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Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

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Seit ihrer Gründung im Jahr 1956 war die Genex Geschenkdienst<br />

GmbH mit Sitz in Berlin (Ost) für viele<br />

Menschen in <strong>de</strong>r DDR eine <strong>de</strong>r wenigen Möglichkeiten,<br />

Waren zu erhalten, an <strong>de</strong>nen es in <strong>de</strong>r DDR fehlte<br />

o<strong>de</strong>r die in <strong>de</strong>r DDR nicht ohne weiteres erhältlich waren.<br />

Aus <strong>de</strong>m wirtschaftlichen Mangel, mit <strong>de</strong>m die<br />

Menschen in <strong>de</strong>r DDR leben mußten, zogen die Genex<br />

Geschenkdienst GmbH <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Bereich Kornmerzielle<br />

Koordinierung Nutzen in Form von jährlichen<br />

Deviseneinnahmen in zweistelliger Millionenhöhe.<br />

1. Gründung <strong>und</strong> Geschäftsabwicklung<br />

Die Genex Geschenkdienst GmbH war eine Gründung<br />

<strong>de</strong>r SED. Für sie hielten treuhän<strong>de</strong>risch als<br />

Gesellschafter Heinz Wil<strong>de</strong>nhain <strong>und</strong> Karl-Heinz<br />

Rommler je zur Hälfte die Geschäftsanteile. Geschäftszweck<br />

war <strong>de</strong>r Versand von Geschenksendungen<br />

aus <strong>de</strong>m Westen in die DDR gegen Bezahlung<br />

in Devisen.<br />

Die Abwicklung <strong>de</strong>r Geschäfte zugunsten <strong>de</strong>r Einwohner<br />

in <strong>de</strong>r DDR erfolgte auf <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>lage von<br />

Barzahlungen o<strong>de</strong>r Überweisungen aus <strong>de</strong>m Westen.<br />

Auf diese Weise erlangte die DDR konvertierbare<br />

Währung aus privater Herkunft. Da das Auftragssystem<br />

mit Vorauskasse verb<strong>und</strong>en war, stand <strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong><br />

Valutabetrag für die DDR früher zur Verfügung,<br />

als die Warenlieferungen durch die Genex<br />

Geschenkdienst GmbH in <strong>de</strong>r DDR erfolgten. Der<br />

Verkauf von DDR-Produkten gegen Devisen ließ sich<br />

zu höheren Preisen vornehmen, als die Außenhan<strong>de</strong>lsbetriebe<br />

für die gleiche Ware im Export erzielten<br />

(Dokument-Nr. 538). Die Genex Geschenkdienst<br />

GmbH führte auch DDR-Produkte, die gegen Devisen<br />

im Westen nicht absetzbar waren, im Sortiment. Daher<br />

ergaben sich aus <strong>de</strong>r Geschäftstätigkeit <strong>de</strong>s Geschenkdienstes<br />

Deviseneinnahmen, die sonst nicht<br />

erzielbar gewesen wären.<br />

Die Genex Geschenkdienst GmbH durfte keine<br />

Agentur im Bereich <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland<br />

unterhalten <strong>und</strong> auch keine Werbung betreiben.<br />

Diese Regelung war bis Oktober 1988 gültig. Die Genex<br />

Geschenkdienst GmbH hatte sich mit zwei westlichen<br />

Vertretergesellschaften, die im Ost-Han<strong>de</strong>l tätig<br />

waren, zusammengeschlossen, um die eigenen<br />

Aufträge erfüllen zu können: Jauerfood AG in Kopenhagen<br />

<strong>und</strong> Palatinus GmbH in Zürich. Für die Akquisition<br />

erhielten die bei<strong>de</strong>n Unternehmen von <strong>de</strong>r Genex<br />

Geschenkdienst GmbH Provisionen, die sich je<br />

nach Warenart zwischen vier <strong>und</strong> acht Prozent bewegten.<br />

Über nach Berlin (Ost) geschickte Auf tragslisten<br />

veranlaßten die Jauerfood AG <strong>und</strong> die Palatinus<br />

GmbH die Auslieferung <strong>de</strong>r Bestellungen über die<br />

Genex Geschenkdienst GmbH in <strong>de</strong>r DDR.<br />

Bei<strong>de</strong> Vermittlungsagenturen unterhielten im B<strong>und</strong>esgebiet<br />

