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Drucksache 12/7600 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode
dieser im Haus der Elektroindustrie untergebracht,
wo auch die HA XVIII/8 ihren Sitz hatte. Aus Gründen
der Verschleierung schloß der HB 4 auch Verträge
im Namen des AHB Elektronik Export-Import ab.
Tatsächlich bestand ein Unterstellungsverhältnis des
HB 4 aber nur gegenüber dem Bereich Kommerzielle
Koordinierung.
Neben dem HB 4 waren die Speziellen Beschaffungsorgane
(SBO), bei denen es sich um Diensteinheiten
der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) handelte,
mit der Beschaffung von Embargowaren befaßt. Die
Entscheidung darüber, durch welche sog. Beschaffungslinie
die Importe durchgeführt werden sollten,
wurde in einer Koordinierungsgruppe im Ministerium
für Elektrotechnik und Elektronik getroffen. Die Finanzierung
der Beschaffungen übernahm dann der
Bereich Kommerzielle Koordinierung. Mitglieder der
Koordinierungsgruppe waren der Staatssekretär im
Ministerium für Elektrotechnik und Elektronik, Karl
Nendel, der Vertreter des Bereichs Kommerzielle Koordinierung,
Siegfried Stöckert, Ronneberger und
Zahn. Zwischen Zahn und dem Bereich Kommerzielle
Koordinierung bestanden zwar sehr enge Verflechtungen,
aber kein eindeutiges Unterstellungsverhältnis.
Zahn, der offiziell stellvertretender Generaldirektor
des VEB Kombinat Mikroelektronik war, trat als Vertreter
der SBO auf und nahm eine Vermittlerposition
zwischen den SBO, dem Bereich Kommerzielle Koordinierung
und dem Ministerium für Elektrotechnik
und Elektronik ein. Er trug zwar die Verantwortung
für die Erfüllung und Finanzierung der den SBO zugewiesenen
Aufträge, war jedoch nur selten über Einzelheiten
der Beschaffung oder beteiligte ausländische
Lieferanten informiert. Hierfür lag die Verantwortung
ausschließlich bei der Abteilung Sektor Wissenschaft
und Technik (SWT) der HVA. Über diese
Koordinierungsfunktion hinaus wickelte Zahn auch
in eigener Verantwortung Embargogeschäfte, u.a.
auch im Auftrag der AG Baude des Bereichs Kommerzielle
Koordinierung, ab. Zur Tarnung seiner Aktivitäten
handelte Zahn seit ca. Mitte der 60er Jahre zum
Großteil im Namen des Unternehmens Günther Forgber.
Die HA XVIII/8 war sowohl für die Sicherung und
Überwachung Zahns und des HB 4, als auch für deren
Beratung bei Beschaffungsaufträgen zuständig. U.a.
vermittelte sie Kontakte zu möglichen Embargolieferanten,
sicherte „Bezugslinien" und einzelne Embargogeschäfte
ab und stellte Kontakte zur HVA und den
SBO her.
Zahn und alle leitenden Mitarbeiter des HB 4 wurden
von der HA XVIII/8 als Inoffizielle Mitarbeiter geführt.
Von Wenzel persönlich wurden Gerhardt Ronneberger
alias IMS „Saale" und Wolfram Zahn alias
IMS „Rolf" angeleitet. Außerdem waren u.a. die Kontordirektoren
des HB 4 Siegfried Schürer alias IMS
„Burmeester", Günter Gath alias IMS „Hans" und
Dietrich Kupfer alias IMS „Messing" für die HA
XVIII/8 des MfS tätig. Bei der Stellvertreterin Ronnebergers,
Anne Streicher, ist eine IM-Tätigkeit nicht
nachgewiesen, aber sehr wahrscheinlich.
