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Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

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Drucksache 12/7600 <strong>Deutscher</strong> B<strong>und</strong>estag — 12. Wahlperio<strong>de</strong><br />

gen auf die Devisenbeschaffung <strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle<br />

Koordinierung haben.<br />

Der von Frau Schumann zunächst beauftragte Vertrauensanwalt<br />

<strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle Koordinierung<br />

Wünsche hat zu<strong>de</strong>m mit <strong>de</strong>r Einschaltung von<br />

Dr. Schalck-Golodkowski in diese Angelegenheit in<br />

schwerwiegen<strong>de</strong>r Weise gegen seine anwaltliche<br />

Schweigepflicht verstoßen. Rechtsanwalt Wünsche<br />

war auch nach <strong>de</strong>n Gesetzen <strong>de</strong>r DDR verpflichtet,<br />

Verschwiegenheit über das zu wahren, was ihm bei<br />

<strong>de</strong>r Ausübung seiner Tätigkeit anvertraut o<strong>de</strong>r bekannt<br />

gewor<strong>de</strong>n war. Gemäß § 136 StGB-DDR war<br />

die Verletzung <strong>de</strong>s Berufsgeheimnisses durch einen<br />

Rechtsanwalt strafbar. Das Vorgehen <strong>de</strong>s Vertrauensanwalts<br />

<strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle Koordinierung<br />

Wünsche wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>nnoch von <strong>de</strong>n beteiligten<br />

staatlichen Stellen <strong>und</strong> insbeson<strong>de</strong>re von Dr.<br />

Schalck-Golodkowski ge<strong>de</strong>ckt <strong>und</strong> gebilligt. Rechtsanwalt<br />

Wünsche hat in seiner Vernehmung <strong>de</strong>n Vorwurf<br />

stan<strong>de</strong>swidrigen <strong>und</strong> strafbaren Verhaltens bestritten.<br />

Er hat sich zur Rechtfertigung für sein Verhalten<br />

darauf berufen, daß er befürchtete, die Beschwer<strong>de</strong><br />

von Frau Schumann könnte ihn an zukünftigen<br />

Auslandsreisen hin<strong>de</strong>rn. Dieser Gesichtspunkt<br />

ist jedoch offensichtlich kein Rechtfertigungsgr<strong>und</strong><br />

für einen Verstoß gegen die Verletzung <strong>de</strong>s<br />

Berufsgeheimnisses.<br />

8. Der Bereich Kommerzielle Koordinierung <strong>und</strong><br />

die sog. Kirchengeschäfte<br />

Der 1. Untersuchungsausschuß hat sich lange Zeit mit<br />

<strong>de</strong>n Themen sog. Kirchengeschäfte <strong>und</strong> Häftlingsfreikauf<br />

beschäftigt. Dabei konnten die Aktivitäten <strong>de</strong>s<br />

Bereichs Kommerzielle Koordinierung im Rahmen<br />

<strong>de</strong>s Häftlingsfreikaufs <strong>und</strong> <strong>de</strong>r sog. Kirchengeschäfte<br />

weitgehend aufgeklärt wer<strong>de</strong>n.<br />

a) Sog. Kirchengeschäfte A <strong>und</strong> C<br />

Für <strong>de</strong>n Bereich Kommerzielle Koordinierung waren<br />

die sog. Kirchengeschäfte von erheblicher Be<strong>de</strong>utung.<br />

Aufgabe <strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle Koordinierung<br />

war es, mit <strong>de</strong>n Vertretern <strong>de</strong>r Kirchen in<br />

<strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland auszuhan<strong>de</strong>ln,<br />

welche Rohstoffe - z.B. Metalle, Erdöl etc. - in welchem<br />

Umfang geliefert wer<strong>de</strong>n sollten <strong>und</strong> welche<br />

Gegenleistung in DDR-Währung die Kirchen in <strong>de</strong>r<br />

DDR hierfür erhalten sollte. Aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Rohstofflieferungen<br />

durch die bei<strong>de</strong>n west<strong>de</strong>utschen Kirchen<br />

erzielte <strong>de</strong>r Bereich Kommerzielle Koordinierung<br />

lukrative Gewinne. Der Bereich Kommerzielle<br />

Koordinierung konnte eigenverantwortlich darüber<br />

entschei<strong>de</strong>n, welche <strong>de</strong>r gelieferten Rohstoffe auf<br />

<strong>de</strong>m Weltmarkt umgehend in Devisen verwan<strong>de</strong>lt<br />

wer<strong>de</strong>n sollten, ob die Rohstoffe zunächst in die materielle<br />

Staatsreserve eingestellt wur<strong>de</strong>n, damit sie<br />

gegebenenfalls später zu besseren Marktpreisen<br />

doch noch verkauft wer<strong>de</strong>n konnten <strong>und</strong> welche <strong>de</strong>r<br />

gelieferten Rohstoffe als Plan-Impo rte <strong>de</strong>n Bedarfsträgern<br />

zur Verfügung zu stellen waren. Die aus<br />

<strong>de</strong>m Verkauf dieser Güter erwirtschafteten Devisen<br />

wur<strong>de</strong>n an die Staats<strong>de</strong>visenreserve abgeführt.<br />

Durch diese Vorgehensweise wur<strong>de</strong>n nur in geringem<br />

Umfang Devisengewinne erwirtschaftet; von<br />

weit größerer Be<strong>de</strong>utung für die Volkswirtschaft <strong>de</strong>r<br />

DDR war aber <strong>de</strong>r Effekt <strong>de</strong>s Einsparens von Devisen.<br />

