Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

Drucksache 12/7600 Deutscher Bundestag —12. Wahlperiode
und mit Hilfe des Bereichs Kommerzielle Koordinierung
und den ihn zugerechneten Handelsunternehmen
vom Verfassungsschutz nur teilweise geklärt
werden.
6. Sog. Embargogeschäfte
nach dem 3. Dezember 1989
a) Fortführung der Beschaffung sog. Embargoware
unter der Regierung Modrow
Nach der Flucht Dr. Schalck-Golodkowskis im Dezember
1989 sprach Ministerpräsident Dr. Hans Modrow
mit dessen Stellvertreter Manfred Seidel über
die Zukunft des Bereichs Kommerzielle Koordinierung.
Nach Angaben von Dr. Modrow forde rte Seidel
in diesem Zusammenhang, daß „eine Geheimhaltung
über die Hauptabteilung I für Vorgänge zur Abwehr
westlicher Maßnahmen gegen Embargoverstöße zu
gewährleisten" sei. Nach Aussage von Dr. Modrow
wurde eine entsprechende Anordnung des Ministerpräsidenten
in Kraft gesetzt. Mit der Einsetzung einer
Regierungskommission unter Leitung von Dr. Willi
Lindemann am 21. Dezember 1989 zur Untersuchung
des Bereichs Kommerzielle Koordinierung wurde die
Anordnung zur Geheimhaltung wieder aufgehoben.
Absicht Dr. Modrows war es nach seinen Worten, zu
dieser Zeit bei der Einfuhr von Embargotechnologie
„den Handel, der damit verbunden ist, so weiter ablaufen
zu lassen ... , daß der DDR auch kein Schaden
entsteht" .
b) Auflösung des Handelsbereichs 4
Am 1. März 1990 wurde der Handelsbereich 4 der
Treuhandanstalt unterstellt. Am 31. März 1990 beendete
der bis dahin selbständige Handelsbereich 4 seine
Arbeit und wurde wieder in den AHB Elektronik
eingegliedert. Ronneberger schied an diesem Tag aus
seinem Amt aus (Dokument-Nr. 557).
Alle sogenannten Restaufgaben wurden im Kontor 4
des AHB Elektronik Export-Import zusammengefaßt,
der dem Generaldirektor Kurt Rippich unterstellt wurde.
Die Leitung des Kontors 4 wurde ab dem 1. Ap ril
1990 einem der früheren Kontordirektoren im Handelsbereich
4, Joachim Panjas, übertragen.
Zu den sogenannten Restaufgaben gehörte der Abschluß
von Importverträgen aus den noch zur Verfügung
stehenden Fonds, die Durchführung bestehender
Verträge, die Aufhebung von Verträgen, die Archivierung
der Geschäftsunterlagen und die Entlassung
von Personal. Das Kontor 42 war schon im zweiten
Halbjahr 1989 aus dem Handelsbereich 4 ausgegliedert
und Generaldirektor Rippich unterstellt worden.
Rechtsnachfolger des AHB Elektronik Expo rt-Import
wurde die Electronic Trading (Eltra) GmbH. Zum 1.
Juli 1990 wurde Anne Streicher eine von drei vorläufigen
Geschäftsführern dieses Unternehmens. Sie war
bis zur Auflösung des Handelsbereichs 4 deren stellvertretende
Generaldirektorin für den Bereich Planung
und Ökonomie. Anne Streicher übte die Funktion
als Geschäftsführerin bis zum 21. August 1991 aus;
seitdem befindet sich der Bet rieb in Liquidation. Die
Liquidation wurde am 31. Oktober 1991 ins Handelsregister
beim Amtsgericht Charlottenburg eingetragen.
Aus dem AHB Elektronik hervorgegangen ist offenbar
die HPO Electronic Vertriebs GmbH mit Sitz im
Haus der Elektroindustrie am Alexanderplatz 6 in
Berlin (Ost).
Führende Mitarbeiter des ehemaligen Handelsbereichs
4 haben selbst Unternehmen gegründet. Nach
Angaben des Bundesnachrichtendienstes wurden alte
Geschäftsverbindungen im illegalen Technologietransfer
teilweise wieder neu belebt. Teilweise seien
die früheren Geschäftsräume und deren Einrichtungen
als Kapital eingebracht worden.
Der Leiter des Handelsbereichs 4, Ronneberger, gründete
im April 1990 die High Tech Consulting GmbH in
Berlin und wurde deren Geschäftsführer. Das Unternehmen
handelt nach Aussage von Ronneberger mit
Büromöbeln; ursprünglich geplant war der Verkauf
von Computertechnik. Seinen Angaben zufolge betrug
das Stammkapital 100.000 Mark der DDR der
DDR. Gesellschafter sind zu jeweils 50 % Anteilen
Gerhardt Ronneberger und seine Ehefrau Christa, die
zuvor ebenfalls im Handelsbereich 4 gearbeitet hatte;
Prokurist und Finanzleiter ist der ehemalige Mitarbeiter
in der Abteilung Planung und Ökonomie der
Hauptabteilung II des Bereichs Kommerzielle Koordinierung,
Heinz-Joachim Kabisch.
Der Leiter der Gruppe Rechentechnik, Günther Gath,
betrieb ein Unternehmen, an dem sich der österreichische
Embargohändler Leopold Hrobsky beteiligte.
Der frühere Stellvertreter Ronnebergers, Dietrich
Kupfer, ist vermutlich Leiter der Pan Europa GmbH,
Berolinastr. 20, in Berlin.
Der ehemalige Kontordirektor Siegfried Schürer wurde
- von einem inzwischen ausgeschiedenen Vorstandsmitglied
- bei der Leybold eingestellt.
c) Auflösung der „Speziellen Beschaffungsorgane"
Nach der Auflösung der Nachfolgeorganisation des
MfS, des Amts für Nationale Sicherheit, ordnete
Staatssekretär Nendel am 26. Januar 1990 an, daß die
Speziellen Beschaffungsorgane (SBO) keine weiteren
Importe mehr tätigen sollten. Vorgesehen war eine
Überleitung bestehender Verträge. Die bereits den
SBO übergebenen Valutamittel sollten auf ein Konto
des AHB Elektronik Export-Import überwiesen werden.
Die für die Abwicklung des „Fonds Mikroelektronik"
benötigten Unterkonten bei der Deutschen
Handelsbank wurden mit Wirkung zum 30. Januar
1990 aufgelöst. Die Kontenbestände in Höhe von 14,4
Mio. Valuta-Mark wurden dem AHB Elektronik Export-Import
für den planmäßigen Import von technischen
Spezialausrüstungen für die Elektronikindustrie
überwiesen. Die Abwicklung sollte bis zum 10.
Februar 1990 durchgeführt werden (Dokument-Nr.
602).
Das MfS-Unternehmen Interport, das zu den SBO gehörte,
wurde nach Auskunft der Treuhandanstalt im Juni
1990 von der Computer-Vertriebs-Union Berlin
GmbH (CVU) übernommen. Das Komitee zur Auflösung
des Amts für Nationale Sicherheit (AfNS) legte