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Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

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Drucksache 12/7600 <strong>Deutscher</strong> B<strong>und</strong>estag —12. Wahlperio<strong>de</strong><br />

fluß auf die Verhandlungsgegenstän<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Deutschland bzw. auf die Umsetzung <strong>de</strong>r<br />

Ergebnisse. Dies stärkte seine Position, um ständig<br />

neue Verhandlungsmandate durch das Politbüro zu<br />

erhalten.<br />

Der neuen Rolle <strong>de</strong>r Regierung Rechnung tragend,<br />

berichtete Dr. Schalck-Golodkowski am 29. November<br />

1989 persönlich <strong>de</strong>m Ministerrat über die mit <strong>de</strong>r<br />

B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland am selben Tag in Bonn<br />

geführten Verhandlungen, noch bevor er im Politbüro<br />

am 1. Dezember 1989 Rechenschaft ablegte.<br />

Dr. Schalck-Golodkowskis Hoffnungen, sich <strong>de</strong>r fo rt<br />

-während verän<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n Situation anpassen zu können,<br />

wur<strong>de</strong>n jedoch ab En<strong>de</strong> November 1989 durch<br />

mehrere Ereignisse erheblich erschüttert.<br />

Ausgangspunkt waren Presseveröffentlichungen, insbeson<strong>de</strong>re<br />

ein Artikel <strong>de</strong>s Nachrichtenmagazins „Der<br />

Spiegel" vom 20. November 1989, die Mißstän<strong>de</strong> in<br />

<strong>de</strong>r DDR auf<strong>de</strong>ckten <strong>und</strong> dabei auch über Dr.<br />

Schalck-Golodkowski <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Bereich Kommerzielle<br />

Koordinierung berichteten. Diese Enthüllungen verursachten<br />

erhebliches Aufsehen in <strong>de</strong>r Öffentlichkeit<br />

<strong>de</strong>r DDR <strong>und</strong> hatten zur Folge, daß Sig rid <strong>und</strong> Dr.<br />

Schalck-Golodkowski mehrfach Morddrohungen erhielten.<br />

Aufgebrachte Bürger stan<strong>de</strong>n vor <strong>de</strong>m Wohnhaus<br />

in <strong>de</strong>r Manetstraße <strong>und</strong> kündigten an, Dr.<br />

Schalck-Golodkowski wer<strong>de</strong> die nächsten Tage nicht<br />

überleben, wenn er nicht sofort aussage.<br />

Des weiteren führte die Offenlegung von Mißstän<strong>de</strong>n<br />

in <strong>de</strong>r DDR zu einem außergewöhnlichen Verlauf <strong>de</strong>r<br />

Volkskammersitzung am 1. Dezember 1989, in <strong>de</strong>r<br />

u. a. verlangt wur<strong>de</strong>, daß Dr. Schalck-Golodkowski<br />

vor <strong>de</strong>m mittlerweile bestehen<strong>de</strong>n Zeitweiligen Ausschuß<br />

<strong>de</strong>r Volkskammer <strong>de</strong>r DDR zur Überprüfung<br />

von Fällen <strong>de</strong>s Amtsmißbrauchs, <strong>de</strong>r Korruption, <strong>de</strong>r<br />

persönlichen Bereicherung <strong>und</strong> an<strong>de</strong>ren Handlungen,<br />

bei <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Verdacht <strong>de</strong>r Gesetzesverletzung<br />

besteht, aussagen solle.<br />

Im Vorfeld hierzu legte Dr. Wolfgang Schwanitz, Minister<br />

<strong>de</strong>s Amtes für Nationale Sicherheit (AfNS -<br />

Nachfolgeinstitution <strong>de</strong>s MfS), Dr. Schalck-Golodkowski<br />

am 26. November 1989 nahe, sich im Falle einer<br />

Befragung durch die Volkskammer auf die Wahrung<br />

von Staatsgeheimnissen zu berufen.<br />

Am 27. November 1989 fand eine „Ka<strong>de</strong>raussprache"<br />

zwischen Generalleutnant Dr. Günter Möller, Leiter<br />

<strong>de</strong>r Hauptabteilung Ka<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Schulung (AfNS) <strong>und</strong><br />

Dr. Schalck-Golodkowski statt. Dabei wur<strong>de</strong>n die Modalitäten<br />

<strong>de</strong>r durch Schwanitz bereits angekündigten<br />

Entlassung aller im Bereich Kommerzielle Koordinierung<br />

tätigen OibE aus <strong>de</strong>m aktiven Dienst besprochen.<br />

Aus einem Vermerk Möllers geht he rvor, daß in diesem<br />

Gespräch <strong>de</strong>r Eindruck entstand, „daß O. Sch. [Oberst<br />

Schalck-Golodkowski] hinsichtlich seiner Verbindung<br />

zum MfS, seiner Vergütung vom MfS als auch zu Detailwissen<br />

'auspacken' wer<strong>de</strong>" (vgl. Erster Teilbericht, BT<br />

Drucksache 12/3462, Dokument-Nr. 223, S. 1663).<br />

In <strong>de</strong>r Volkskammersitzung am 1. Dezember 1989<br />

wur<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Mitglie<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Regierung bohren<strong>de</strong><br />

