwischen Individuen bestehen.<br />

141.6. Rezeption und Wirkung<br />

Neben Émile Durkheim war Gabriel Tarde, wenngleich auch einer der kritischsten Gegner Durkheims,<br />

richtungweisend für die Soziologie in Frankreich. Bereits zu seinen Lebzeiten erfreute er sich einer<br />

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