Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

Drucksache 12/7600 Deutscher Bundestag —12. Wahlperiode
Absicherung der IMES GmbH genutzt. Unter vorbeugenden
Sicherheitsmaßnahmen wurde z.B. die
genaue Instruktion von „Reisekadern" hinsichtlich
der Verhaltensweise bei Kontakten mit sog. imperialistischen
Geheimdiensten verstanden; die innere
Absicherung betraf die genaue Aufklärung und Sicherheitsüberprüfung
dieser Mitarbeiter (Dokument-Nr.
68).
Nach Ansicht des Leiters der AG BKK, Meinel, wurde
die AG BKK nicht nur bei der Durchführung des OV
„Kontakt", sondern bei ihrer gesamten Arbeit stark
behindert. Die Ursachen dafür lagen seiner Meinung
nach in einem grundlegenden Interessenkonflikt zwischen
dem Bereich Kommerzielle Koordinierung und
der AG BKK sowie der besonderen Stellung von Dr.
Schalck-Golodkowski innerhalb des MfS. Während
die AG BKK in erster Linie Sicherheitsinteressen zu
vertreten hatte, stand für den Bereich Kommerzielle
Koordinierung die Durchführung von Geschäften
bzw. die Erwirtschaftung von Devisen eindeutig im
Vordergrund.
Die Tatsache, daß zwischen Dr. Schalck-Golodkowski
und Mielke eine direkte Verbindung bestand, die AG
BKK aber nur dem Stellvertreter Mielkes zugeordnet
war, bedeutete eine Stärkung der Position für Dr.
Schalck-Golodkowski und eine Beschränkung der
Einflußmöglichkeiten der AG BKK. Der AG BKK war
es daher unmöglich, im Bereich Kommerzielle Koordinierung
etwas durchzusetzen, was nicht im Interesse
Dr. Schalck-Golodkowskis lag. Da für diesen aber vor
allem die möglichst ungehinderte und störungsfreie
Durchführung seiner wirtschaftlichen Arbeit im Vordergrund
stand, verlagerten sich die Aufgaben der
AG BKK immer mehr in Richtung einer reinen Unterstützung
der Tätigkeit des Bereichs Kommerzielle Koordinierung.
Häufig mußte dabei auch im Interesse
erfolgreicher Geschäftsabschlüsse die Verletzung von
Sicherheitsanforderungen in Kauf genommen werden.
Eine weitere Hauptaufgabe der AG BKK, die Sicherung
des Bereichs Kommerzielle Koordinierung,
wurde ihr dagegen sehr erschwert, da sie diese wahrnehmen
mußte, ohne über die eigentliche inhaltliche
Arbeit des Bereichs informiert zu sein. Laut Aussage
von Meinel handelte es sich bei der Einbindung der
AG BKK in die Gesamtstruktur des MfS um eine
„völlig unlogische Konstruktion" . Zur Gewährleistung
einer effektiven Arbeit hätte seiner Meinung
nach auch die AG BKK direkt dem Minister für Staatssicherheit
unterstellt werden müssen.
