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Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

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Schalck-Golodkowski, in <strong>de</strong>m er ihm ankündigte, daß<br />

die Eigenständigkeit <strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle Koordinierung<br />

been<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n sollte. Dr. Schalck-Golodkowski<br />

wi<strong>de</strong>rsprach nicht, schlug aber vor, <strong>de</strong>n Bereich<br />

nicht einfach einzuglie<strong>de</strong>rn, son<strong>de</strong>rn die Modalitäten<br />

in „konzeptionellen Diskussionen" miteinan<strong>de</strong>r<br />

zu klären, um „<strong>de</strong>n Gegenstand selber dabei genauer<br />

... analysieren" zu können (146. Sitzung, Protokoll<br />

S. 337). Dr. Modrow war damit einverstan<strong>de</strong>n. Er<br />

wies <strong>de</strong>n Minister für Außenwirtschaft, Dr. Gerhard<br />

Beil, zunächst nur an, „Maßnahmen einzuleiten, die<br />

eine Einordnung <strong>de</strong>s Außenhan<strong>de</strong>lsteils KoKo in <strong>de</strong>n<br />

Gesamtaußenhan<strong>de</strong>l ab <strong>de</strong>m 1. Januar 1990 ermöglichen"<br />

(146. Sitzung, Protokoll S. 179). Weitere<br />

Schritte wur<strong>de</strong>n nicht eingeleitet.<br />

In <strong>de</strong>r Volkskammersitzung vom 1. Dezember 1989<br />

kündigte Dr. Beil zwar an, daß <strong>de</strong>r Bereich Kommerzielle<br />

Koordinierung innerhalb <strong>de</strong>r nächsten acht Tage<br />

in <strong>de</strong>n regulären Außenhan<strong>de</strong>l eingeglie<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n<br />

solle. Dies geschah aber unter <strong>de</strong>m Druck <strong>de</strong>s als<br />

dramatisch zu bezeichnen<strong>de</strong>n Sitzungsverlaufs <strong>und</strong><br />

ohne vorherige Absprache mit Dr. Modrow. Der Vorsitzen<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s Ministerrats gab die konkrete Anweisung<br />

zur Unterstellung <strong>de</strong>s Bereichs an Dr. Beil erst in<br />

<strong>de</strong>r nach Dr. Schalck-Golodkowskis Weggang einberufenen<br />

Krisensitzung am 3. Dezember 1989.<br />

Der Ministerpräsi<strong>de</strong>nt hatte bis zum 3. Dezember<br />

1989 gewisse Rücksichten auf das beson<strong>de</strong>re Verhältnis<br />

von SED-Generalsekretär Krenz zu Dr. Schalck-<br />

Golodkowski zu nehmen. Dr. Modrow hat in seiner<br />

Aussage vor <strong>de</strong>m Untersuchungsausschuß betont:<br />

„Das Verständnis von Herrn Krenz blieb ja bis zum<br />

Schluß, daß er [Dr. Schalck-Golodkowski] ihm unterstellt<br />

sei. Und im Prinzip habe ich Herrn Schalck-Golodkowski<br />

ja immer sozusagen von <strong>de</strong>r Seite aus mitgezogen,<br />

damit die Regierung sich ein Bild machen<br />

kann" (146. Sitzung, Protokoll S. 339).<br />

Dr. Schalck-Golodkowski stellte sich gleichwohl auf<br />

die neuen Machtverhältnisse ein. Er <strong>und</strong> Dr. Herta König,<br />

als stellvertreten<strong>de</strong> Finanzministerin für Außenhan<strong>de</strong>lsfragen<br />

zuständig, legten bereits mit Schreiben<br />

vom 14. November 1989 Dr. Modrow eine „Offenlegung<br />

<strong>de</strong>r Verschuldung <strong>de</strong>r DDR" vor - zu einem Zeitpunkt<br />

also, an <strong>de</strong>m Ministerpräsi<strong>de</strong>nt Stoph die Regierungsverantwortung<br />

offiziell noch gar nicht an seinen<br />

Nachfolger übergeben hatte. (Dokument-Nr. 733)<br />

Die Offenlegung beinhaltete eine Gesamtdarstellung<br />

aller planmäßigen <strong>und</strong> außerplanmäßigen For<strong>de</strong>rungen,<br />

Guthaben <strong>und</strong> Verbindlichkeiten <strong>de</strong>r DDR. Bemerkenswert<br />

ist die Feststellung, daß die <strong>de</strong>m Vorsitzen<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>r Staatlichen Plankommission bisher bekannte<br />

Verschuldung <strong>de</strong>r DDR tatsächlich um 12,6<br />

Mrd. VM geringer gewesen sei. Dr. Schalck-Golodkowski<br />

<strong>und</strong> Dr. König verwiesen hierbei auf eine Festlegung<br />

Dr. Günter Mittags aus „<strong>de</strong>n Jahren <strong>de</strong>s Kreditboykotts<br />

", daß nicht mehr alle erwirtschafteten Gewinne<br />

<strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle Koordinierung in<br />

die Zahlungsbilanz eingebracht wer<strong>de</strong>n sollten.<br />

In einem weiteren Schreiben vom 17. November 1989<br />

übergaben Dr. Schalck-Golodkowski <strong>und</strong> Dr. König<br />

zwei ergänzen<strong>de</strong> Übersichten zur „Offenlegung <strong>de</strong>r<br />

