09.05.2013 Aufrufe

Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

sen. (Vgl. Schmidt, Uwe, „Regierungs- <strong>und</strong> Vereinigungskriminalität<br />

- OK-Strukturen aufgezeigt an Lagebild<br />

<strong>und</strong> Fallbeispielen", Kriminalistik, 1993, H. 8-9,<br />

521ff., 528)<br />

Wegen <strong>de</strong>r hohen Verdienstspannen haben immer<br />

wie<strong>de</strong>r westliche Unternehmen angeboten, Embargowaren<br />

in die DDR zu exportieren. Der Han<strong>de</strong>lsbereich<br />

4 ging auf die Angebote unbekannter Lieferanten allerdings<br />

nicht ein. Man machte davon nach Aussage<br />

von Ronneberger keinen Gebrauch, „weil wir nicht<br />

ihre Seriosität einschätzen konnten", <strong>und</strong> weil es sich<br />

um Händler han<strong>de</strong>ln konnte, die von westlichen<br />

Nachrichtendiensten zur Aufklärung eingesetzt wur<strong>de</strong>n.<br />

Die Auswahl <strong>de</strong>r Lieferanten übernahm <strong>de</strong>r Han<strong>de</strong>lsbereich<br />

4 in eigener Verantwortung. Für viele Geschäfte<br />

bediente man sich langjähriger Han<strong>de</strong>lspartner,<br />

die von <strong>de</strong>r Hauptabteilung XVIII/8 <strong>de</strong>s MfS laufend<br />

überprüft wur<strong>de</strong>n. Über die Ergebnisse dieser<br />

Überprüfungen informierte das MfS auch <strong>de</strong>n Han<strong>de</strong>lsbereich<br />

4. Die westlichen Geschäftspartner <strong>de</strong>r<br />

SBO wur<strong>de</strong>n ebenfalls von <strong>de</strong>r Hauptabteilung XVIII/<br />

8 überprüft, während die Arbeitsgruppe BKK die Lieferanten<br />

<strong>de</strong>r Arbeitsgruppe MAH (Arbeitsgruppe<br />

Bau<strong>de</strong>) überwachte.<br />

Ingenieur Hans Jochheim<br />

Seit <strong>de</strong>n 60er Jahren lieferte <strong>de</strong>r Ingenieur Hans Jochheim<br />

Embargoware <strong>und</strong> militärtechnische Unterlagen<br />

in die DDR, insbeson<strong>de</strong>re an die SBO <strong>de</strong>s MfS,<br />

außer<strong>de</strong>m an weitere Ostblocklän<strong>de</strong>r. Jochheim erwarb<br />

1958 zusätzlich zur <strong>de</strong>utschen auch die schwedische<br />

Staatsbürgerschaft <strong>und</strong> trat bei Reisen in <strong>de</strong>n<br />

Ostblock stets als schwedischer Geschäftsmann auf,<br />

so daß er für die Han<strong>de</strong>lspartner in <strong>de</strong>r DDR als<br />

„neutraler" Auslän<strong>de</strong>r galt. Die Geschäfte seines Unternehmens<br />

Recoma betrieb Jochheim von Laatzen<br />

bei Hannover aus. Etwa 1969 mietete er einen Büroraum<br />

mit anschließen<strong>de</strong>m Schlafzimmer in <strong>de</strong>r Sonntagstraße<br />

12 in Berlin (Ost) <strong>und</strong> mel<strong>de</strong>te unter dieser<br />

Anschrift eine Unternehmensnie<strong>de</strong>rlassung <strong>und</strong> einen<br />

Zweitwohnsitz bei <strong>de</strong>n Organen in Berlin (Ost)<br />

an.<br />

1969 lernte er Wolfram Zahn kennen, <strong>de</strong>r zu dieser<br />

Zeit noch Direktor <strong>de</strong>r VVB Bauelemente <strong>und</strong> Vakuumtechnik<br />

war. Nach zunächst lockeren Verbindungen<br />

wur<strong>de</strong>n die Kontakte ab 1977 enger, <strong>und</strong> Zahn<br />

übergab bei Treffen mit Jochheim Bestellzettel, auf<br />

<strong>de</strong>nen in Hand- o<strong>de</strong>r Maschinenschrift Aufträge aufgelistet<br />

waren. Bis zu seiner Verhaftung im September<br />

1984 beschaffte Jochheim zahlreiche Embargogüter<br />

für die Außenhan<strong>de</strong>lsbetriebe Elektrotechnik Export-Import<br />

<strong>und</strong> Elektronik Export-Import, die VVB<br />

Bauelemente <strong>und</strong> Vakuumtechnik <strong>und</strong> für das MfS. Er<br />

lieferte unter an<strong>de</strong>rem Kristallziehanlagen, Meßgeräte,<br />

Minisen<strong>de</strong>raufspürgeräte, versteckte Mikrofone,<br />

Schaltkreise, nachrichtendienstlich nutzbare Geräte<br />

zur Funküberwachung <strong>und</strong> umfangreiches Schriftmaterial<br />

über <strong>de</strong>n westlichen Rüstungsmarkt an die<br />

DDR.<br />

Ab 1980 wußte Jochheim, daß es sich bei Zahn <strong>und</strong><br />

an<strong>de</strong>ren Geschäftspartnern um MfS-Mitarbeiter han<br />

<strong>de</strong>lte, die ihm geheimdienstliche Aufträge erteilten.<br />

<strong>Deutscher</strong> B<strong>und</strong>estag —12. Wahlperio<strong>de</strong> Drucksache 12/7600<br />

