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Drucksache 12/7600 Deutscher Bundestag —12. Wahlperiode
ten Spielraum für Außenhandelsaktivitäten jenseits
der gesetzlichen Bestimmungen ausschöpfte.
Das Ministerium für Außenhandel und Innerdeutschen
Handel (MAI) - 1967 zunächst in Ministerium für Außenwirtschaft
(MAW) und Ende 1973 in Ministerium für
Außenhandel (MAH) umbenannt - war die Institution
zur Wahrung des staatlichen Außenhandelsmonopols
der DDR und trug die Verantwortung für die einheitliche
Leitung, Planung, Durchführung und allgemeine
Kontrolle des Außenhandels nach Maßgabe der Parteiund
Regierungsbeschlüsse. In das Aufgabengebiet fielen
u.a. die Erarbeitung der staatlichen Planvorgaben
für die ihm direkt unterstellten Außenhandels- und
Dienstleistungsbetriebe, die wirtschaftlich-organisatorische
Anleitung und Kontrolle der Handelsvertretungen
der DDR, die Leitung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit
mit dem kapitalistischen Ausland und den
kommunistischen Ländern, die Mitwirkung bei multiund
bilateralen Handelsabkommen und die Planung
und Bilanzierung des Valutabedarfs. Die staatlichen
Außenhandelsbetriebe (AHB) und die anderen Einrichtungen
mit Außenhandelsfunktion erhielten ihre Weisungen
vom Außenhandelsminister, der über die Errichtung,
Genehmigung oder gar Auflösung von Außenhandelsbetrieben
entscheiden konnte und für die sog.
Kaderpolitik dieser Unternehmen verantwortlich war.
Seit den 50er und den beginnenden 60er Jahren existierten
besondere kommerzielle Geschäftsaktivitäten,
die auf das westliche Ausland ausgerichtet waren
und die devisenrechtlichen Bestimmungen der DDR
unbeachtet ließen.
Eine wichtige Rolle bei den teils legalen und teils illegalen
Ost-West-Handelsgeschäften spielte ein in der
Nachkriegszeit entstandener Schwarzhandelsring
um Personen wie Herz Libermann alias Michael Wischniewski
und Simon Goldenberg, dem die Zustimmung
von sowjetischer und ostdeutscher Seite sicher
war. Beschränkte sich der Schwarzhandel anfangs auf
Alkohol, Zigaretten und Kraftstoffe, so waren später
verstärkt westliche Technologieerzeugnisse von besonderem
Interesse. Im Gegenzug für die Erlaubnis
zur Durchführung dieser Geschäfte hatte der Handelsring
Spezialaufträge für das Ministerium für
Staatssicherheit (MfS) zu erfüllen; es begann eine
enge Zusammenarbeit zwischen dem MfS und den
beiden aus dem Schwarzhandelsring hervorgegangenen
Unternehmen F. C. Gerlach Export-Import, deren
Geschäftsführung Libermann übernahm, und das
1958 von Simon Goldenberg eröffnete Unternehmen
Simon Industrievertretungen. Beide Unternehmen
konnten ihren formalen Status als Privatunternehmen
angesichts der Abschirmung durch das MfS bewahren.
Das Ziel ihrer Geschäftsaktivitäten mit Unternehmen
des westlichen Auslands und der Bundesrepublik
Deutschland war mehr und mehr die Beschaffung
von strategischen Gütern, die Embargobestimmungen
unterlagen, und die Bereitstellung von Devisen
für die Staatssicherheit (Dokument-Nr. 22-23).
Des weiteren gab es in den 50er Jahren Warenlieferungen
der evangelischen und auch der katholischen
Kirche aus der Bundesrepublik Deutschland an das
MAI. Der Gegenwert der Warenlieferungen in Mark
der DDR wurde den Kirchen und kirchlichen Einrichtungen
in der DDR gutgeschrieben. Bei diesen Wa
renlieferungen handelte es sich um Rohstoffe und
ausgewählte Konsumgüter, die in der DDR-Volkswirtschaft
z. T. für die Versorgung von Industrie und Bevölkerung
eingesetzt, in der Regel aber für die Vermarktung
zur Devisenreservebildung bestimmt waren.
Diese kommerziellen Beziehungen zu den in der
DDR zugelassenen Kirchen und Religionsgemeinschaften,
die sog. Kirchengeschäfte, wurden in den
60er Jahren auf die humanitären Bemühungen der jeweiligen
Bundesregierungen im Rahmen des sog.
Häftlingsfreikaufs und der Familienzusammenführung
ausgedehnt. Die Abwicklung der sog. Kirchengeschäfte
war eine innerdeutsche Angelegenheit und
wurde auf seiten der DDR über das Ministerium für
Außenhandel und Innerdeutschen Handel ausgehandelt.
Angesichts des Verbots der KPD und des Einzugs ihres
Parteivermögens im Jahre 1956 war die dritte
Gruppe von Geschäftsaktivitäten die in der Bundesrepublik
Deutschland von der SED unterhaltenen und
angeleiteten Unternehmen, die sog. Parteifirmen.
Aufgabe der sog. Parteifirmen, von alten KPD-Funktionären
im Westen mit Kapital aus der DDR errichtet,
war es, die von ihnen erwirtschafteten finanziellen
Mittel dem sog. Disponiblen Fonds der SED zur Verfügung
zu stellen, aus dem dann die Finanzierung der
Bruderpartei in der Bundesrepublik Deutschland erfolgte.
Ein bekanntes Beispiel ist die Nolte KG, die
seit ihrer Gründung im Jahre 1961 im Auftrag der
DDR die DKP mit den Provisionsgeldern aus ihren
kommerziellen Aktivitäten unterstützte (Dokument-
Nr. 24-27).
Die sog. Parteifirmen wurden von der Abteilung Verkehr
im ZK-Apparat der SED -in
Zusammenarbeit mit
dem Ministerium für Außenhandel und Innerdeutschen
Handel (MAI) gesteuert, wobei die politische
Leitung und auch die personellen Entscheidungen
von der ZK-Abteilung Verkehr wahrgenommen wurden.
(Dokument-Nr. 28)
Gemeinsam war den drei vorgenannten Geschäftsbereichen,
daß sie kommerzielle Beziehungen zum westlichen
Ausland und insbesondere zur Bundesrepublik
Deutschland unterhielten und erfolgreiche Anstrengungen
zur Reduzierung der Devisenknappheit unternahmen.
Angesichts der bereits bestehenden kommerziellen
Geschäftsfelder aus den 50er und 60er Jahren
lag es auf der Hand, diesen einträglichen Geschäften
mehr Aufmerksamkeit zu schenken, ihren Praktiken
ein stärkeres Profil zu geben und diese unterschiedlichen
Geschäftsbeziehungen zu koordinieren.
Alexander Schalck-Golodkowski wurde bereits 1952
ins Außenhandelsministerium delegiert, wo die Fäden
der verschiedenen Auslandsgeschäfte zusammenliefen.
Nachdem das Sekretariat des ZK der SED aufgrund
einer inneren Strukturreform eine eigene Parteiorganisation
Außenhandel mit den Rechten einer Kreisleitung
im Ministerium für Außenhandel und Innerdeutschen
Handel am 28. September 1962 errichtet hatte,
erhielt Schalck-Golodkowski sogleich die einflußreiche
Funktion eines Ersten Sekretärs der SED-Parteiorganisation
Außenhandel und wurde mit dem Aufbau
dieser Parteiorganisation betraut. Neben der An-