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Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

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Drucksache 12/7600 <strong>Deutscher</strong> B<strong>und</strong>estag —12. Wahlperio<strong>de</strong><br />

zungen <strong>de</strong>r Arbeitsgruppe informiert wur<strong>de</strong>, gab es<br />

auf <strong>de</strong>r Ebene <strong>de</strong>s Ministerrats keine erkennbaren Reaktionen<br />

auf die am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r 80er Jahre bedrohlich<br />

anwachsen<strong>de</strong> Gefahr <strong>de</strong>r Zahlungsunfähigkeit <strong>de</strong>r<br />

DDR. Vielmehr brachten Dr. Schalck-Golodkowski<br />

<strong>und</strong> die stellvertreten<strong>de</strong> Ministerin <strong>de</strong>r Finanzen, Dr.<br />

Herta König, in einem Schreiben vom 16. Oktober<br />

1987 an Dr. Mittag ihre Überlegungen zur bedrohlichen<br />

Finanzlage zum Ausdruck. Ebenso richtete <strong>de</strong>r<br />

Leiter <strong>de</strong>r Staatlichen Plankommission <strong>und</strong> Arbeitsgruppe<br />

Zahlungsbilanz, Gerhard Schürer, am 24.<br />

April 1988 einen persönlichen B rief an <strong>de</strong>n SED-Generalsekretär<br />

Honecker zur gleichen Thematik, verzichtete<br />

aber auf das Einbringen einer entsprechen<strong>de</strong>n<br />

Vorlage im Politbüro <strong>de</strong>r SED o<strong>de</strong>r im Ministerrat.<br />

Trotz dringen<strong>de</strong>n Handlungsbedarfs wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Ministerrat<br />

nicht zur offenen Aussprache, noch weniger<br />

zur kontroversen Diskussion genutzt.<br />

Auch wenn die Archivbestän<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Ministerrats <strong>de</strong>r<br />

DDR beim B<strong>und</strong>esarchiv vom Untersuchungsausschuß<br />

nicht vollständig ausgewertet wer<strong>de</strong>n konnten,<br />

lassen sich doch anhand einiger zentraler Beschlüsse<br />

<strong>und</strong> Verfügungen wesentliche Entwicklungsstufen<br />

<strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle Koordinierung nachvollziehen.<br />

In ihnen erscheinen <strong>de</strong>r Ministerrat bzw. <strong>de</strong>ssen<br />

Vorsitzen<strong>de</strong> als Auftraggeber für <strong>de</strong>n Bereich<br />

Kommerzielle Koordinierung. Der Ministerrat <strong>de</strong>r<br />

DDR vergab diese Aufgaben an <strong>de</strong>n Bereich Kommerzielle<br />

Koordinierung jedoch in <strong>de</strong>r Regel in Vollzug<br />

entsprechen<strong>de</strong>r Beschlüsse <strong>de</strong>s Politbüros <strong>de</strong>r SED.<br />

Dabei stand die Aufgabe <strong>de</strong>r Erwirtschaftung zusätzlicher<br />

Devisen im Mittelpunkt.<br />

Die Wechselbeziehung von Partei- <strong>und</strong> Ministerratsbeschlüssen<br />

charakterisierte die stellvertreten<strong>de</strong> Ministerin<br />

<strong>de</strong>r Finanzen, Dr. Herta König, vor <strong>de</strong>m Untersuchungsausschuß:<br />

„Es war ja Fakt in <strong>de</strong>r ehemaligen<br />

DDR, daß Parteibeschlüsse gleichgesetzt wur<strong>de</strong>n<br />

mit Ministerratsbeschlüssen. Ich kenne auch Beschlüsse,<br />

die gar nicht in <strong>de</strong>n Ministerrat gegangen<br />

sind. Wenn man dann hinterher nachgeschaut hat, ob<br />

die auch im Ministerrat entwe<strong>de</strong>r in verkürzter Form<br />

gegangen waren - - Dieses Recht hat sich die Partei<br />

genommen. " (63. Sitzung, Protokoll S. 261)<br />

Wie<strong>de</strong>rholt stellte <strong>de</strong>r Ministerrat <strong>de</strong>m Bereich Kommerzielle<br />

