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Luhmann, Niklas<br />

Beobachtung<br />

Grundsätzlich ist das Konzept der Beobachtung oder des Beobachters in der Systemtheorie zentral.<br />

Beobachtung ermöglicht Unterscheidung (Differenz), das Beobachten an sich ist somit eine Operation<br />

(vgl. oben). Durch Beobachtung kann das System von der Umwelt unterschieden und die Umwelt<br />

‚bezeichnet’ bzw. unterschieden werden. Bezeichnungen können ‚gespeichert’ werden und bilden<br />

dadurch Anschlussfähigkeit. Der Beobachter ist somit eine Kette von Beobachtungen und bildet<br />

ein System bzw. ein Teil eines Systems, das speziell zur Beobachtung abgestellt wird. Hier muss<br />

auch zwischen Selbst- und Fremdbeobachtung unterschieden werden. Ein System kann sich selbst<br />

beobachten, aber auch andere Systeme in der Umwelt. Beobachtung ist jedoch immer von der<br />

jeweiligen systeminternen Struktur abhängig (Beobachtung ist selbstreferenziell), d. h. es gibt nichts,<br />

„was unabhängig vom Beobachter gesagt werden kann“ (Luhmann, 2002, S. 140). Dadurch kann es zu<br />

‚blinden Flecken’ kommen, d. h. ein System kann aufgrund ihrer Strukturen nur jenes wahrnehmen,<br />

was diese internen Strukturen dem System erlauben zu sehen. Ein blinder Fleck kann jedoch durch<br />

‚Beobachtung zweiter Ordnung’ ausgeschaltet werden. D. h. wenn ein Beobachter einen Beobachter<br />

beobachtet, kann dieser über den blinden Fleck des ersten Bobachters reflektieren (vgl. Luhmann,<br />

2002, S. 141ff.). Hier wird die konstruktivistische Herangehensweise Luhmanns deutlich.<br />

Wie schon erläutert, haben Systeme die Fähigkeit zu beobachten. Hier entsteht jedoch ein Paradox,<br />

denn wenn ein System etwas beobachten will, muss es sich von dem, was es beobachtet, unterscheiden.<br />

Diese Unterscheidung ist jedoch wiederum nur durch Beobachtung möglich (vgl. Luhmann,<br />

2002, S. 73). Prinzipiell kann dieses Henne-Ei-Problem nicht gelöst werden, fest steht jedoch,<br />

dass Selbstreferenz bzw. Beobachtung der Startpunkt der Reproduktion und Anschussfähigkeit (bei<br />

sozialen Systemen durch Kommunikation) des Systems ist.<br />

Es stellt sich die Frage, wie soziale Systeme, die nur aus Kommunikation bestehen, in der Lage<br />

sind zu beobachten. Um Missverständnisse zu vermeiden, sollte diese Frage erläutert werden!<br />

Außerdem wird dabei auch deutlich, wie es Luhmann möglich ist soziale Systeme ohne psychische<br />

Systeme zu modellieren. Beobachtungen brauchen laut Luhmann keine Instanz (z. B. eine Akteur).<br />

In sozialen Systemen sind Kommunikation den Beobachtungen gleich zu setzen. Ein soziales System<br />

ist somit eine Verkettung von Kommunikation und dadurch auch von Beobachtungen, denn auch<br />

eine Kommunikation kann unterscheiden und bezeichnen. So verhält es sich auch mit psychischen<br />

Systemen: Das Bewusstsein ist eine Verkettung von Gedanken und Wahrnehmungen ohne ein Subjekt,<br />

das diese Operationen durchführt. Hierzu ein Beispiel:<br />

"Ein Lehrer beobachtet die Schüler (. . . ). Die Schüler beobachten den Lehrer (. . . ). Der Lehrer<br />

beobachtet auch, dass die Schüler ihn beobachten. Aber jetzt kommt hinzu, dass die Interaktion<br />

die Schüler beobachtet, zuweilen auch sogar den Lehrer (. . . ): Der Lehrer wird zum Thema<br />

der Diskussion im Unterricht. Das soziale System beobachtet psychische Systeme; die psychischen<br />

Systeme beobachten psychische Systeme; die psychischen Systeme könne soziale Systeme<br />

beobachten." 3 "<br />

Strukturelle Kopplung<br />

Strukturelle Kopplung meint die Beziehung zwischen Systemen. Sie ist zwischen Funktionssystemen<br />

(siehe weiter unten) aber auch zwischen sozialen und psychischen Systemen vorhanden. Psychische<br />

3 Luhmann, 2002, S. 147f.<br />

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