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Das Werk in Themen und Thesen<br />

Gemeinschaften an. Ein wesentliches Charakteristikum seiner Theorien geht aus der Dreiecksbeziehung<br />

zwischen Staat – Markt – Zivilgesellschaft hervor.<br />

Etzioni beschreibt die gesellschaftliche Ausgangssituation in den sechziger Jahren als Zustand der<br />

Auflösung fest gefügter Bindungen und sozialer Wertvorstellungen. Daraus resultierend begann eine<br />

Sinnsuche, welche oftmals Scharlatanen, sowie auch politischen Demagogen Tür und Tor öffnete<br />

und repressive Ideale in der Gesellschaft begünstigte. Diese Problematik wurde von den Kommunitariern<br />

aufgegriffen, die berechtigte Sinnsuche sollte jedoch durch andere Impulse angeregt<br />

werden und so wurde den beiden Hauptsäulen Staat und Markt der amerikanischen Gesellschaft, die<br />

Zivilgesellschaft als dritter Faktor zugefügt. Von besonderer Bedeutung für den Kommunitarismus<br />

ist, dass politisch angestrebte Strategien und Ziele in der Zivilgesellschaft verankert sein müssen, um<br />

erfolgreich zu sein. Als Beispiel führt Etzioni die Alkoholprohibition in den USA der Zwanzigerjahre<br />

an, welche nie erfolgreich durchgesetzt werden konnte, da es an der Zustimmung und Akzeptanz<br />

innerhalb der Gesellschaft fehlte. Der Versuch einer kleinen Gruppierung religiöser Moralisten, das<br />

Alkoholverbot mithilfe des Staates zu erzwingen scheiterte und als zusätzlicher negativer Nebeneffekt<br />

wurde der organisierten Kriminalität und Korruption noch mehr Macht zuteil. Auf der anderen Seite<br />

zeigt Etzioni auf, dass das Rauchverbot in den USA weitestgehend durchgesetzt werden konnte,<br />

was er auf die gesellschaftliche Akzeptanz einer überwältigenden Mehrheit zurückführt. Im Laufe<br />

eines beinahe 25jährigen Dialoges konnte das Rauchverbot also eine breite, reale Durchsetzungskraft<br />

erreichen, da das Verständnis der Bevölkerung – auch in Hinblick auf die Gefahr des Passivrauchens<br />

für andere – geschärft wurde. Es geht also darum, auf einen breiten Wertkonsens in der Gemeinschaft<br />

zu bauen und einen Mittelweg zwischen radikalem, individualistischem Liberalismus und<br />

konservativem Autoritarismus zu finden.<br />

Individuelle Autonomie vs. soziale Ordnung<br />

Während viele Soziologen in der Dichotomie der individuellen Selbstbestimmung und der kollektiven,<br />

sozialen Gemeinschaftsordnung eine Einbahnstraße sahen, versucht Amitai Etzioni diese<br />

beiden Ausrichtungen wieder zusammenzuführen. Anstatt sich auf die Gegensätzlichkeiten zwischen<br />

Individualisierung und Kollektivismus zu berufen, weist Etzioni auf die Unverzichtbarkeit beider<br />

Formen für eine möglichst große persönliche Freiheit im Zuge einer gemeinschaftlich orientierten<br />

Gesellschaftsordnung hin. Ein Mittelmaß zwischen Individualisierung bzw. der drohenden Atomisierung<br />

und Vereinsamung des Menschen, sowie des Kollektivismus mit der Gefahr zum totalitären<br />

System hin, stellt für ihn die Ideallösung des gemeinschaftlichen Zusammenlebens dar. Seine goldene<br />

Regel lautet demnach:“ Achte und wahre die moralische Ordnung der Gesellschaft in gleichem Maße,<br />

wie Du wünschst, dass die Gesellschaft Deine Autonomie achtet und wahrt.“<br />

Auf Beispielebene lässt sich dies wie folgt beschreiben: Herrscht in einem Land Krieg, Chaos und<br />

Gewalt, so schränkt dies persönliche Freiheit und Rechte ein, es wird mitunter sogar lebensbedrohlich,<br />

auf die Straße bzw. unter andere Menschen zu gehen, geschweige denn, seine eigene Meinung kund<br />

zu tun. Wird jedoch eine gesellschaftliche und soziale Ordnung wiederhergestellt, so bringt das<br />

für den Einzelnen mehr Freiheit und (Erwartungs-)sicherheit. Es geht in Etzionis Theorie also um<br />

das harmonische Gleichgewicht zwischen sozialer Ordnung und individuellem Persönlichkeitsrecht,<br />

da das richtige Maß beider nötig ist, um die größtmögliche persönliche Freiheit innerhalb einer<br />

funktionierenden Gemeinschaft zu garantieren.<br />

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