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Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

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Drucksache 12/7600 <strong>Deutscher</strong> B<strong>und</strong>estag —12. Wahlperio<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>r HA I <strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle Koordinierung<br />

Empfänger <strong>de</strong>r Warenlieferungen war <strong>und</strong> daß keine<br />

Auszahlungen <strong>de</strong>s Markgegenwertes an die evangelischen<br />

Kirchen in <strong>de</strong>r DDR erfolgte. Nutznießer war<br />

allein <strong>de</strong>r Bereich Kommerzielle Koordinierung bzw.<br />

die DDR-Regierung.<br />

a) Vorgeschichte<br />

Mit <strong>de</strong>r sich En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r 40er <strong>und</strong> in <strong>de</strong>n 50er Jahren vertiefen<strong>de</strong>n<br />

Teilung Deutschlands in zwei politisch wie<br />

wirtschaftlich unterschiedliche Systeme ging das Bemühen<br />

<strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esregierung um - wegen ihrer politischen<br />

Anschauungen - Verfolgte in <strong>de</strong>r Sowjetischen<br />

Besatzungszone <strong>und</strong> späteren DDR einher, da die<br />

B<strong>und</strong>esregierung an <strong>de</strong>r Einheit <strong>de</strong>r Nation festhielt.<br />

Dazu wur<strong>de</strong> die Rechtsschutzstelle als Außenstelle<br />

<strong>de</strong>s 1949 geschaffenen B<strong>und</strong>esministeriums für gesamt<strong>de</strong>utsche<br />

Fragen in Berlin (West) eingerichtet. In<br />

ihr waren von <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esregierung honorierte Anwälte<br />

tätig, u. a. die Rechtsanwälte Commichau, Musiolik,<br />

Sehrig, Salm <strong>und</strong> Näumann, die sich um Hafterleichterungen<br />

für bereits zu Freiheitsstrafen Verurteilte<br />

bemühten, Informationen über - aus politischen<br />

Grün<strong>de</strong>n - verhaftete Bürger sammelten <strong>und</strong> Anwälte<br />

in <strong>de</strong>r DDR mit <strong>de</strong>ren Verteidigung beauftragten <strong>und</strong><br />

bezahlten. Einer dieser Korrespon<strong>de</strong>nzanwälte in <strong>de</strong>r<br />

DDR war Rechtsanwalt Dr. Vogel.<br />

Parallel dazu setzten sich die evangelischen Kirchen<br />

in <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland seit Anfang <strong>de</strong>r<br />

60er Jahre für die Freilassung kirchlicher Mitarbeiter<br />

ein, die mit <strong>de</strong>r DDR-Regierung in politischen Konflikt<br />

gekommen waren <strong>und</strong> zum Teil langjährige Haftstrafen<br />

zu verbüßen hatten. Zunächst versuchte <strong>de</strong>r<br />

von <strong>de</strong>n Kirchen urandatierte Rechtsanwalt <strong>und</strong> Oberkonsistorialrat<br />

Reymar von We<strong>de</strong>l über Dr. Vogel die<br />

vorzeitige Haftentlassung <strong>de</strong>r Inhaftierten zu erreichen.<br />

Zusammen mit <strong>de</strong>m bereits auf Senatsebene in<br />

Berlin Verhandlungen führen<strong>de</strong>n Rechtsanwalt Jürgen<br />

Stange kam es 1962 zu einer Reihe von Gesprächen<br />

mit Dr. Vogel <strong>und</strong> einem Herrn „Krügeler"<br />

Während bei Stange „Krügeler" als Vertreter <strong>de</strong>r Generalstaatsanwaltschaft<br />

auftrat, gab er bei von We<strong>de</strong>l<br />

vor, ein Mitarbeiter <strong>de</strong>r Rechtsabteilung <strong>de</strong>s ZK <strong>de</strong>r<br />

SED zu sein (133. Sitzung, Protokoll S. 225, 97. Sitzung,<br />

Protokoll S. 8).<br />

Daß es sich bei „Krügeler" um Heinz Volpert vom MfS<br />

han<strong>de</strong>lte, erfuhren die Rechtsanwälte von We<strong>de</strong>l <strong>und</strong><br />

Stange nach eigenen Angaben erst Jahre später.<br />

In diese ersten Gespräche war auch Prälat Johannes<br />

Zinke von <strong>de</strong>r katholischen Kirche involvie rt .<br />

Mitte 1962 signalisierten Dr. Vogel <strong>und</strong> Volpert <strong>de</strong>n<br />

Rechtsanwälten von We<strong>de</strong>l<strong>und</strong> Stange die Bereitschaft<br />

<strong>de</strong>r DDR-Regierung, Menschen vorzeitig aus <strong>de</strong>r Haft<br />

zu entlassen. Allerdings erwarte man eine Gegenleistung,<br />

die aus drei Waggons Kali für die Wi rtschaft <strong>de</strong>r<br />

DDR bestehen sollte (97. Sitzung, Protokoll S. 8).<br />

Die Kirchen akzeptierten dieses Angebot, doch da<br />

we<strong>de</strong>r von We<strong>de</strong>l noch Stange Erfahrungen mit Warenlieferungen<br />

in die DDR hatten, wur<strong>de</strong> Ludwig Geißel<br />

vom Diakonischen Werk eingeschaltet, <strong>de</strong>r durch<br />

die materielle <strong>und</strong> finanzielle Unterstützung <strong>de</strong>r<br />

evangelischen Kirchen in <strong>de</strong>r DDR schon kommer<br />

zielle Beziehungen zur DDR unterhielt. Geißel besorgte<br />

die erfor<strong>de</strong>rlichen Genehmigungen für die Kali-Lieferung<br />

bei <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esregierung <strong>und</strong> regelte<br />

auch die Abwicklungsmodalitäten im Ministerium für<br />

Außenhan<strong>de</strong>l <strong>und</strong> Inner<strong>de</strong>utschen Han<strong>de</strong>l (MAI).<br />