Fragen über <strong>de</strong>n Bereich Kommerzielle Koordinierung<br />

<strong>und</strong> seinen Leiter gestellt. Dr. Schalck-Golodkowski<br />

mußte erfahren, wie angesichts <strong>de</strong>s Drucks<br />

<strong>de</strong>r Öffentlichkeit selbst jene Minister, die seine Arbeit<br />

gut einschätzen konnten, ihn nicht verteidigten,<br />

son<strong>de</strong>rn Unkenntnis vorschützten bzw. sich von ihm<br />

distanzierten.<br />

Vor allem Dr. Wolfgang Schwanitz stellte sich hinsichtlich<br />

<strong>de</strong>r Vorgänge Wandlitz, IMES <strong>und</strong> Kavelstorf<br />

weitgehend unwissend, obwohl er seinerzeit im MfS<br />

persönlich <strong>de</strong>n Aufbau <strong>de</strong>s Lagers Kavelstorf unterstützt<br />

hatte. Auch Außenhan<strong>de</strong>lsminister Dr. Gerhard<br />

Beil, seit vielen Jahren über Dr. Schalck-Golodkowski<br />

<strong>und</strong> seinen Bereich Kommerzielle Koordinierung informiert,<br />

konnte angeblich wenig über die Tätigkeit<br />

<strong>de</strong>s Bereichs aussagen.<br />

Die Volkskammer for<strong>de</strong> rte daraufhin, daß Dr.<br />

Schalck-Golodkowski vor ihren Ausschuß gela<strong>de</strong>n<br />

wer<strong>de</strong>n solle.<br />

Dr. Schalck-Golodkowski erkannte die Gefahr, daß<br />

sich Regierung <strong>und</strong> SED von ihm distanzieren könnten<br />

<strong>und</strong> seine Frau <strong>und</strong> er das Ziel einer Hetzjagd zu wer<strong>de</strong>n<br />

drohten. Er versuchte ein letztes Mal, seinen Einfluß<br />

geltend zu machen. Noch am selben Tag war Dr.<br />

Schalck-Golodkowski um 22.00 Uhr in die Sitzung <strong>de</strong>s<br />

Politbüros bestellt, um über seine Verhandlungen mit<br />

<strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland zu berichten. Neben<br />

Dr. Modrow waren auch einige Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Regierung<br />

anwesend, die nicht zum Politbüro gehörten.<br />

Dr. Schalck-Golodkowski nutzte die Gelegenheit, seine<br />

Probleme als Leiter <strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle Koordinierung<br />

zu schil<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> um Hilfe zu bitten. Erfand<br />

allgemeine Zustimmung, wegen <strong>de</strong>r Beson<strong>de</strong>rheit seiner<br />

Arbeit nicht in <strong>de</strong>r Öffentlichkeit auftreten zu müssen.<br />

Dr. Modrow verließ die Sitzung, um einen Termin<br />

mit <strong>de</strong>n Vorsitzen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Volkskammer-Parteien für<br />

<strong>de</strong>n nächsten Tag zu verabre<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>m abgeklärt wer<strong>de</strong>n<br />

sollte, ob Dr. Schalck-Golodkowskis Auftreten vor<br />

<strong>de</strong>m Volkskammer-Ausschuß zu vermei<strong>de</strong>n sei.<br />

Dr. Modrows Initiative <strong>und</strong> die weitere Zusage <strong>de</strong>s Politbüros,<br />

seiner Frau <strong>und</strong> ihm wegen <strong>de</strong>r Morddrohungen<br />

Polizeischutz zu gewähren, ließen Dr. Schalck-<br />

Golodkowski neue Hoffnung schöpfen.<br />

Nach seiner Rückkehr berichtete ihm seine Frau von<br />

einer weiteren Morddrohung. Während seiner Abwesenheit<br />

war ihr angekündigt wor<strong>de</strong>n, daß ihr Mann<br />

die Verhaftung durch die Staatssicherheit aufgr<strong>und</strong><br />

eines „Unfalls" nicht überleben wer<strong>de</strong>. Später fuhren<br />

dann vor ihrem Haus Wagen <strong>de</strong>r Volkspolizei auf.<br />

Diese Maßnahme sah Dr. Schalck-Golodkowski als<br />

die Gewährung <strong>de</strong>s zugesagten Polizeischutzes an.<br />

Da das Politbüro in <strong>de</strong>r Sitzung vom 1. Dezember 1989<br />

Dr. Schalck-Golodkowskis Mandat für weitere Verhandlungen<br />

mit <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esregierung bestätigt hatte,<br />

trat er am 2. Dezember eine Reise in die B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Deutschland an. Ungewöhnlich war die Mitnahme<br />

seiner Frau, die ihn erstmals bei einer Verhandlungsreise<br />

in die B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland<br />

begleitete. Dr. Schalck-Golodkowski hat hierzu vor<br />

<strong>de</strong>m Untersuchungsausschuß eingeräumt, daß er sich<br />

bei Antritt <strong>de</strong>r Reise nicht sicher war, ob er in die DDR<br />

zurückkehren solle.<br />

Darüber hinaus wollte seine Frau nicht allein zu<br />

Hause bleiben, weil „Handlungen" am Wohnhaus in<br />

<strong>de</strong>r Manetstraße angekündigt waren. Schließlich be-

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