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Drucksache 12/7600 Deutscher Bundestag —12. Wahlperiode
Unternehmens Paul Wiethoff GmbH & Co. KG in Berlin
(West) zeigt, selber maßgeblich beteiligt (Dokument-Nr.
136-137).
Für die Ergänzung der Liste wurden ausführliche
Dossiers gefertigt. Am Beispiel von Unternehmen und
Personen, die durch das Unternehmen des Bereichs
Kommerzielle Koordinierung forum HGmbH vorgeschlagen
wurden, wird deutlich, daß deren Eignung
für Vermögenssicherung und die Beteiligung an
Geldtransaktionen und außergesetzlichen Geschäftsoperationen
geprüft wurde (Dokument-Nr. 138).
Nach ihrer Fertigstellung wurden die Listen an die
AG BKK weitergeleitet.
Sowohl der Leiter der AG BKK, Wolfram Meinel, als
auch Dr. Schalck-Golodkowski stritten ab, daß es das
Ziel gewesen sei, die in den Listen enthaltenen Firmen
und Personen nachrichtendienstlich abzuschöpfen.
Dennoch waren mehrere der dort aufgeführten
Personen eindeutig für die HVA tätig. Es handelte
sich dabei z.B. um den früheren Prokuristen des Unternehmens
Bosse in Bad Honnef und späteren Geschäftsführer
der Firmen Unischiff und Lüdex in Hamburg,
Peter Lüdemann alias KP „Kaufmann", und um
den Münchener Kaufmann Dr. Roman Hummelt, der
unter dem Decknamen „Ingolf" allerdings ohne sein
Wissen vom Mitarbeiter des SWT der HVA, Peter
Großmann, geführt wurde.
Führungsoffizier von Lüdemann und zugleich stellvertretender
Generaldirektor der forum HGmbH war der
hauptamtliche Mitarbeiter des MfS, Horst Steinert. In
einem Vermerk vom 7. Juni 1985 hat Steinert u.a. festgehalten,
daß mit dem Unternehmen Lüdex seit Jahren
beim Reexpo rt von Zigaretten zusammengearbeitet
worden sei, Lüdemann bereit sei, auch unter besonderen
Bedingungen Leistungen für die forum HGmbH
zu erbringen und die Möglichkeit bestehe, über Lüdemann
bereits jetzt Fremd-Konten im Ausland einzurichten
und besondere Kontakt-Varianten für den
Ernstfall zu vereinbaren (Dokument-Nr. 139).
Ob die HVA diese Personen von der AG BKK aufgrund
der oben genannten Listen erhielt oder ob bereits im
Vorfeld eine Zusammenarbeit mit diesen Personen bestand,
konnte der Untersuchungsausschuß nicht klären.
Sicher ist jedoch, daß die AG BKK in zahlreichen
Fällen Informationen zur nachrichtendienstlichen
Verarbeitung an die HVA weiterleitete. Dem Untersuchungsausschuß
liegen diesbezüglich z.B. Informationen
über die politische Lage im Iran und der VR Mocambique,
das System der Grenzabfertigung in Italien,
Geschäftsverbindungen des Unternehmens Interport,
die Situation politischer Parteien und den Ausgang
von Landtagswahlen in der Bundesrepublik
Deutschland vor (Dokument-Nr. 140-143).
Weitere auf den genannten Listen erscheinende Personen
führte die fast ausschließlich nachrichtendienstlich
arbeitende HA XVIII/8 des MfS, die an anderer
Stelle bereits ausführlich behandelt wurde. Es handelte
sich dabei u.a. um den Leiter des Unternehmens
Cerdip, Jürgen Potera, und den Geschäftsführer des
Unternehmens Caramant, Manfred Hardt (Deckname
„Kontra"). Laut Aussage des ehemaligen Leiters der
HA XVIII, Alfred Kleine, bei dem Generalbundesanwalt
hatte die HA XVIII insgesamt etwa 15 agenturi
sche Mitarbeiter im Westen, die vor allem bei der Beschaffung
von Embargowaren mitwirkten. Neben der
Führung eigener Agenten im westlichen Ausland leitete
die HA XVIII auch Informationen an die HVA weiter
(Dokument-Nr. 144). Möglicherweise vermittelte
sie der HVA darüber hinaus auch Embargohändler.
Ob der Bereich Kommerzielle Koordinierung bzw. Dr.
Schalck-Golodkowski in jedem Fall über die Zusammenarbeit
von Mitarbeitern oder Geschäftspartnern
des Bereichs mit nachrichtendienstlich operierenden
Einheiten des MfS informiert war, konnte der Untersuchungsausschuß
nicht klären. Die Darstellung Dr.
Schalck-Golodkowskis, er habe sich und seinen Bereich
von jeder nachrichtendienstlichen Tätigkeit
streng abgegrenzt, erscheint jedoch ebensowenig
glaubhaft.
e) Kooperation mit ausgewählten MfS-Abteilungen
Der Bereich Kommerzielle Koordinierung war auf
eine enge Zusammenarbeit mit verschiedenen Abteilungen
und Gliederungen des Ministeriums für
Staatssicherheit angewiesen, ohne deren massive Unterstützung
er seinen von Partei, Staat und Staatssicherheit
bestimmten wirtschaftlichen und politischen
Aufgaben niemals hätte nachkommen können.
Gleichzeitig war der Bereich Kommerzielle Koordinierung
durch Befehle des Ministers für Staatssicherheit,
Mielke, zur Unterstützung des MfS verpflichtet. Die
„Nutzung der Möglichkeiten des Bereichs für die Lösung
politisch-operativer Aufgaben" des MfS war
zentraler Bestandteil der Aufgabenstellung des Bereichs
Kommerzielle Koordinierung. In der Gewährleistung
dieser Aufgabe war -der
Leiter des Bereichs,
Dr. Schalck-Golodkowski, dem Minister für Staatssicherheit,
Erich Mielke, „direkt unterstellt und persönlich
rechenschaftspflichtig", wie Mielke es in seinen
Befehlen Nr. 14/83 und Nr. 12/88 vom September
1983 bzw. Juni 1988 formulierte. (Vgl. Erster Teilbericht,
BT-Drucksache 12/3462, Dokument-Nr. 146,
S. 1104 hier S. 1114). Im Befehl Nr. 12/88 ist ausdrücklich
von „Unterstützung" des MfS die Rede (vgl. Erster
Teilbericht, BT-Drucksache 12/3462, Dokument-
Nr. 196, S.1476, hier S.1490).
Die Unterstützung, die der Bereich Kommerzielle Koordinierung
dem Ministerium für Staatssicherheit zukommen
ließ, war vielfältig und diente nicht nur nachrichtendienstlichen
Zwecken. Sie reichte von der Beschaffung
und Finanzierung von Embargo- und Westwaren
aller Art, über die Zurverfügungstellung der logistischen
Möglichkeiten des Bereichs für die operativen
Aufgaben des MfS bis hin zur Erfüllung von Einzelwünschen
des Ministers für Staatssicherheit, Mielke.
Die Abhängigkeit des Bereichs Kommerzielle Koordinierung
vom MfS einerseits und die Unterstützungsleistungen
des Bereichs für das MfS andererseits hatten
zahlreiche Kontakte und Beziehungen des Bereichs
zu den unterschiedlichen Abteilungen und Einheiten
des Ministeriums für Staatssicherheit zur Folge.
Diese Kontakte und Beziehungen lassen, wie die
Beweiserhebung durch den Untersuchungsausschuß
ergab, keinen Zweifel an der Verflechtung des Bereichs
Kommerzielle Koordinierung und des Ministeriums
für Staatssicherheit.