Für die von <strong>de</strong>n Kirchen gelieferten Rohstoffe<br />

hätten auf <strong>de</strong>m Weltmarkt o<strong>de</strong>r im inner<strong>de</strong>utschen<br />

Han<strong>de</strong>l erheblich höhere Mittel aufgewen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n<br />

müssen, als <strong>de</strong>r zum Warenwert 1:1 verrechnete<br />

Betrag in DDR-Währung.<br />

Nach <strong>de</strong>n Feststellungen <strong>de</strong>s Ausschusses hat Dr.<br />

Schalck-Golodkowski schon sehr frühzeitig die Be<strong>de</strong>utung<br />

<strong>de</strong>r sog. Kirchengeschäfte als einfachen Weg<br />

<strong>de</strong>r Devisenerwirtschaftung erkannt <strong>und</strong> das System<br />

mit Billigung <strong>und</strong> im Auftrag <strong>de</strong>r Staatsführung vervollkommnet.<br />

Ging es in <strong>de</strong>n Anfängen <strong>de</strong>r sog. Kirchengeschäfte<br />

vorrangig noch darum, lebensnotwendige<br />

Rohstoffe für die DDR in die Staatsreserve einzustellen,<br />

war es im Laufe <strong>de</strong>r späteren Jahre immer<br />

mehr das Ziel, auch tatsächlich Devisen zu erwirtschaften.<br />

Alles geschah mit <strong>de</strong>m Auftrag, einen möglichst<br />

hohen ökonomischen Nutzeffekt zu erzielen.<br />

Das System war letztendlich so perfektioniert wor<strong>de</strong>n,<br />

daß von seiten <strong>de</strong>r Lieferunternehmen kaum nachvollzogen<br />

wer<strong>de</strong>n konnte, welche Waren nun in das<br />

Gebiet <strong>de</strong>r DDR eingeführt wur<strong>de</strong>n <strong>und</strong> welche Waren<br />

direkt wie<strong>de</strong>r an <strong>de</strong>n internationalen Börsen vermarktet<br />

wur<strong>de</strong>n.<br />

Die Menschen in <strong>de</strong>r DDR konnten nur mittelbar von<br />

<strong>de</strong>n sog. Kirchengeschäften profitieren, da auf <strong>de</strong>r<br />

DDR-Seite kein Interesse an <strong>de</strong>r Lieferung von Konsumgütern<br />

bestand, son<strong>de</strong>rn börsenfähige Rohstoffe<br />

gefor<strong>de</strong>rt wur<strong>de</strong>n.<br />

Der mittelbare Nutzen für die Menschen in <strong>de</strong>r DDR<br />

darf jedoch nicht unterschätzt wer<strong>de</strong>n, da die erzielten<br />

Deviseneinsparungen in vollem Umfange <strong>de</strong>r<br />

Volkswirtschaft zugute kamen. Auch <strong>de</strong>r größte Teil<br />

<strong>de</strong>r Deviseneinnahmen aus <strong>de</strong>n Rohstoffverkäufen<br />

gelangte zumin<strong>de</strong>st anfangs in <strong>de</strong>n Staatshaushalt.<br />

Ein Teil <strong>de</strong>r erwirtschafteten Devisengewinne floß jedoch<br />

auf das bekannte Konto 0528 <strong>und</strong> stand damit<br />

u.a. Mielke zur Verfügung. Im Laufe <strong>de</strong>r Zeit wur<strong>de</strong><br />

dieser Anteil immer höher.<br />

Ein weiterer Vorteil bestand in <strong>de</strong>r Aufrechterhaltung<br />

<strong>de</strong>r Arbeitsfähigkeit <strong>de</strong>r kirchlichen Einrichtungen in<br />

<strong>de</strong>r DDR. Die Bevölkerung konnte so die kirchlichen<br />

Altenheime, Kin<strong>de</strong>rgärten <strong>und</strong> Krankenhäuser weiterhin<br />

in Anspruch nehmen; diese waren im Verhältnis<br />

zu staatlichen Einrichtungen ohnehin besser ausgestattet.<br />

Geringere Gewinne erzielte <strong>de</strong>r Bereich Kommerzielle<br />

Koordinierung aus <strong>de</strong>m Valuta-Markprogramm<br />

<strong>und</strong> aus <strong>de</strong>n Son<strong>de</strong>rbauprogrammen, weil für die an<br />

die Kirchen gelieferten Waren bzw. Werkleistungen<br />

Valuta-Mark im Verhältnis 1:1 geleistet wer<strong>de</strong>n mußten.<br />

Hier han<strong>de</strong>lte es sich nicht um eine willkürlich<br />

festgesetzte statistische Rechengröße für <strong>de</strong>n Außenhan<strong>de</strong>l,<br />

son<strong>de</strong>rn um eine <strong>de</strong>visenähnliche Werteinheit,<br />

<strong>de</strong>r auch in <strong>de</strong>r DDR ein echter Gegenwert gegenüberstand.<br />

Für Valuta-Mark gab es im Inland Exportgüter<br />

<strong>de</strong>r DDR o<strong>de</strong>r Exportdienst- bzw. -Werkleistungen,<br />

die für Mark <strong>de</strong>r DDR nicht zu bekommen<br />

waren.<br />

Das System <strong>de</strong>r sog. Kirchengeschäfte hatte auch<br />

<strong>de</strong>n Sinn, die Kirchen im Sinne <strong>de</strong>r staatlichen Kir<br />

-chenpolitik, also im Sinne <strong>de</strong>r SED zu lenken. Die

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