Die Inoffiziellen Mitarbeiter wurden von der HA
XVIII/8 gezielt beruflich gefördert und plaziert. Dies
traf eindeutig für Ronneberger und Zahn, mit großer
Wahrscheinlichkeit aber auch für alle anderen genannten
Inoffiziellen Mitarbeiter zu. Ronneberger
wurde bereits 1965 durch Wenzel schriftlich zur Zusammenarbeit
mit dem MfS verpflichtet. Die Zusammenarbeit
dauerte bis Ende 1989. Obwohl Ronneberger
auch Kontakte zu anderen Mitarbeitern der HA
XVIII/8 hatte, lag die Gesamtbetreuung bis zum Ende
in den Händen von Wenzel. Ronneberger war zum
Zeitpunkt seiner Werbung Leiter des Bereichs Elektronische
Bauelemente im AHB Heim-Electric und bereits
damals mit dem Import von Embargowaren befaßt.
Auf Empfehlung Wenzels nahm er in der Folge
nacheinander die Positionen des Abteilungsleiters im
Direktionsbereich Anlagenimport in der Vereinigung
Volkseigener Betriebe (VVB) Bauelemente und Vakuumtechnik,
des Generaldirektors des AHB Carl
Zeiss Jena im Kombinat VEB Carl Zeiss Jena, des Generaldirektors
des AHB Elektronik Export-Import sowie
des stellvertretenden Generaldirektors dieses Unternehmens
ein. Nach der vorübergehenden Verhaftung
Ronnebergers in der Bundesrepublik Deutschland
1982 wegen Verdachts der geheimdienstlichen
Tätigkeit entstanden Zweifel an seiner Zuverlässigkeit.
Es existieren Hinweise darauf, daß dem Einsatz
Ronnebergers als Leiter des HB 4 aus diesem Grund
von seiten des MfS ein gewisser Widerstand entgegengesetzt
wurde und daß deshalb Anne Streicher
gezielt als Nachfolgerin Ronnebergers durch die HA
XVIII/8 vorbereitet wurde.
Zahn wurde, wie Ronneberger, ebenfalls bereits 1965
schriftlich durch Wenzel zur Zusammenarbeit mit der
HA XVIII/8 verpflichtet und durch diesen bis Ende
1989 geführt. Zahn war 1965 mit dem Aufbau des Direktionsbereichs
Anlagenimport in der VVB Bauelemente
und Vakuumtechnik beauftragt worden, bei
dem von 1966 bis 1972 auch Ronneberger arbeitete.
Einer „Einschätzung" von Zahn durch die HA XVIII/8
vom 29. März 1977 zufolge erfolgten sowohl sein Einsatz
als Direktor des Direktionsbereichs als auch seine
Berufung als stellvertretender Generaldirektor des
Kombinats Mikroelektronik 1976 ausschließlich aus
sog. operativer Sicht (Dokument-Nr. 45). Laut Aussage
von Zahn vor dem Bundeskriminalamt am 28. November
1991 ging auch sein Einsatz als Vertrauensperson
der sog. SBO mit großer Wahrscheinlichkeit
auf eine Initiative des MfS zurück. Durch seine offizielle
Stellung als Generaldirektor war es „glaubhaft
möglich, dem illegalen Importgeschäft einen seriösen
Anstrich zu geben und somit abzudecken. " In Folge
der Verhaftung Ronnebergers waren Zahn Reisen in
das „NSW" durch die HA XVIII/8 ab 1982 untersagt
worden. Zu seiner eigenen Sicherheit wurde er darüber
hinaus ab ca. 1987 als Gesellschaftlicher Mitarbeiter
für Sicherheit (GMS) geführt und seine MfS-
Akte als sog. gesperrte Ablage eingestuft. Die Zusammenarbeit
mit der HA XVIII/8 wurde aber auf offizieller
Ebene fortgesetzt (Dokument-Nr. 46).
Die Zusammenarbeit der HA XVIII/8 mit ihren Inoffiziellen
Mitarbeitern ging über die reine Abwehr- und
sog. Kaderarbeit in den meisten Fällen weit hinaus.
Die Inoffiziellen Mitarbeiter waren zwar in erster Linie
verpflichtet, Berichte über Personenkontakte,