09.05.2013 Aufrufe

Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Embargo durch <strong>de</strong>n Sicherheitsrat <strong>de</strong>r Vereinten Nationen<br />

ist oftmals eine letzte Maßnahme, um bei groben<br />

Verstößen gegen die Gr<strong>und</strong>sätze <strong>de</strong>r Charta <strong>de</strong>r<br />

Vereinten Nationen o<strong>de</strong>r Verletzung <strong>de</strong>r Menschenrechte<br />

einen militärischen Einsatz zu vermei<strong>de</strong>n.<br />

9. Sog. Kirchengeschäfte / Häftlingsfreikauf<br />

Die sog. Kirchengeschäfte sind Gegenstand intensiver<br />

Beweiserhebungen durch <strong>de</strong>n Untersuchungsausschuß<br />

gewesen. Durch die Vernehmung einer<br />

Vielzahl von Zeugen ist es gelungen, ein Feld<br />

<strong>de</strong>utsch-<strong>de</strong>utscher Geschichte weitgehend aufzuarbeiten.<br />

Die sog. Kirchengeschäfte entstammen <strong>de</strong>n<br />

Tagen <strong>de</strong>s Kalten Krieges <strong>und</strong> stellen <strong>de</strong>n Versuch<br />

dar, das menschliche Leid <strong>de</strong>r Teilung Deutschlands<br />

zu mil<strong>de</strong>rn. Die sog. Kirchengeschäfte fan<strong>de</strong>n unter<br />

<strong>de</strong>r Maßgabe <strong>de</strong>r „Verschwiegenheit" statt.<br />

Im Bereich <strong>de</strong>r humanitären Bemühungen <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esregierung,<br />

die als sog. Kirchengeschäfte B bezeichnet<br />

wur<strong>de</strong>n, war die Zielsetzung, aus politischen<br />

Grün<strong>de</strong>n inhaftierte Menschen vorzeitig aus ihrer<br />

Haft „freizukaufen" <strong>und</strong> Familien, die durch die Teilung<br />

Deutschlands getrennt wur<strong>de</strong>n, wie<strong>de</strong>r zusammenzuführen.<br />

In <strong>de</strong>r DDR wur<strong>de</strong> die Abwicklung <strong>de</strong>s<br />

Häftlingsfreikaufs unter Kontrolle <strong>de</strong>s MfS durch<br />

Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Vogel wahrgenommen.<br />

Seine völlige Einbindung in das MfS ist erst durch die<br />

Beweiserhebung <strong>de</strong>s Untersuchungsausschusses bekannt<br />

gewor<strong>de</strong>n.<br />

Mit Gründung <strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle Koordinierung<br />

wur<strong>de</strong> die Zuständigkeit für die geschäftsmäßige<br />

Abwicklung <strong>de</strong>r sog. Kirchengeschäfte diesem<br />

übertragen. Von diesem Zeitpunkt an wur<strong>de</strong>n auch<br />

die Hilfsmaßnahmen für die katholische Kirche auf<br />

das bereits längere Zeit für die evangelische Kirche<br />

praktizierte Verfahren <strong>de</strong>s sog. Kirchengeschäftes A,<br />

das Hilfen durch Warenlieferungen vorsah, umgestellt.<br />

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die katholische<br />

Kirche in <strong>de</strong>r DDR über <strong>de</strong>n Umweg Schweiz über<br />

Jahre Unterstützung durch Barmittel erhalten.<br />

Der Bereich Kommerzielle Koordinierung erfüllte im<br />

Rahmen <strong>de</strong>r sog. Kirchengeschäfte eine rein kommerzielle<br />

Aufgabe ohne politische Inhalte durch Umsetzung<br />

von Waren in Devisen.<br />

Durch die Konstruktion <strong>de</strong>r sog. Kirchengeschäfte<br />

war ein ökonomischer Anreiz geschaffen wor<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n<br />

Fortbestand <strong>de</strong>r Kirchen <strong>und</strong> ihrer caritativen Einrichtungen<br />

in <strong>de</strong>r DDR entgegen <strong>de</strong>r eigentlichen Zielsetzung<br />

<strong>de</strong>r Partei- <strong>und</strong> Staatsführung zu sichern.<br />

Der ursprünglich durch die B<strong>und</strong>esregierungen mitverfolgte<br />

Zweck, mittels Warenlieferungen auch spürbare<br />

Verbesserungen in <strong>de</strong>r Lebensqualität <strong>de</strong>r Menschen<br />

in <strong>de</strong>r DDR zu schaffen, konnte nicht erreicht<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Der Bereich Kommerzielle Koordinierung bestimmte,<br />

daß im Rahmen <strong>de</strong>r sog. Kirchengeschäfte meist börsenfähige<br />

Waren von west<strong>de</strong>utschen Unternehmen<br />

geliefert wur<strong>de</strong>n, die bei <strong>de</strong>n sog. Kirchengeschäften<br />

A <strong>und</strong> C durch die Kirchen <strong>und</strong> beim sog. Kirchengeschäft<br />

B durch die B<strong>und</strong>esregierung bezahlt wur<strong>de</strong>n.<br />

Mit <strong>de</strong>n Waren, es han<strong>de</strong>lte sich dabei u.a. um Rohöl,<br />

<strong>Deutscher</strong> B<strong>und</strong>estag — 12. Wahlperio<strong>de</strong> Drucksache 12/7600<br />