Dies hat das Oberlan<strong>de</strong>sgericht Celle im Urteil gegen<br />

Jochheim festgestellt.<br />

Seit 1964 arbeitete Jochheim nach <strong>de</strong>n Unterlagen<br />

<strong>de</strong>s MfS als IM unter <strong>de</strong>m Aliasnamen „Kaufmann"<br />

mit <strong>de</strong>m MfS zusammen, ab 1970 für die Hauptabteilung<br />

XVIII/8. „Die Zusammenarbeit seit diesem<br />

Zeitpunkt bezog sich ... schwerpunktmäßig auf die<br />

Erziehung <strong>und</strong> Lenkung <strong>de</strong>s IM, zur Erhöhung seiner<br />

Sicherheit beim Unterlaufen <strong>de</strong>r Embargobestimmungen<br />

<strong>und</strong> bei <strong>de</strong>r Realisierung kommerzieller<br />

Aufträge", schrieb <strong>de</strong>r Leiter <strong>de</strong>r Hauptabteilung<br />

XVIII/8, Oberstleutnant Artur Wenzel, 1983 in einem<br />

Vermerk. In diesem Jahr been<strong>de</strong>te das MfS die inoffizielle<br />

Zusammenarbeit; als Begründung dafür<br />

nannte Wenzel „die geringe Möglichkeit <strong>de</strong>r Beschaffung<br />

operativ interessieren<strong>de</strong>r Informationen"<br />

(Dokument-Nr. 577)<br />

1984 nahm <strong>de</strong>r Elektronik-Händler Richard Müller in<br />

Berlin (Ost) zu Jochheim Kontakt auf <strong>und</strong> bat ihn um<br />

die Beschaffung von Peripheriegeräten <strong>und</strong> Ausrüstungs-<br />

<strong>und</strong> Ergänzungsteilen für Computeranlagen.<br />

Am 13. September 1984 wur<strong>de</strong> Jochheim verhaftet<br />

<strong>und</strong> am 7. Februar 1986 vom Oberlan<strong>de</strong>sgericht Celle<br />

wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit in Tateinheit<br />

mit verbotenen Geschäften im inner<strong>de</strong>utschen<br />

Han<strong>de</strong>l zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren <strong>und</strong><br />

vier Monaten verurteilt.<br />

Im November 1986 wur<strong>de</strong> Jochheim aus <strong>de</strong>r Haft entlassen.<br />

Wenige Tage später reiste er nach Berlin (Ost)<br />

<strong>und</strong> nahm Kontakt zu seinen Han<strong>de</strong>lspartnern auf.<br />

Dadurch war es auch <strong>de</strong>r MfS-Hauptabteilung XVIII/<br />

8 möglich, mit <strong>de</strong>m Embargohändler - zu sprechen.<br />

Jochheim machte <strong>de</strong>taillierte Angaben über <strong>de</strong>n gegen<br />

ihn geführten Prozeß <strong>und</strong> versuchte, erneut ins<br />

Geschäft zu kommen. Die Importeure auf DDR-Seite<br />

lehnten dies aber ab, weil es ihnen zu risikoreich erschien<br />

(Dokument-Nr. 578).<br />

Das Unternehmen P. M. Majunke<br />

Die Beweiserhebung durch <strong>de</strong>n Untersuchungsausschuß<br />

hat ergeben, daß das Unternehmen P. M. Majunke<br />

aus Wesseling bei Köln einer <strong>de</strong>r Hauptlieferanten<br />

<strong>und</strong> langjährigen Geschäftspartner aus <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Deutschland für <strong>de</strong>n Han<strong>de</strong>lsbereich 4<br />

war.<br />

In <strong>de</strong>n 60er Jahren exportierte das Unternehmen<br />

elektronische Bauelemente an <strong>de</strong>n AHB Heimelektrik<br />

<strong>und</strong> arbeitete offiziell als sog. Vertreterfirma von Intermetall<br />

Freiburg. In dieser Zeit knüpfte das Unterneh-<br />

men erste Geschäftsbeziehungen zu Gerhardt Ronne<br />

berger, die ab 1986 durch die Bildung <strong>de</strong>s Han<strong>de</strong>lsbereichs<br />

4 wesentlich erweitert wur<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>n 80er Jahren<br />

lieferte das Unternehmen nach Feststellung <strong>de</strong>r<br />

10. großen Strafkammer (Wirtschaftsstrafkammer)<br />

<strong>de</strong>s Landgerichts Köln Reinstsilizium im Gesamtwert<br />

von 13,6 Mio. DM brutto, Computer <strong>und</strong> Computerteile<br />

in die DDR. Sie erzielte nach Feststellung <strong>de</strong>r<br />

Staatsanwaltschaft durch die Verkäufe Gewinne in<br />

Millionenhöhe, die sie in <strong>de</strong>r Schweiz vor <strong>de</strong>n Behör<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland in Sicherheit<br />

brachte.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!