Bei dieser ersten Aktion wur<strong>de</strong>n 15 kirchliche Mitarbeiter<br />

aus <strong>de</strong>r Haft entlassen. In zwei weiteren Aktionen<br />

wur<strong>de</strong>n auch Mitarbeiter <strong>de</strong>r katholischen Kirche<br />

<strong>und</strong> Privatleute einbezogen, so daß insgesamt in <strong>de</strong>n<br />

Jahren 1962/63 ca. 100 Häftlinge von <strong>de</strong>r evangelischen<br />

<strong>und</strong> katholischen Kirche freigekauft wur<strong>de</strong>n<br />

(97. Sitzung, Protokoll S. 10). Nach Aussage <strong>de</strong>s<br />

Rechtsanwalts von We<strong>de</strong>l bediente sich auch die B<strong>und</strong>esregierung<br />

<strong>de</strong>r evangelischen Kirchen, um einen<br />

Mitarbeiter <strong>de</strong>s B<strong>und</strong>esamtes für Verfassungsschutz<br />

freizukaufen. Die B<strong>und</strong>esregierung selbst übernahm<br />

zu diesem Zeitpunkt keine aktive Rolle beim Häftlingsfreikauf.<br />

Die Gegenleistungen <strong>de</strong>r evangelischen <strong>und</strong> katholischen<br />

Kirche bestan<strong>de</strong>n bei diesen Freikaufaktionen<br />

in <strong>de</strong>r Regel aus Warenlieferungen, nur in wenigen<br />

Ausnahmefällen wur<strong>de</strong>n auch Devisen gezahlt (97.<br />

Sitzung, Protokoll S. 10, 19). Die Realisierung <strong>de</strong>r Warenlieferungen<br />

übernahm wie schon bei <strong>de</strong>r ersten<br />

Aktion Ludwig Geißel. Sein Verhandlungspartner im<br />

MAI war <strong>de</strong>r auch schon aus <strong>de</strong>m sog. A-Geschäft bekannte<br />

MfS-Offizier Horst Roigk. Mit ihm schloß Geißel<br />

die Rahmenvereinbarungen über die von <strong>de</strong>r<br />

DDR-Regierung gefor<strong>de</strong>rten Warenlieferungen <strong>und</strong><br />

beauftragte die ebenfalls aus <strong>de</strong>m sog. A-Geschäft bekannten<br />

sog. Vertrauensfirmen mit <strong>de</strong>r Lieferung<br />

(Dokument-Nr. 670). Die Finanzierung übernahmen<br />

voll die evangelische <strong>und</strong> katholische Kirche, <strong>de</strong>ren<br />

finanzielle Mittel waren allerdings - schnell ausgeschöpft.<br />

Um weitere Freikäufe abwickeln zu können,<br />

informierten die Kirchen die B<strong>und</strong>esregierung. Ihr<br />

wollte man die weitere Organisation <strong>und</strong> die Finanzierung<br />

<strong>de</strong>s Häftlingsfreikaufs überlassen.<br />

Zu diesem Zweck nahmen die Rechtsanwälte von We<strong>de</strong>l<br />

<strong>und</strong> Stange Kontakt zu <strong>de</strong>m damaligen Leiter <strong>de</strong>s<br />

Ministerbüros im B<strong>und</strong>esministerium für gesamt<strong>de</strong>utsche<br />

Fragen, Ludwig A. Rehlinger, auf <strong>und</strong> informierten<br />

B<strong>und</strong>eskanzler Dr. Konrad A<strong>de</strong>nauer sowie Dr.<br />

Rainer Barzel, <strong>de</strong>n zuständigen B<strong>und</strong>esminister für<br />

gesamt<strong>de</strong>utsche Fragen, über die Möglichkeit, politische<br />

Gefangene aus DDR-Haft freizukaufen. Der Verleger<br />

Axel Springer, <strong>de</strong>r sich ebenfalls für die Interessen<br />

politisch Verfolgter in <strong>de</strong>r DDR engagierte <strong>und</strong><br />

aus diesem Gr<strong>und</strong> auch mit Rechtsanwalt Dr. Vogel in<br />

Verbindung stand, nahm ebenfalls Kontakt zu Dr. Rainer<br />

Barzel auf.<br />

En<strong>de</strong> 1963 wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r erste Häftlingsfreikauf durch<br />

die B<strong>und</strong>esregierung realisiert. Gegen Bezahlung eines<br />

Pro-Kopf-Satzes wur<strong>de</strong>n acht politische Gefangene<br />

für <strong>de</strong>n Preis von insgesamt 320.000 DM in bar<br />

vorzeitig aus <strong>de</strong>r Haft in die B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland<br />

<strong>und</strong> das westliche Ausland o<strong>de</strong>r in die DDR entlassen<br />

(69. Sitzung, Protokoll S. 16). Nach Aussage<br />

<strong>de</strong>s für die Geldübergabe verantwortlichen Rechtsanwalts<br />

Stange vor <strong>de</strong>m Untersuchungsausschuß nahm<br />

Volpert, <strong>de</strong>r zusammen mit Rechtsanwalt Vogel die<br />

aus <strong>de</strong>r Haft Entlassenen begleitete, das Geld am<br />

Grenzübergang Friedrichstraße in Empfang (133. Sitzung,<br />

Protokoll S. 225).

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