Diamanten, Kupfer, Silber <strong>und</strong> Nickel, beteiligte sich<br />

<strong>de</strong>r Bereich an Spekulationsgeschäften an kapitalistischen<br />

Börsen insbeson<strong>de</strong>re in London, wo die Waren<br />

hauptsächlich zum Verkauf angeboten wur<strong>de</strong>n. Da<br />

nach MfS-Unterlagen <strong>de</strong>r AG BKK zu entnehmen ist,<br />

daß auch ehemalige DDR-Bewohner in <strong>de</strong>n Brokergesellschaften<br />

tätig waren, liegt die Vermutung nahe,<br />

daß es sich nach westlichen Normen um sog. Insi<strong>de</strong>rgeschäfte<br />

gehan<strong>de</strong>lt haben könnte.<br />

Die Aussagen von Dr. Schalck-Golodkowski <strong>und</strong> an<strong>de</strong>rer<br />

Zeugen, daß es sich oftmals um Verlustgeschäfte<br />

zu Lasten <strong>de</strong>r DDR gehan<strong>de</strong>lt habe, sind durch<br />

nichts bewiesen. Es kann ebensowenig ausgeschlossen<br />

wer<strong>de</strong>n, daß Insi<strong>de</strong>rgewinne in „Schwarze Kassen"<br />

von Partei <strong>und</strong> MfS gewan<strong>de</strong>rt sind.<br />

10. Deviseneinnahmen aus Erbschaftsfällen<br />

Im <strong>Bericht</strong> <strong>de</strong>s Untersuchungsausschusses ist ausführlich<br />

<strong>de</strong>r Erbschaftsfall Schumann behan<strong>de</strong>lt wor<strong>de</strong>n,<br />

anhand <strong>de</strong>ssen die Vorgehensweise <strong>de</strong>s Bereichs<br />

Kommerzielle Koordinierung <strong>de</strong>utlich wird, unter Einschaltung<br />

<strong>de</strong>s „MfS- <strong>und</strong> KoKo-Vertrauensanwalts"<br />

Manfred Wünsche an west<strong>de</strong>utschen Devisenguthaben<br />

von Erben aus <strong>de</strong>r DDR heranzukommen .<br />

Aus <strong>de</strong>n Ausschußunterlagen sind weitere Erbschaftsfälle<br />

bekanntgewor<strong>de</strong>n, von <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Fall<br />

Grosse-Weische<strong>de</strong> nach Art <strong>und</strong> Umfang <strong>de</strong>s Erbes<br />

herausragt. Zum Nachlaß gehörten u.a. zwölf Häuser<br />

im Raum Düsseldorf.<br />

Auch in dieser Erbschaftsangelegenheit waren die in<br />

<strong>de</strong>r DDR leben<strong>de</strong>n Erben dazu veranlaßt wor<strong>de</strong>n,<br />

Rechtsanwalt Manfred Wünsche Vollmacht zu erteilen.<br />

Trotz Kenntnis <strong>de</strong>r <strong>de</strong>visenrechtlichen Bestimmungen,<br />

vor allem nach <strong>de</strong>m Militärregierungsgesetz<br />

Nr. 53, wonach für Bewohner <strong>de</strong>r DDR hinsichtlich<br />

ihrer im B<strong>und</strong>esgebiet gelegenen Vermögenswerte<br />

eine unter Genehmigungsvorbehalt stehen<strong>de</strong><br />

Verfügungssperre bestand, so daß alle Verfügungen<br />

- soweit keine Genehmigung <strong>de</strong>r Deutschen B<strong>und</strong>esbank<br />

vorlag - verboten waren, for<strong>de</strong>rte Rechtsanwalt<br />

Manfred Wünsche die in <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Deutschland eingesetzte Nachlaßverwalterin auf, zunächst<br />

500.000 DM zugunsten <strong>de</strong>r Erben auf das<br />

Konto Katholisches Kommissariat, Grosse-Weische<strong>de</strong><br />

bei <strong>de</strong>r Bank für Han<strong>de</strong>l <strong>und</strong> Industrie in Berlin<br />

(West) zu überweisen. Diese Überweisung wur<strong>de</strong> jedoch<br />

von <strong>de</strong>r Nachlaßverwalterin, nach<strong>de</strong>m sie sich<br />

über die <strong>de</strong>visenrechtlichen Bestimmungen erk<strong>und</strong>igt<br />

hatte, unter Hinweis auf die Rechtslage abgelehnt.<br />

Des weiteren belegen die Akten in diesem Fall, daß es<br />

zwischen <strong>de</strong>n Erben, <strong>de</strong>ren anwaltlichem Vertreter<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>m Bereich Kommerzielle Koordinierung, vertreten<br />

durch Gerhard Lösch (HA I, Arbeitsgruppe<br />

Sperrkonten), regelrechte Verhandlungen gegeben<br />

hat, wie das in <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland liegen<strong>de</strong><br />

Erbe „für die DDR realisiert" wer<strong>de</strong>n kann.<br />

Dieser Fall macht außer<strong>de</strong>m <strong>de</strong>utlich, daß <strong>de</strong>r Transfer<br />

von Devisenguthaben über „Spen<strong>de</strong>n" an kirchliche<br />

Einrichtungen unter Umgehung <strong>de</strong>r Sperrguthabenvereinbarung<br />

nicht auf das Diakonische Werk beschränkt<br />

war, son<strong>de</strong>rn dieser Abwicklungsmodus

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!