Verschuldung <strong>de</strong>r DDR" gegenüber <strong>de</strong>m sog. Nichtsozialistischen<br />

Wirtschaftsgebiet (NSW). Hierbei han-<br />

<strong>Deutscher</strong> B<strong>und</strong>estag —12. Wahlperio<strong>de</strong> Drucksache 12/7600<br />

<strong>de</strong>lte es sich um Quellen <strong>de</strong>s Einschusses in die Zahlungsbilanz<br />

<strong>und</strong> Einnahmen aus Vereinbarungen <strong>und</strong><br />

Abkommen mit <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland, die<br />

auf geson<strong>de</strong>rten Konten eingingen sowie <strong>de</strong>n Ausgaben<br />

daraus (Dokument-Nr. 734).<br />

Ob Dr. Modrow von Dr. Schalck-Golodkowski darüber<br />

hinaus eingehen<strong>de</strong>r über die finanzielle Situation<br />

<strong>de</strong>r DDR <strong>und</strong> <strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle Koordinierung<br />

informiert wor<strong>de</strong>n ist, hat <strong>de</strong>r Untersuchungsausschuß<br />

nicht aufklären können.<br />

Dr. Schalck-Golodkowski hat in einer polizeilichen<br />

Vernehmung am 14. März 1990 ausgesagt, daß er Dr.<br />

Modrow u. a. über diverse Geldmittel einschließlich<br />

<strong>de</strong>r Auslandskonten persönlich unterrichtet <strong>und</strong> ihm<br />

einen handschriftlichen Brief übermittelt habe.<br />

Dr. Modrow hat dies gegenüber <strong>de</strong>m Untersuchungsausschuß<br />

bestritten. Der einzige handschriftliche<br />

Brief von Dr. Schalck-Golodkowski an ihn sei <strong>de</strong>r Abschiedsbrief<br />

vor seiner Flucht gewesen. Eine <strong>de</strong>taillierte<br />

Aufstellung beispielsweise über die Unternehmen<br />

<strong>de</strong>s Bereichs habe er nie von Dr. Schalck-Golodkowski<br />

erhalten. Er habe sich lediglich von Dr.<br />

Schalck-Golodkowski - wie auch von an<strong>de</strong>ren staatlichen<br />

Stellen - einen allgemeinen <strong>Bericht</strong> über <strong>de</strong>n finanziellen<br />

Status geben lassen.<br />

Der Untersuchungsausschuß konnte nicht aufklären,<br />

welche Aussage die zutreffen<strong>de</strong> ist. Dr. Modrows Abstreiten<br />

<strong>de</strong>r Existenz eines weiteren handschriftlichen<br />

Briefes an ihn könnte eine Schutzbehauptung sein,<br />

falls in ihm b risante Informationen über <strong>de</strong>n Bereich<br />

Kommerzielle Koordinierung enthalten wären. Dafür<br />

liegen jedoch keine ausreichen<strong>de</strong>n Anhaltspunkte<br />

vor. Hinzu kommt, daß Dr. Schalck-Golodkowski nur<br />

aus seiner Erinnerung berichtet <strong>und</strong> an mehreren Stellen<br />

seiner Gesamtaussage ungenau war. Da er überdies<br />

seine Aussage eher allgemein hielt, ohne Details<br />

zu schil<strong>de</strong>rn, ist nicht auszuschließen, daß er die Informationen<br />

meinte, die er in <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Briefen vom 14.<br />

<strong>und</strong> 17. November 1989 bzw. in <strong>de</strong>m von Dr. Modrow<br />

erwähnten allgemeinen <strong>Bericht</strong> gegeben hat.<br />

Aber auch ohne zusätzliche Informationen durch Dr.<br />

Schalck-Golodkowski war Dr. Modrow aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />

bei<strong>de</strong>n Briefe in <strong>de</strong>r Lage, ein recht präzises Bild <strong>de</strong>r<br />

dramatischen Verschuldungssituation <strong>de</strong>r DDR einerseits<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle<br />

Koordinierung für die überlebensnotwendige<br />

Devisenerwirtschaftung an<strong>de</strong>rerseits zu gewinnen.<br />

Konkrete Anhaltspunkte dafür, daß die Regierung<br />

Modrow aus diesem Wissen heraus nicht daran interessiert<br />

war, Verän<strong>de</strong>rungen im Bereich Kommerzielle<br />

Koordinierung herbeizuführen, hat <strong>de</strong>r Untersuchungsausschuß<br />

nicht fin<strong>de</strong>n können.<br />

Hinsichtlich <strong>de</strong>r Maßnahmen <strong>de</strong>r Regierung Modrow<br />

zur Behebung von Mißstän<strong>de</strong>n beim Bereich Kornmerzielle<br />

Koordinierung bis zur Flucht Dr. Schalck-<br />

Golodkowskis hat <strong>de</strong>r Untersuchungsausschuß allerdings<br />

folgen<strong>de</strong>s festgestellt:<br />

Bis zur Flucht Dr. Schalck-Golodkowskis hatte Dr.<br />

Modrow nach eigenem Bek<strong>und</strong>en keine näheren Informationen<br />

über Mißstän<strong>de</strong> beim Bereich Kommerzielle<br />

Koordinierung o<strong>de</strong>r über Verstöße durch <strong>de</strong>n<br />

Bereich gegen gelten<strong>de</strong>s Recht.

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