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Drei Kameraden

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Er ging zum Grammophon. Die Nadel kratzte, undmachtvoll erhob sich ein Männerchor, der mit gewaltigenStimmen das »Schweigen im Walde« sang. Es war einverflucht lautes Schweigen.Vom ersten Takt an wurde alles im Lokal still. Alfonskonnte gefährlich werden, wenn jemand keine Andachtzeigte. Er stand an der Theke, die haarigen Armeaufgestützt. Sein Gesicht veränderte sich unter der Machtder Musik. Es wurde träumerisch – so träumerisch, wie ebenein Gorilla werden kann. Chorgesang hatte eineunbeschreibliche Gewalt über ihn. Er wurde dabei sanft wieein Rehkitz. Er konnte mitten in einer Schlägerei sein –wenn ein Männerchor ertönte, ließ er, wie von einemZauberschlag getroffen, los, horchte und war bereit zurVersöhnung. Früher, als er noch jähzorniger war, hatte seineFrau immer Platten spielfertig liegen, die er besonders liebte.Wenn es dann gefährlich wurde und er schon mit demHammer hinter der Theke hervorkam, setzte sie rasch dieNadel an – und Alfons ließ den Hammer sinken, lauschteund wurde ruhig. Inzwischen war das nicht mehr so nötig –die Frau war tot, ihr Bild, ein Geschenk Ferdinand Graus,der dafür hier Freitisch hatte, hing über der Theke –, undauch Alfons war älter und kälter geworden.Die Platte lief aus. Alfons kam heran.»Wunderbar«, sagte ich.»Besonders der erste Tenor«, ergänzte Patrice Hollmann.»Richtig«, meinte Alfons und wurde zum erstenmallebhafter, »Sie verstehen was davon! Der erste Tenor istganz große Klasse.«Wir verabschiedeten uns von ihm. »Grüßt Gottfried«,sagte er. »Soll sich mal wieder sehen lassen.«-95-

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