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Thurnwald, Richard<br />

144.5.2. Rechtsethnologie<br />

Die Rechtsethnologie besitzt ähnliche Ansätze wie die der Rechtswissenschaft, Politikwissenschaft<br />

und Sozialwissenschaft. Thurnwalds Rechtsethnologie spezialisierte sich vorwiegend auf nicht<br />

industrialisierte Völker und deren Vernetzung zwischen Recht und Gesellschaft.<br />

Nach Thurnwald ist die Definition von Rechtsethnologie die Wissenschaft, die sich mit dem „Werden,<br />

Wandel und Gestaltung des Rechts“ auseinandersetzt. Die treibende Kraft der Rechtsethnologie und<br />

des kulturellen Wandels war für Thurnwald die Entwicklung der Technik und die der Zivilisation. Da<br />

das Recht das Handeln und die Macht der sozialen, staatlichen und wirtschaftlichen Organisationen<br />

legitimiert, muss dies auch immer zusammen mit den anderen Bereichen dieser Gesellschaft, sowie<br />

deren Kultur und Mentalität, analysiert werden.<br />

144.5.3. Konzepte Thurnwalds<br />

Thurnwald vertrat die Ansicht, dass der Mensch ein gesellschaftliches Wesen sei und von der<br />

Gemeinschaft abhängig ist. Die Interaktion zwischen Menschen in homogenen Gruppen und Gemeinschaften<br />

folgt dem Prinzip der Reziprozität, während in der geschichteten Gesellschaft das<br />

Prinzip der (Re)Distribution herrschte (Thurnwald, 1912). So beruhen alle Ökonomien auf denselben<br />

sozialen Prinzipien der Reziprozität und Distribution. Diese zwei Begriffe werden später besonders<br />

von Malinowski, Polanyi und Sahlins aufgegriffen und weiterentwickelt.<br />

Thurnwalds Hauptkonzept bezieht sich auf die Verschränkung des Ökonomischen mit dem Politischen.<br />

Nach Thurnwald würde die Arbeitsteilung innerhalb einer Gesellschaft oder Gruppe und<br />

deren Kontakte zu anderen Gruppen zur Differenzierung innerhalb der Gesellschaft führen, die<br />

wiederum eine soziale Schichtung zur Folge hat. Durch diesen Prozess würden aus gleichartig<br />

zusammengesetzten Gruppen, größere gemischte Gruppen bzw. immer komplexere Gesellschaften<br />

entstehen. Somit war die Ökonomie bei Thurnwald sozial bestimmt und begrenzt. Aus den konstant<br />

andauernden Prozessen der Anpassung und unterschiedlicher Umweltbedingungen, entstehen die<br />

einzelnen Wirtschaftsarten, die gleichzeitig in die verschiedenen sozialen, rechtlichen und politischen<br />

Umweltbedingungen verankert sind. Durch die Kombination dieser verschiedenen Wirtschaftsarten<br />

und deren politischen sowie sozialen Systemen ergeben sich die unterschiedlichen Charaktere der<br />

Wirtschaft, die jedoch keiner historischen Stufenfolge entsprechen.<br />

144.5.4. Thurnwald und die Kulturkreislehre<br />

Wie schon oben erwähnt, waren die drei, in Konkurrenz stehenden, ethnologischen Theorien der<br />

Zwischenkriegszeit: die Kulturkreislehre (Diffusionismus), die Kulturmorphologie und der (Struktur-<br />

)Funktionalismus.<br />

Kulturkreislehre<br />

In der Kulturkreislehre, die von Wilhelm Schmidt entworfen wurde, wurden verschiedene Kulturelemente,<br />

wie Riten, Mythen, Gegenstände, zu einem vielfältigen Ganzen zusammengestellt und<br />

strukturell miteinander zu einem „Kulturkreis“ verbunden, so dass es eine Einheit in Zeit und Raum<br />

darstellt. Der Diffusionismus sollte versuchen, die übereinstimmenden charakteristischen Merkmale<br />

geographisch getrennter Kulturen zu erklären. Die Ähnlichkeit dieser kulturellen Charakteristiken<br />

wurde mit der Übertragung durch Eroberungen von einem Volk durch das andere, sowie durch<br />

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