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Luhmann, Niklas<br />

88.5.3. Allgemeine Theorie sozialer Systeme<br />

System<br />

Der Begriff des ‚Systems’ bedeutet ‚das Zusammengestellte’ (aus dem Altgriechischen: ‚systema’)<br />

(vgl. Diekmann, 2004, S. 12). Eine klassische Definition des Systembegriffes lautet wie folgt: „Als<br />

System soll eine Menge von Objekten einschließlich ihrer Eigenschaften bezeichnet werden, die<br />

als Elemente über Relationen verbunden sind“ (Hennen, 2002, S. 587). Doch wie verwendet nun<br />

Niklas Luhmann diesen Begriff? Luhmann kommt es vor allem auf den Begriff der ‚Differenz’ an<br />

(vgl. Diekmann, 2004, S. 35). Ein System konstituiert sich laut Luhmann durch eine Grenze, nämlich<br />

durch jene zwischen System und Umwelt (Leitdifferenz), sprich „ein System ‚ist’ die Differenz<br />

zwischen System und Umwelt“ (Luhmann, 2002, S. 66). Im Rahmen der Systemtheorie stellt die<br />

Umwelt eines Systems alles jenseits der Systemgrenze dar. Die Hauptaufgabe eines Systems und<br />

somit auch jene der Grenzziehung, ist wiederum die Reduktion von Komplexität. Dies bewerkstelligt<br />

ein System durch die ‚relative Offenheit’ (vgl. Autopoiesis weiter unten), d. h. ein System nimmt<br />

einen Input aus der Umwelt auf und transformiert ihn nach den eigenen Strukturen . Dadurch kann<br />

ein Output (z. B. Leistung) generiert werden (vgl. Luhmann, 2002, S. 47).<br />

Ein System hat demnach einen Input-Output-Charakter. Dabei ist zu beachten, dass es prinzipiell<br />

viele verschiedene Transformationsfunktionen geben kann, nach denen ein System operiert (vgl.<br />

Luhmann, 2002, S. 50ff.). Durch die Ziehung einer Grenze reproduziert sich ein System und schafft<br />

sich quasi eine Identität. Identität wird sozusagen durch die Produktion der Grenze bzw. der Differenz<br />

erst produziert (vgl. Diekmann, 2004, S. 33f).<br />

Die wichtigsten Systeme, die Niklas Luhmann unterscheidet, sind das organische, das psychische<br />

und das soziale System (vgl. nächster Punkt). Das organische System bildet z. B. den Körper eines<br />

Menschen und das psychische System könnte man besten mit dem Begriff ‚Bewusstsein’ übersetzten<br />

(Luhmann, 2002, S. 45).<br />

Soziales System<br />

Da Luhmann in erster Linie ein Soziologe war, beschäftigte er sich hauptsächlich mit sozialen<br />

Systemen. Luhmann postuliert, dass erstens die soziale Welt keine zufällige Abfolge von Ereignissen<br />

und Interaktionen ist und dass zweitens Interaktionen nicht nur auf den Fähigkeiten, Motivationen,<br />

Eigenschaften etc. der Akteure beruhen und diese vorantreiben. Vielmehr gibt es laut Luhmann<br />

soziale Systeme, die „die Abfolge der Ereignisse, das Auftreten sozialer Handlungen und den<br />

Verlauf der sozialen Interaktionen“ (Münch, 2004, S. 180) bestimmen. Was sind nun diese sozialen<br />

Systeme genau? Wie bereits oben angedeutet erfüllen soziale Systeme folgende Funktion: „[Soziale]<br />

Systeme erfassen, verarbeiten und reduzieren Komplexität und machen somit die Welt anpassbar<br />

an das Bedürfnis des Menschen nach minimaler Ordnung, sodass der Mensch sich orientieren<br />

und planmäßig in der Welt handeln kann“ (Münch, 2004, S. 182f.). Ein soziales System ist daher<br />

immer weniger komplex als seine Umwelt. Komplexitätsreduktion gelingt vor allem dadurch, dass<br />

es weniger Möglichkeiten zur Anschlusskommunikation in sozialen Systemen gibt. Auch soziale<br />

Systeme konstituieren sich durch eine Grenze (Differenz) zur Umwelt. Diese Systeme „sind von ihrer<br />

Umwelt in sachlicher [z. B. Inhalte die nicht sinnhaft erfasst oder mit dem bisherigen in Verbindung<br />

gebracht werden können], zeitlicher [z. B. ein Seminar] und sozialer [z. B. bestimme Teilnehmer in<br />

einer Diskussion] Hinsicht differenziert“ (ebd., S. 220). Die Entstehung sozialer Systeme wird unter<br />

dem Punkt ‚doppelte Kontingenz’ genauer beschrieben.<br />

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