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Das Werk in Themen und Thesen<br />

Luhmann unterscheidet drei Formen von sozialen Systemen: Interaktionssysteme, Organisationssysteme<br />

und Gesellschaftssysteme. Das Gesellschaftssystem ist das System höchster Ordnung, da es<br />

alle anderen Systeme beinhaltet (nur sich selbst nicht).<br />

Doppelte Kontingenz<br />

Mit dem Begriff der ‚doppelten Kontingenz’ versucht Niklas Luhmann „das Entstehen von sozialen<br />

Systemen und somit sozialer Ordnung“ (Münch, 2004, S. 183) zu verdeutlichen. Wie bereits oben<br />

erwähnt, ist die Welt geprägt durch hohe Kontingenz. Doppelte Kontingenz meint nun, dass die<br />

an einer Kommunikation beteiligten psychischen Systeme nicht darüber gewiss sein können, wie<br />

die anderen Systeme handeln werden. Beispielsweise weiß ein Akteur A nicht welche Information<br />

von Akteur B mitgeteilt werden wird, somit weiß auch A noch nicht, wie er sich verhalten wird.<br />

Luhmann stellt sich nun die Frage, wie doppelte Kontingenz, die „die Koordination und gegenseitige<br />

Vorhersagbarkeit von Handlungen sehr schwierig und unwahrscheinlich“ (Münch, 2004, S. 154)<br />

macht, bewältigt werden kann. Da, wie bereits oben angesprochen, Menschen das Bedürfnis haben,<br />

Komplexität zu reduzieren, geht die Systemtheorie davon aus, dass „sich die Akteure an allem<br />

festhalten, was eine Verbindung und Fortsetzung von Handlungen ermöglicht“ (Münch, 2004, S.<br />

185). Nun behauptet Luhmann, dass bereits die gegenseitige Erwartung von doppelter Kontingenz<br />

bereits ein erstes strukturierendes, ordnendes Prinzip in sich trägt, da dies die Akteure dazu zwingt,<br />

ein (soziales) System gegenseitiger, aufeinander bezogener Erwartungen zu konstruieren. Dadurch<br />

entsteht ein soziales System. „Und es gibt noch einen weiteren Schritt, der zur Einrichtung von<br />

Ordnung in einem solchen System führt: Jede Handlung, die einen Anschluss an eine andere<br />

Handlung erlaubt, wird wahrscheinlich festgehalten und fortgeführt“ 1 . Die beschriebene Möglichkeit<br />

zum Anschluss von Handlungen bzw. von Kommunikation (vgl. etwas weiter oben) begründet<br />

Luhmann wiederum mit dem fundamentalen Bedürfnis des Akteurs, Komplexität zu reduzieren.<br />

Durch die Interaktion der Akteure entsteht aufgrund der doppelten Kontingenz und ihrem Bedürfnis<br />

nach Komplexitätsreduktion ein soziales System, „ein aus Kommunikation bestehendes System<br />

gegenseitig ausgerichteter Erwartungen und Handlungen, das eine eigene Qualität annimmt. Es<br />

entstammt dem Bewusstsein jedes Einzelnen und unterscheidet sich dennoch vom Bewusstsein der<br />

beiden“ (Münch, 2004, S. 186). Dadurch kann Luhmann soziale Systeme auch mehr oder minder<br />

unabhängig von psychischen Systemen (bzw. Akteuren) modellieren.<br />

Interpenetration<br />

Wie noch erwähnt wird, ‚arbeiten’ Systeme mit dem Medium des Sinns. Der Sinn des psychischen<br />

Systems und des sozialen Systems sind jedoch nicht identisch. Dies kann man dadurch erklären,<br />

dass ein soziales System aus verschiedenen Quellen (aus mindestens zwei Akteuren) entsteht. Die<br />

„Beziehung zwischen den Quellen produziert das neue [soziale] System“ (Münch, 2004, S. 186). Die<br />

Verknüpfungen (siehe strukturelle Kopplung) und Durchdringung der Akteure untereinander und mit<br />

dem sozialen System nennt Luhmann Interpenetration (vgl. Abbildung 2). Diese Durchdringung geht<br />

wie folgt von statten: Für jedes psychische System wird ein anderes psychisches System als Umwelt<br />

und somit auch als Umweltkomplexität wahrgenommen. Die Komplexität des gegenüberstehenden<br />

psychischen Systems wird jedoch reduziert, indem sie durch das jeweilige System erfasst und verarbeitet<br />

wird. Diese gegenseitige Durchdringung ist somit auch Voraussetzung für die Entstehung eines<br />

1 Münch, 2004, S. 185<br />

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