Koordinierung Bestän<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Staatsreserve<br />

zur Verfügung (vgl. Erster Teilbericht, BT-Drucksache<br />

12/3462, Dokument-Nr. 172, S. 1338 <strong>und</strong> Dokument-<br />

Nr. 173, S. 1340).<br />

Vor allem wur<strong>de</strong>n auch Beschaffungsprogramme in<br />

Auftrag gegeben. Diese reichten vom Import von<br />

Oberbekleidung für die Exquisit-Versorgung (vgl. Erster<br />

Teilbericht, BT-Drucksache 12/3462, Dokument-<br />

Nr. 59, S. 475) o<strong>de</strong>r die Anschaffung von Anlagen „zur<br />

Sicherung <strong>de</strong>s Farbfernsehprogramms" (Erster Teilbericht,<br />

BT-Drucksache 12/3462, Dokument-Nr. 33,<br />

S. 358) bis hin zur Durchführung von Baumaßnahmen<br />

wie die Durchführung eines „Hotelimportes" aus Japan<br />

(vgl. Erster Teilbericht, BT-Drucksache 12/3462,<br />

Dokument-Nr. 102, S. 722), <strong>de</strong>m Bau <strong>de</strong>s Internationalen<br />

Han<strong>de</strong>lszentrums (vgl. Erster Teilbericht, BT-<br />

Drucksache 12/3462, Dokument-Nr. 64, S. 488) o<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>r Umgestaltung <strong>de</strong>s Berliner Doms (vgl. Erster Teilbericht,<br />

BT-Drucksache 12/3462, Dokument-Nr. 57,<br />

S. 469).<br />

Verfügungen <strong>und</strong> Beschlüsse <strong>de</strong>s Ministerrats <strong>de</strong>r<br />

DDR dokumentieren die Mehrzahl <strong>de</strong>r wichtigen<br />

Schwerpunkte <strong>und</strong> Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Arbeit für <strong>de</strong>n<br />

Bereich Kommerzielle Koordinierung. Die Verfügungen<br />

erließ <strong>de</strong>r Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Ministerrats, <strong>de</strong>r gegenüber<br />

<strong>de</strong>n Mitglie<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>s Rats ein Weisungsrecht<br />

besaß. Die Beschlüsse <strong>de</strong>s Ministerrats beinhalteten<br />

im allgemeinen sachlich <strong>und</strong> zeitlich begrenzte Regelungen,<br />

die sich vor allem an staatliche bzw. wirtschaftsleiten<strong>de</strong><br />

Organe richteten <strong>und</strong> daher in <strong>de</strong>r Regel<br />

im Gesetzblatt <strong>de</strong>r DDR nicht veröffentlicht wur<strong>de</strong>n.<br />

Im Bereich Kommerzielle Koordinierung dominierten<br />

formal Verfügungen <strong>de</strong>s Vorsitzen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Ministerrats;<br />

inwieweit ihnen Beschlüsse <strong>de</strong>s Ministerrats<br />

vorangingen, war nicht immer nachvollziehbar.<br />

Die staatliche Gründung <strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle<br />

Koordinierung erfolgte durch die Verfügung Nr. 61/66<br />

<strong>de</strong>s Vorsitzen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Ministerrats, Willi Stoph, vom 1.<br />

April 1966. Damit wur<strong>de</strong>n bereits die für die Folgezeit<br />

entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Arbeitsschwerpunkte für <strong>de</strong>n Bereich<br />

