07.03.2013 Aufrufe

Nachwachsende Rohstoffe in der Wikipedia, Band 1

Nachwachsende Rohstoffe in der Wikipedia, Band 1

Nachwachsende Rohstoffe in der Wikipedia, Band 1

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Ethanol 517<br />

Kulturgeschichte des Alkohols<br />

Ethanol entsteht schon auf natürlichem Wege bei <strong>der</strong> Vergärung zuckerhaltiger Früchte. Auf diese Weise wurden<br />

wohl unabhängig vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, schon <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em frühen Stadium <strong>der</strong> Geschichte, Menschen auf diese Substanz<br />

aufmerksam. [4] Laut Josef H. Reichholf (2008) geht <strong>der</strong> Ackerbau (und damit die Sesshaftwerdung) sogar <strong>in</strong> erster<br />

L<strong>in</strong>ie aufs Bierbrauen zurück, da Met („We<strong>in</strong>“ aus dem Honig wil<strong>der</strong> Bienen) nie ausreichend zur Verfügung stehen<br />

konnte. So f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> ägyptischen Schriftrollen <strong>der</strong> III. Dynastie [5] sowie auf alt-mesopotamischen<br />

Keilschrifttafeln [6] H<strong>in</strong>weise auf die Herstellung alkoholischer Getränke. Auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bibel wird <strong>der</strong> Alkohol<br />

erwähnt, siehe zum Beispiel 1. Buch Mose (Gen. 9,18–29).<br />

Biere, später auch We<strong>in</strong>e wurden mit Hilfe von Wildhefen erzeugt. Meist hatten solche Alltagsgetränke e<strong>in</strong>en<br />

deutlich ger<strong>in</strong>geren Alkoholgehalt als heute, da die Wildhefen ab e<strong>in</strong>er bestimmten Alkoholkonzentration die<br />

Umwandlung von Zucker <strong>in</strong> Alkohol e<strong>in</strong>stellen, weil sie sich ansonsten selbst vergiften würden. Durch<br />

jahrhun<strong>der</strong>telange Züchtung tolerieren heutige Hefestämme höhere Alkoholgehalte.<br />

Auch <strong>in</strong> diesen alten Zeiten wurde Alkohol bereits aufgrund se<strong>in</strong>er berauschenden Wirkung getrunken. So heißt es <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em ägyptischen Text über das Verhalten junger Männer:<br />

Du verlässt die Bücher und gehst von Schenke zu Schenke; <strong>der</strong> Biergenuss allabendlich, <strong>der</strong> Biergeruch<br />

verscheucht die Menschen von dir. [5]<br />

In <strong>der</strong> Antike wurde <strong>der</strong> We<strong>in</strong> schließlich e<strong>in</strong> wesentlicher Bestandteil römischer und griechischer Kultur. Beide<br />

Kulturen bedachten ihn mit e<strong>in</strong>er eigenen Gottheit: Bacchus bzw Dionysos. Ebenso sahen die Germanen den Met,<br />

<strong>der</strong> ebenfalls zu den frühesten alkoholischen Getränken gehört, als Geschenk <strong>der</strong> Götter an.<br />

Vermutlich wurde im Gebiet <strong>der</strong> heutigen Türkei um etwa 1000 n. Chr. die Destillation von We<strong>in</strong> zur Herstellung<br />

hochprozentiger Branntwe<strong>in</strong>e entwickelt [4] . So war es möglich, den Spiritus v<strong>in</strong>i (Geist des We<strong>in</strong>es) aus We<strong>in</strong><br />

herzustellen. In Ostasien wurden schon früh We<strong>in</strong>e aus Litschi und Pflaumen hergestellt sowie <strong>der</strong> Sake, e<strong>in</strong> warm<br />

genossener Reiswe<strong>in</strong> (eigentlich gehört Sake aber zu den bierartigen Getränken).<br />

Während des Dreißigjährigen Krieges stieg <strong>in</strong> Mitteleuropa <strong>der</strong> Bedarf an berauschenden Getränken (Verarmung,<br />

Zerrüttung), während das Angebot stagnierte (Ernteausfälle, Rückgang des We<strong>in</strong>baus, Unsicherheit des Transportes).<br />

Mit Branntwe<strong>in</strong> konnte dem am leichtesten begegnet werden. Der Handel, z.T. auch die Produktion <strong>der</strong> Spirituosen<br />

lagen damals oft <strong>in</strong> den Händen von Juden.<br />

Mitte des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts vergrößerte sich mit <strong>der</strong> Neuen Welt die landwirtschaftlich nutzbare Fläche des<br />

Königreichs England um e<strong>in</strong> Vielfaches. Dies führte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Folge zu s<strong>in</strong>kenden Getreidepreisen und e<strong>in</strong>er damit<br />

verbundenen Verarmung <strong>der</strong> Unterschicht. Die Überproduktion an Getreide wurde zum Teil zur Herstellung von G<strong>in</strong><br />

genutzt, <strong>der</strong> <strong>in</strong> den Armenvierteln des Mutterlandes dankbare Abnehmer fand. Zeitweise kostete e<strong>in</strong>e Kalorie G<strong>in</strong><br />

weniger als e<strong>in</strong>e Kalorie Brot [7] . In <strong>der</strong> Folge entwickelte sich die G<strong>in</strong>-Krise, welche die damalige Regierung erst<br />

durch e<strong>in</strong>e Reihe von Gesetzen (hohe Steuern auf G<strong>in</strong>, Erschwerung des Handels, Ausgabe von Lizenzen für<br />

Händler, etc.) beenden konnte. Erst aus dieser Zeit f<strong>in</strong>den sich die ersten Schriften, die sich mit Alkoholabhängigkeit<br />

und <strong>der</strong>en Folgeerkrankungen beschäftigen. Ebenso wurde vor diesem H<strong>in</strong>tergrund Alkohol zum ersten Mal als<br />

Ursache für gesellschaftliche Probleme und Fehlentwicklungen verstanden [7] .<br />

Während sich <strong>der</strong> Alkoholkonsum Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts wie<strong>der</strong> verr<strong>in</strong>gerte, begann mit <strong>der</strong> Industrialisierung<br />

wie<strong>der</strong>um e<strong>in</strong>e Zeit, <strong>in</strong> <strong>der</strong> sehr billiger Alkohol auf breite verarmte Bevölkerungsschichten traf. Die <strong>in</strong>dustrielle<br />

Produktion und die, vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg e<strong>in</strong>setzende, massive Vermarktung <strong>der</strong> alkoholischen<br />

Getränke führten zu e<strong>in</strong>em großen Überangebot <strong>in</strong> <strong>der</strong> 1. und 2. Welt. So wurden die Frauen und seit kurzem die<br />

Jugendlichen zu Zielgruppen <strong>der</strong> Nachfrage- und Absatzför<strong>der</strong>ung. Inzwischen zählt man die alkoholbed<strong>in</strong>gten<br />

Schäden zu den Zivilisationskrankheiten.<br />

Siehe auch Tr<strong>in</strong>kkultur <strong>in</strong> Europa und Alkoholmissbrauch

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!