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Drei Kameraden

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Ferdinand und ich saßen noch eine Weile allein im Atelier.»Sechs Wochen brauchst du dazu?« fragte ich.»Ach wo. Vier, fünf Tage; das kann ich dem aber dochnicht sagen, sonst rechnet er aus, was ich pro Stundeverdiene, und fühlt sich betrogen. Bei sechs Wochen ist erzufrieden. Ebenso wie bei der Prinzessin Borghese. Das istdie menschliche Natur, lieber Robby. Würde ich ihm sagen,es sei ein Nähmädchen, so wäre ihm sein Bild weniger wert.Es ist übrigens das sechstemal, daß verstorbene Frauen dengleichen Schmuck gehabt haben wie drüben auf dem Bild. Sospielt der Zufall. Ein fabelhaft anregendes Reklamestück, dasPorträt der guten Luise Wolff.«Ich sah mich um. Von den Wänden starrten ausunbeweglichen Gesichtern Augen herab, die längst im Grabemoderten. Es waren Bilder, die von den Angehörigen nichtabgenommen oder nicht bezahlt worden waren. AllesMenschen, die einmal gehofft und geatmet hatten. »Machtdich das hier nicht allmählich melancholisch, Ferdinand?«Er zuckte die Achseln. »Nein, höchstens zynisch.Melancholisch wird man, wenn man über das Lebennachdenkt – zynisch, wenn man sieht, wie die meisten damitfertig werden.«»Na, bei manchen geht's doch auch tiefer...«»Gewiß. Aber die lassen keine Bilder malen.«Er stand auf. »Ist auch ganz gut so, Robby, daß sie immernoch ihren wichtigen Kleinkram haben, der sie hält undschützt. Alleinsein – richtig Alleinsein, ohne jede Illusion –,das kommt kurz vor Wahnsinn und Selbstmord.«Der große kahle Raum schwamm im halben Dämmerlicht.Nebenan hörte man leise Schritte hin und her gehen. Es wardie Haushälterin. Sie ließ sich nie sehen, wenn einer von uns-176-

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