Kommerzielle Koordinierung gesetzt. Der neugeschaffene<br />

Aufgabenbereich wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>m Ministerium<br />

für Außenhan<strong>de</strong>l <strong>und</strong> Inner<strong>de</strong>utschen Han<strong>de</strong>l unterstellt.<br />

Das Ministerium <strong>de</strong>r Finanzen war zur Revision<br />

<strong>de</strong>r Außenhan<strong>de</strong>lsunternehmen berechtigt.<br />

Gemessen an <strong>de</strong>r Son<strong>de</strong>rrolle, welche <strong>de</strong>r Bereich<br />

Kommerzielle Koordinierung am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r SED-Herrschaft<br />

einnahm, waren die hier beschriebenen Funktionen<br />

beschei<strong>de</strong>n. Mit <strong>de</strong>m Ministerratsbeschluß<br />

100/I:3/66 vom 7. Dezember 1966 wur<strong>de</strong> Dr. Schalck-<br />

Golodkowski als Stellvertreter <strong>de</strong>s Ministers für Außenhan<strong>de</strong>l<br />

<strong>und</strong> Inner<strong>de</strong>utschen Han<strong>de</strong>l in sein Amt<br />

eingesetzt.<br />

Die Verfügung Nr. 121/69 <strong>de</strong>s Vorsitzen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Ministerrats<br />

vom 24. Juli 1969 „zur Sicherung <strong>de</strong>r staatlichen<br />

Ordnung <strong>und</strong> <strong>de</strong>s Außenwirtschaftsmonopols"<br />

bestimmte, daß die staatlichen Außenhan<strong>de</strong>lsunternehmen<br />

nur im Rahmen <strong>de</strong>s „lizensierten Planes"<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r „Importwaren-Nomenklatur" Außenhan<strong>de</strong>lsverträge<br />

abschließen durften. Weiter wur<strong>de</strong> verfügt,<br />

daß „Anfragen <strong>und</strong> das Einholen von Angeboten im<br />

sog. Nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet (NSW) in<br />

Abstimmung mit staatlichen Vertreterfirmen <strong>de</strong>r DDR<br />

vorzunehmen [sind]". (Erster Teilbericht, BT-Drucksache<br />

12/3462, Dokument-Nr. 22, S. 123) Gr<strong>und</strong>lage<br />

für die Verfügung zur Neustrukturierung <strong>de</strong>s Vertretermonopols<br />

war laut Aussage Dr. Schalck-Golodkowskis<br />

vor <strong>de</strong>r Staatsanwaltschaft bei <strong>de</strong>m Kammergericht<br />

Berlin vom 10. Juni 1992 eine gemeinsame<br />

Vorlage von ihm <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Minister für Außenhan<strong>de</strong>l<br />

<strong>und</strong> Inner<strong>de</strong>utschen Han<strong>de</strong>l. Ziel sei es gewesen, <strong>de</strong>n<br />

„Import zu straffen <strong>und</strong> im Volumen möglichst zu reduzieren"<br />

<strong>und</strong> „die westlichen Vertreterfirmen möglichst<br />

auszuklammern".<br />

In seiner Dissertation hatte Dr. Schalck-Golodkowski<br />

nachdrücklich die Durchsetzung dieser Verfügung<br />

gefor<strong>de</strong>rt. Die Kontrolle <strong>de</strong>s Importgeschäftes mit<br />

<strong>de</strong>m sog. NSW sollte durch die sog. Vertreterfirma<br />

Transinter GmbH <strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle Koordi-<br />

nierung gewahrt wer<strong>de</strong>n (Erster Teilbericht, BT<br />

Drucksache 12/3462, Dokument-Nr. 22, S. 123). Waltraud<br />

Lisowski hatte bei ihrer Vernehmung durch die<br />

Staatsanwaltschaft bei <strong>de</strong>m Kammergericht Berlin<br />

vom 7. Mai 1991 ausgeführt, daß sich auf <strong>de</strong>m Gebiet<br />

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