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Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

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Drucksache 12/7600 <strong>Deutscher</strong> B<strong>und</strong>estag —12. Wahlperio<strong>de</strong><br />

Bereichs übertragenen Pflichten zum Schutz <strong>de</strong>s sozialistischen<br />

Eigentums Devisenwerte in Höhe von<br />

über 190 Mio. DM auf Konten in mehrere kapitalistische<br />

Staaten verbracht <strong>und</strong> damit <strong>de</strong>m Staatshaushalt<br />

entzogen zu haben" .<br />

Am 8. Dezember 1989 wies <strong>de</strong>r Nachfolger <strong>de</strong>s inzwischen<br />

abgelösten Generalstaatsanwalts Günter<br />

Wendland, <strong>de</strong>r amtieren<strong>de</strong> Generalstaatsanwalt Dr.<br />

Ham Harrland Ministerpräsi<strong>de</strong>nt Dr. Modrow auf erste<br />

Ermittlungs-Erkenntnisse hin, wonach im Bereich<br />

Kommerzielle Koordinierung <strong>und</strong> in <strong>de</strong>r Staats- <strong>und</strong><br />

Parteiführung gröblichster Mißbrauch betrieben wur<strong>de</strong>.<br />

Dies bezog sich auf Devisen- <strong>und</strong> Unternehmensbesitz<br />

im Ausland, Mißbrauch persönlicher Privilegien,<br />

Außerachtlassung von gesetzlichen Bestimmungen.<br />

Als Hauptverantwortliche wur<strong>de</strong>n die Politbüro-<br />

Mitglie<strong>de</strong>r Dr. Mittag <strong>und</strong> Mielke angesehen.<br />

Generalstaatsanwalt Dr. Harrland nannte in einem<br />

For<strong>de</strong>rungskatalog eine Reihe von einzuleiten<strong>de</strong>n<br />

Maßnahmen:<br />

„ 1. Sofortige Bildung <strong>und</strong> Einsatz einer Regierungskommission<br />

mit außeror<strong>de</strong>ntlichen Befugnissen<br />

zur Koordinierung erfor<strong>de</strong>rlicher Maßnahmen<br />

<strong>und</strong> Entscheidungen. ... neben Vertretern <strong>de</strong>r<br />

Justiz- <strong>und</strong> Sicherheitsorgane kompetente Vertreter<br />

<strong>de</strong>r Ministerien für Finanzen, Außenhan<strong>de</strong>l,<br />

Nationale Verteidigung sowie weitere Kontrollorgane<br />

<strong>de</strong>s Ministerrates ...<br />

2. Sofortige Herauslösung <strong>de</strong>s Untersuchungsorgans<br />

aus <strong>de</strong>m Amt für Nationale Sicherheit <strong>und</strong><br />

direkte Unterstellung unter <strong>de</strong>n Generalstaatsanwalt<br />

<strong>de</strong>r DDR.<br />

3. Zielstrebige Fortsetzung <strong>de</strong>r Bearbeitung <strong>de</strong>r bereits<br />

eingeleiteten Ermittlungsverfahren unter<br />

einheitlicher Führung eines Stellvertreters <strong>de</strong>s<br />

Generalstaatsanwaltes <strong>und</strong> Koordinierung <strong>de</strong>s<br />

Zusammenwirkens aller Untersuchungs- <strong>und</strong><br />

Kontrollorgane.<br />

4. Festlegung <strong>de</strong>r alleinigen Entscheidungsbefugnisse<br />

zur Einleitung von Ermittlungsverfahren<br />

durch <strong>de</strong>n Generalstaatsanwalt auf <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>lage<br />

von Anzeigenprüfungen aller Untersuchungsorgane.<br />

5. Sicherung <strong>de</strong>r abgestimmten, die Untersuchungsprozesse<br />

nicht beeinträchtigen<strong>de</strong>n Informationen<br />

<strong>de</strong>r Öffentlichkeit durch <strong>de</strong>n Generalstaatsanwalt<br />

<strong>und</strong> die Untersuchungs- <strong>und</strong> Kontrollorgane.<br />

6. Zügige Information über die Ermittlungsergebnisse<br />

an <strong>de</strong>n zuständigen Ausschuß <strong>de</strong>r Volkskammer<br />

<strong>de</strong>r DDR. "<br />

Mit Schreiben vom 11. Dezember 1989 beschwerte<br />

sich Generalstaatsanwalt Dr. Harrland bei Ministerpräsi<strong>de</strong>nt<br />

Dr. Modrow über die weitere Behin<strong>de</strong>rung<br />

seiner Ermittlungstätigkeit in <strong>de</strong>r Hauptabteilung I<br />

aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>s Erlasses vom 3. Dezember 1989. Insbeson<strong>de</strong>re<br />

die Vorgänge um die Prominentensiedlung<br />

Wandlitz <strong>und</strong> die gegen die ehemaligen Politbüro-<br />

Mitglie<strong>de</strong>r Honecker, Dr. Mittag <strong>und</strong> Mielke gerichteten<br />

