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Das Werk in Themen und Thesen<br />

private Handlungen durch kollektive Ursachen, deren sich die individuellen Akteure womöglich<br />

gar nicht bewusst sind.<br />

Durkheims zentrale These lautete: „Je besser die Menschen in sozialen Gruppen integriert sind,<br />

desto unwahrscheinlicher ist es, dass sie Selbstmord begehen“. Oder umgekehrt: Je geringer der<br />

Grad der sozialen Integration, desto höher die Suizidrate. (vgl. Joas, S. 40-45)<br />

• Typisierung des Selbstmords<br />

• Altruistischer Selbstmord:<br />

Es ist die Gesellschaft, die Druck auf die Individuen ausübt, ihrem Leben ein Ende zu setzen,<br />

weil es keinen Platz mehr für sie gibt. Das Individuum ordnet sich unter die Erwartungen der<br />

Gesellschaft unter.<br />

• Fatalistischer Selbstmord:<br />

Erwächst aus einem Übermaß an Reglementierung. „Es ist der Selbstmord derjenigen, denen<br />

die Zukunft mitleidslos vermauert wird.“<br />

• Anomischer Selbstmord:<br />

Im Unterschied zum egoistischen Selbstmord, der dann auftritt, wenn sich die soziale Gruppe<br />

sich vom Individuum entfernt, tritt der anomische Selbstmord dann auf, wenn die Gesellschaft<br />

einen dynamischen Wandel durchmacht, der in Unordnung resultiert und in der Unfähigkeit,<br />

das Individuum in allgemein anerkannter Weise zu kontrollieren.<br />

• Egoistischer Selbstmord<br />

• Konfessionszugehörigkeit<br />

Durkheim erläutert den egoistischen Selbstmord, indem er die Statistiken hinsichtlich religiöser<br />

Konfessionszugehörigkeit und Familienstand untersucht. Die Aufzeichnungen verschiedener<br />

europäischer Länder weisen eine auffallend höhere Selbstmordrate unter den Protestanten<br />

als unter den Katholiken auf und die niedrigste Rate unter den Juden.<br />

Wie ist dieses Phänomen zu erklären? Die Position einer Mehrheit oder Minderheit schied aus,<br />

weil Protestanten auch in einer Minderheitenposition trotzdem weitaus mehr Selbstmorde<br />

begehen. Durkheim betrachtete deshalb den Charakter der religiösen Gemeinschaften als<br />

soziale Systeme genauer.<br />

• Bildung<br />

Ein erster Hinweis auf eine derartige Erklärung ist die Tatsache, dass die Selbstmordrate<br />

mit dem Bildungsniveau zunimmt. Das Bildungsniveau der Protestanten war zu Durkheims<br />

Zeiten deutlich höher als das der Katholiken.<br />

In freien Berufen und höheren Einkommensklassen ist der Drang nach Bildung am meisten<br />

ausgeprägt, eine individuelle Lebensführung vorwiegend. Durkheim zweifelt nicht daran,<br />

dass der Selbstmord in den höchsten Schichten außerordentlich häufig ist.<br />

Frauen des ausgehenden 19ten Jahrhunderts begehen viel weniger Selbstmord, sie sind auch<br />

weniger gebildet. Sie richten sich traditionsgebunden in ihrem Verhalten nach etablierten<br />

Grundsätzen und haben keine großen intellektuellen Bedürfnisse.<br />

Unter allen Religionen hat der Selbstmord beim Judentum das geringste Gewicht. Trotzdem<br />

hat die Bildung nirgendwo eine so breite Basis. Der Wissensdrang hat einen ganz besonderen<br />

Grund: Bildung ist für Juden ein Mittel der Kompensation in der unglücklichen Lage, in die<br />

sie die öffentliche Meinung bringt. Bei ihnen verbinden sich die Vorteile strenger Disziplin,<br />

die kleine Gruppen auszeichnet, mit einer profunden Bildung, die das Privileg der großen<br />

Gesellschaft von heute ist. (vgl. Durkheim, S. 178-181)<br />

• Integration und soziale Kontrolle<br />

Ein weiterer wichtiger Unterschied zwischen Protestanten und Katholiken: Der Grad an<br />

Integration und sozialer Kontrolle. Die katholische Kirche ist fest integriert, hierarchisch<br />

aufgebaut und kontrolliert zentralistisch die Interpretation religiöser Dogmen. Sie verwaltet<br />

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