Postscheck- <strong>und</strong> Bankkonten. Die Zahlungen<br />

<strong>de</strong>r Besteller waren genehmigungspflichtig. Die<br />

Deutsche B<strong>und</strong>esbank <strong>und</strong> die Lan<strong>de</strong>szentralbanken<br />

erteilten Einzelgenehmigungen, seit 1965 gab es<br />

Sammelgenehmigungen für Jauerfood <strong>und</strong> seit 1966<br />

auch für Palatinus. Seit Juni 1966 mußte die Einzelbe<br />

<strong>Deutscher</strong> B<strong>und</strong>estag — 12. Wahlperio<strong>de</strong> Drucksache 12/7600<br />

stellung einen Auftragswert von min<strong>de</strong>stens 100 DM<br />

haben.<br />

Die Genex Geschenkdienst GmbH bot jährlich einen<br />

Katalog an, <strong>de</strong>r für Interessenten im Westen bestimmt<br />

war; in die DDR durfte er nicht verbracht wer<strong>de</strong>n. Die<br />

sog. Selbstkäufer konnten ab Mitte <strong>de</strong>r 80er Jahre die<br />

Kataloge bei <strong>de</strong>r Staatsbank <strong>de</strong>r DDR einsehen. Das<br />

Angebot, das jährlich umfangreicher wur<strong>de</strong>, umfaßte<br />

Genußmittel, kosmetische Artikel <strong>und</strong> Unterhaltungselektronik<br />

wie Fernsehgeräte, aber auch Schmuck,<br />

Möbel <strong>und</strong> Fertighäuser. Im Katalog waren hauptsächlich<br />

Waren aus <strong>de</strong>r Gestattungsproduktion enthalten,<br />

d. h. Waren mit genehmigter Herstellung in<br />

<strong>de</strong>r DDR. Die Westprodukte, die ins Warensortiment<br />

aufgenommen waren, waren teurer als die DDR-Produkte.<br />

Als Personenkraftwagen wur<strong>de</strong>n Wartburg,<br />

Trabant, Lada <strong>und</strong> Skoda aus <strong>de</strong>r Ostproduktion <strong>und</strong><br />

VW Golf, BMW, Ford u. a. aus <strong>de</strong>r Westproduktion angeboten.<br />

2. Rolle <strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle<br />

Koordinierung<br />

Die Genex Geschenkdienst GmbH war zwar <strong>de</strong>m ZK<br />

<strong>de</strong>r SED, Abteilung Finanzverwaltung <strong>und</strong> Parteibetriebe,<br />

unterstellt, <strong>de</strong>r Bereich Kommerzielle Koordinierung<br />

jedoch leitete die Genex Geschenkdienst<br />

GmbH seit 1966 wirtschaftlich an. Die Anleitung erfolgte<br />

durch die Hauptabteilung II <strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle<br />

Koordinierung <strong>und</strong> bestand darin, die Abführungspläne<br />

<strong>de</strong>r Genex Geschenkdienst GmbH zu<br />

überwachen <strong>und</strong> umzusetzen.<br />

-<br />

Dr. Schalck-Golodkowski hatte auf <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>lage<br />

<strong>de</strong>r Beschlüsse <strong>de</strong>s Politbüros <strong>und</strong> <strong>de</strong>s Sekretariats<br />

<strong>de</strong>s ZK <strong>de</strong>r SED u. a. die zentrale Leitung <strong>und</strong> Verwaltung<br />

<strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>ren Valutafonds (Intershop, Intertank<br />

<strong>und</strong> Genex Geschenkdienst GmbH) inne (Erster<br />

Teilbericht, BT-Drucksache 12/3462, Dokument-Nr.<br />

100, S. 709). In <strong>de</strong>r Ministerratsverfügung Nr. 166/72<br />

vom 23. November 1972 wur<strong>de</strong>n die Aufgaben <strong>de</strong>s<br />

Bereichs Kommerzielle Koordinierung bezüglich <strong>de</strong>r<br />

Leitung <strong>de</strong>r Genex Geschenkdienst GmbH festgelegt:<br />

Es ging in erster Linie um die Überprüfung <strong>de</strong>r<br />

Valutapläne <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Valutaeinnahmen (vgl. Erster<br />

Teilbericht, BT-Drucksache 12/3462, Dokument-Nr.<br />

36, S. 371).<br />

Gemäß <strong>de</strong>m Ministerratsbeschluß vom 1. November<br />

1972 „Ordnung über die Staats<strong>de</strong>visenreserve" waren<br />

die Gewinnabführungen <strong>de</strong>r Genex Geschenkdienst<br />

GmbH an die sog. operative Staats<strong>de</strong>visenreserve<br />

A zu leisten, d. h. sie mußten Bestandteil <strong>de</strong>r<br />

staatlichen Planzahlungsbilanz sein (Erster Teilbericht,<br />

BT-Drucksache 12/3462, Dokument-Nr. 34,<br />

S. 360).<br />

Dem entsprach die Verfügung <strong>de</strong>s Ministerrats Nr.<br />

33/73 vom 9. März 1973, nach <strong>de</strong>r alle „Gewinne <strong>de</strong>r<br />

Son<strong>de</strong>runternehmen <strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle Koordinierung<br />

<strong>de</strong>s Ministerium für Außenwirtschaft <strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>r Genex" an die operative Staats<strong>de</strong>visenreserve abgeführt<br />

wer<strong>de</strong>n mußten (Erster Teilbericht, BT-Drucksache<br />

12/3462, Dokument-Nr. 43, S. 408).

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