Die AG BKK nutzte den Bereich Kommerzielle Koordinierung
über die Abschirmung und Unterstützung
hinaus auch für nachrichtendienstliche Zwecke. Obwohl
bereits der Befehl Nr. 14/83 eindeutig regelte,
daß durch das MfS eine „Nutzung der Möglichkeiten
des Bereichs für die Lösung politisch-operativer Aufgaben
der HVA" vorgesehen war und daß darüber
der Leiter der AG BKK in bestimmten Fällen informiert
werden mußte (vgl. Erster Teilbericht, BT-
Drucksache 12/3462, Dokument-Nr. 146, S. 1104),
wurde dies von leitenden Mitarbeitern der AG BKK
und des Bereichs Kommerzielle Koordinierung immer
wieder bestritten. Laut Aussage von Dr. Schalck-Golodkowski
bei dem Generalbundesanwalt am 16. September
1991 z.B. hat die Anordnung ausschließlich
den Sinn gehabt, die Einflußmöglichkeiten der HVA
zu beschränken, indem ihr verboten worden sei,
„ohne vorherige Abstimmung mit dem Leiter der AG
BKK ... aktiv zu werden"
Im Gegensatz zur Aussage Dr. Schalck-Golodkowskis
steht ein streng geheimes Papier über den Arbeitsstand
und die Aufgabenstellung des Bereichs Kommerzielle
Koordinierung hinsichtlich sogenannter
spezieller Auslandsverbindungen zu Unternehmen,
Einrichtungen und Personen im sog. Nichtsozialistischen
Wirtschaftsgebiet (NSW) auch unter komplizierten
Lagebedingungen bzw. in besonderen Spannungssituationen
(vgl. Erster Teilbericht, BT-Drucksache
12/3462, Dokument-Nr. 157, S. 1202). Dieses Papier
vom 12. April 1985, das von Dr. Schalck-Golodkowski
an Mielke zur Kenntnisnahme gerichtet war,
war im Auftrag von Dr. Schalck-Golodkowski durch
den Leiter der Abteilung Kader und Sicherheit des
Bereichs Kommerzielle Koordinierung und OibE, Karl
Meier, entworfen worden. Aufgrund der dort getroffenen
Anordnungen wurden im ganzen Bereich Kommerzielle
Koordinierung Listen über Auslandsverbindungen
im sog. NSW und Kontaktpersonen erstellt,
die anschließend durch Karl Meier an den Leiter der
AG BKK, Meinel, weitergeleitet wurden (vgl. Erster
Teilbericht, BT-Drucksache 12/3462, Dokument-Nr.
155, S. 1182). Im Zusammenwirken des Bereichs Kommerzielle
Koordinierung mit dem Leiter der AG BKK
sollten laut diesem Papier dann „alle notwendigen
Maßnahmen zur Absicherung und Aufklärung" der
speziellen Auslandsverbindungen „unter Einbeziehung
der ... zur Verfügung stehenden operativen
Möglichlichkeiten" eingeleitet werden (vgl. Erster
Teilbericht, BT-Drucksache 12/3462, Dokument-Nr.
157, S. 1202).
Aus einem Brief Dr. Schalck-Golodkowskis an den Leiter
der Hauptabteilung Kader und Schulung des MfS,
Generalmajor Dr. Günter Möller, vom 4. April 1985
geht weiterhin hervor, daß „die Führung und Entwicklung
solcher spezieller Auslandsverbindungen ... die
zielstrebige individuelle Arbeit mit den in diesen Verbindungen
tätigen ausländischen Personen nach politisch-operativen
Grundsätzen und Methoden" erfordere
und daß es deshalb das Ziel sei, „abgedeckt und unter
Nutzung aller legalen Möglichkeiten IM-Verbindungen
aufzubauen" (Dokument-Nr. 69).
Meinel bestritt in seiner Vernehmung durch das Bayerische
Landeskriminalamt am 7. Oktober 1992, daß es
jemals das Ziel gewesen sei, unter diesem Personenkreis
Werbungen durchzuführen. Es sei der DDR bei
dieser Art „Überlebensstrategie" lediglich darum gegangen,
„für den angenommenen Spannungsfall,
d.h. der Schließung der Grenzen, auf funktionierende
Kontakte ins Ausland mit dem Ziel der Beschaffung
von Gütern zurückgreifen zu können" . Die AG BKK
habe nur die Aufgabe gehabt, diese Personen für sich
zu erfassen, um den Einfluß anderer Diensteinheiten
abzuwenden.
Angesichts einer Regelung des Befehls Nr. 12/88 des
Ministers für Staatssicherheit erscheint diese Aussage
Meinels fragwürdig. Hiernach waren nämlich „die
durch den Bereich und seine Betriebe benannten speziellen
Firmenverbindungen nach nichtsozialistischen
Staaten und Westberlin" durch die AG BKK