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99.4.3. Bezugsgruppentheorie (Reference Group Theory)<br />

Das Werk in Themen und Thesen<br />

Rollenerwartungen bestehen nicht nur von den Mitgliedern der Bezugsgruppen (reference groups),<br />

denen eine Person zugehörig ist, sondern auch von Bezugsgruppen (Aspirationsgruppen), in denen<br />

sich die Person nicht befindet, ihnen aber angehören möchte. (z.B. Immigranten.)<br />

99.4.4. Wahl<br />

Im Zentrum des Merton’schen Menschenbildes steht der Begriff der "choice", der Wahl. Menschen,<br />

die in einer sozialen Struktur unterschiedlich eingebunden sind, erleiden unterschiedliche Schicksale<br />

und treffen auf unterschiedliche Wahlmöglichkeiten, die ihre gegenwärtigen und zukünftigen Lebenschancen<br />

bestimmen. Daraus entstand die Rational Choice Theory 9 , die Merton gemeinsam mit<br />

James Coleman 10 erarbeitet hat.<br />

99.4.5. Self-fulfilling prophecy<br />

Die Selbsterfüllende Prophezeiung ist eine Vorhersage, die wahr wird, nur weil sie vorhergesagt bzw.<br />

erwartet wurde. Die Überlegung basiert auf dem Prinzip, dass man selber auf die Umwelt Einfluss<br />

nimmt und sie in die Richtung verändert, die man erwartet. Dadurch wird eine Erwartung zu einer<br />

sich selbst erfüllenden Prophezeiung (z.B. Aberglaube). Bei der theoretischen Herleitung dieser<br />

Theorie verweist Merton auf das Thomas-Theorem. Es verdeutlicht, dass der Akteur weniger auf die<br />

objektive Realität einer spezifischen Situation reagiert, sondern vielmehr aufgrund der individuellen<br />

Bedeutung handelt, die er in ihr erkennt.<br />

Es gibt verschiedene Erscheinungsformen der Self-fulfilling prophecy, wie etwa den Pygmalion-<br />

Effekt, den Placebo-Effekt, den Hawthorne-Effekt, den Messiah-Effekt, den Mitläufer-Effekt und den<br />

Matthäus-Effekt (von Merton analysiert). Der Matthäus-Effekt bedeutet die soziologische Tatsache,<br />

dass denjenigen mehr gegeben wird, deren Ruf und soziale Position hoch ist. Er folgt dem Prinzip der<br />

positiven Rückkopplung und ist hauptsächlich ein Phänomen, welches häufig bei der Zitierhäufigkeit<br />

von wissenschaftlichen Veröffentlichungen beobachtet wird. Mertons Prinzip besagt, dass bekannte<br />

wissenschaftliche Autoren häufiger zitiert werden und dadurch noch bekannter werden (success<br />

breeds success). Die Bezeichnung dieses Effekts stammt aus dem Gleichnis von den anvertrauten<br />

Zentnern an: „Denn wer da hat, dem wird gegeben werden, und er wird die Fülle haben; wer aber<br />

nicht hat, dem wird auch, was er hat, genommen werden.“<br />

99.4.6. Manifeste und latente Funktionen<br />

Genauso wie Handlungen beabsichtigte und unvorhersehbare Folgen haben können, können Strukturen<br />

manifeste und latente Funktionen haben. Anstelle nicht erfüllter manifester Funktionen können<br />

Handlungen latente Funktionen erfüllen, auch wenn die Akteure die Konsequenzen ihres Tuns in<br />

keiner Weise vorhergesehen haben. Merton geht sogar einen Schritt weiter und behauptet, dass<br />

gerade die latenten Funktionen und deren Analyse das eigentliche Gebiet der Soziologie ausmachen,<br />

da sie die Aufmerksamkeit auf theoretisch ergiebige Forschungsfelder lenken und erst soziologische<br />

9 http://de.wikipedia.org/wiki/%20Theorie%20der%20rationalen%20Entscheidung%20<br />

10 Kapitel 30 auf Seite 221<br />

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