Vorwürfe könnten <strong>de</strong>shalb nicht zügig aufgeklärt<br />

wer<strong>de</strong>n. Dr. Harrland for<strong>de</strong>rte nochmals die Einset-<br />

zung einer Regierungskommission, die sich insbeson<strong>de</strong>re<br />

mit <strong>de</strong>r bisher nicht zugänglichen Hauptabteilung<br />

I befassen <strong>und</strong> die Abläufe öffentlich aufklären<br />

sollte, da selbst Anzeigen aus <strong>de</strong>r Bevölkerung<br />

schleppend - wenn überhaupt - aufgegriffen wür<strong>de</strong>n.<br />

Ein weiteres Problem sei die Versiegelung bzw. die<br />

Beschlagnahme von Geschäftsunterlagen <strong>de</strong>r Unternehmen.<br />

Die Unternehmen wür<strong>de</strong>n nicht im Hinblick<br />

auf Amtsmißbrauch untersucht wer<strong>de</strong>n, könnten aber<br />

auch nicht ihre Geschäftstätigkeit weiterführen o<strong>de</strong>r<br />

aufgelöst wer<strong>de</strong>n. In diesem Zusammenhang sollte -<br />

so Dr. Harrland - auch die weitere Inhaftierung <strong>de</strong>s<br />

Leiters <strong>de</strong>r Hauptabteilung I, Manfred Sei<strong>de</strong>l, überdacht<br />

wer<strong>de</strong>n. Um eine Weiterarbeit in <strong>de</strong>r Hauptabteilung<br />

I zu ermöglichen, ließ Dr. Harrland in Abstimmung<br />

mit <strong>de</strong>m Ministerium <strong>de</strong>r Finanzen die Geschäftsunterlagen<br />

<strong>de</strong>r Abteilung von <strong>de</strong>ren Mitarbeitern<br />

kopieren. Dieser Vorgang wur<strong>de</strong> geheim gehalten<br />

<strong>und</strong> von einem Staatsanwalt beaufsichtigt.<br />

Das am 3. Dezember 1989 gegen Dr. Schalck-Golodkowski<br />

eingeleitete Ermittlungsverfahren betraf zunächst<br />

<strong>de</strong>n Bau <strong>de</strong>r Häuser für Dr. Günter Mittag <strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>ssen Töchter in Schildow mit Valutamitteln <strong>de</strong>s<br />

Staates sowie die Durchführung von Erschließungsarbeiten<br />

für das Wochenendgr<strong>und</strong>stück Dr. Schalck-<br />

Golodkowskis in Gollin auf Kosten <strong>de</strong>s VEB Wasserversorgung<br />

<strong>und</strong> Abwasserbehandlung (WAB) Neubran<strong>de</strong>nburg<br />

(Dokument-Nr. 752).<br />

Am 11. Januar 1990 erging eine Verfügung <strong>de</strong>s Generalstaatsanwalts,<br />

wodurch dieses Ermittlungsverfahren<br />

gegen Dr. Schalck-Golodkowski auf weitere<br />

Sachverhalte ausge<strong>de</strong>hnt wur<strong>de</strong>. Es han<strong>de</strong>lte sich dabei<br />

um unter Einsatz von Valutamitteln <strong>de</strong>s Staates erfolgte<br />

Bauleistungen <strong>und</strong> die Vergabe von Son<strong>de</strong>rbauten,<br />

die Einstellung <strong>und</strong> Bezahlung von Haushalts-<br />

<strong>und</strong> Reinigungskräften durch Unternehmen,<br />

die <strong>de</strong>m Bereich Kommerzielle Koordinierung zugeordnet<br />

waren, <strong>de</strong>r Bau seines Wochenendhauses mit<br />

Valutamitteln <strong>de</strong>s Staates sowie die Herkunft <strong>de</strong>r in<br />

Dr. Schalck-Golodkowskis Wohnung <strong>und</strong> an seinem<br />

Arbeitsplatz gef<strong>und</strong>enen Wertgegenstän<strong>de</strong> wie Bil<strong>de</strong>r,<br />

Meißner Porzellan etc. (Dokument-Nr. 753).<br />

Das gegen Manfred Sei<strong>de</strong>l gerichtete Ermittlungsverfahren<br />

wur<strong>de</strong> geson<strong>de</strong>rt durch die Militärstaatsanwaltschaft<br />

geführt. Staatsanwalt Manfred Jürgen Berthold,<br />

ehemals beschäftigt bei <strong>de</strong>r Generalstaatsanwaltschaft<br />

<strong>de</strong>r DDR, erklärte dies in seiner Zeugenvernehmung<br />

vor <strong>de</strong>r Staatsanwaltschaft bei <strong>de</strong>m<br />

Kammergericht Berlin damit, daß Sei<strong>de</strong>l als Stellvertreter<br />

Dr. Schalck-Golodkowskis <strong>und</strong> Leiter <strong>de</strong>r<br />

Hauptabteilung I nicht zur obersten Staats- <strong>und</strong> Parteiführung<br />

gehört habe <strong>und</strong> daher nicht in die Ermittlungen<br />

<strong>de</strong>r Generalstaatsanwaltschaft einbezogen<br />

wor<strong>de</strong>n sei. Die Zuständigkeit <strong>de</strong>r Militärstaatsanwaltschaft<br />

ergab sich nach Aussage von Staatsanwalt<br />

Berthold daraus, daß diese auch zuständig war für Angehörige<br />

<strong>de</strong>s Ministeriums für Staatssicherheit (MfS)<br />

<strong>und</strong> die Hauptabteilung I in diesem Sinne als Teil <strong>de</strong>s<br />

MfS begriffen wur<strong>de</strong>. Die Behör<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Militärstaatsanwalts<br />

wur<strong>de</strong> im Laufe <strong>de</strong>s Jahres 1990 schrittweise<br />

aufgelöst, die Mitarbeiter in <strong>de</strong>n Apparat <strong>de</strong>s Generalstaatsanwalts<br />

<strong>de</strong>r DDR sowie die nachgeordneten<br />

Behör<strong>de</strong>n übernommen. Damit fiel auch das Verfahren<br />

gegen Sei<strong>de</strong>l <strong>de</strong>m Generalstaatsanwalt zu.

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