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Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

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Grenzstellen entwe<strong>de</strong>r bevorzugt abgefertigt o<strong>de</strong>r sogar<br />

völlig von allen Kontrollen befreit wur<strong>de</strong>n. Das<br />

Verfahren war einfach. Eine Grenzavisierung erfolgte<br />

in <strong>de</strong>r Regel durch schriftliche o<strong>de</strong>r telefonische Benachrichtigung<br />

<strong>de</strong>r Arbeitsgruppe Zoll. Diese nahm<br />

die ausführlich zu übermitteln<strong>de</strong>n Daten über Datum,<br />

Zeitpunkt <strong>und</strong> Ort <strong>de</strong>s Grenzübertritts entgegen <strong>und</strong><br />

leitete sie an die Hauptabteilung VI weiter. Innerhalb<br />

<strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle Koordinierung war nur<br />

ein ganz bestimmter Personenkreis, vor allem Dr.<br />

Schalck-Golodkowski <strong>und</strong> Manfred Sei<strong>de</strong>l, aber auch<br />

eine Reihe von Abteilungsleitern <strong>und</strong> Generaldirektoren<br />

berechtigt, Anträge zur Vereinfachung beim<br />

grenzüberschreiten<strong>de</strong>n Verkehr nach Berlin (West)<br />

o<strong>de</strong>r in das B<strong>und</strong>esgebiet zu stellen. Der Leiter <strong>de</strong>r<br />

AG Zoll, Schwertfeger, hatte über <strong>de</strong>n diensthaben<strong>de</strong>n<br />

Offizier in <strong>de</strong>r Hauptabteilung VI <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n<br />

Grenzübergangspunkt zu informieren. Bei<br />

Rückfragen mußte er in <strong>de</strong>r Regel bei Dr. Schalck-Golodkowski<br />

o<strong>de</strong>r Manfred Sei<strong>de</strong>l um Zustimmung für<br />

die beantragte Ausnahmeregelung bitten. Wie <strong>de</strong>r<br />

Minister für Staatssicherheit, Erich Mielke, in <strong>de</strong>m Befehl<br />

Nr. 12/88 festhielt, war letztlich „<strong>de</strong>r Leiter <strong>de</strong>r<br />

Hauptabteilung VI ... für die Durchsetzung <strong>de</strong>r durch<br />

<strong>de</strong>n Bereich verfügten Ausnahmeentscheidung bei<br />

<strong>de</strong>r Kontrolle von Personen, Gütern <strong>und</strong> Transportmitteln<br />

im grenzüberschreiten<strong>de</strong>n Verkehr verantwortlich"<br />

.<br />

Die konkrete Zusammenarbeit zwischen Zollverwaltung<br />

<strong>de</strong>r DDR <strong>und</strong> Bereich Kommerzielle Koordinierung<br />

Alle Waren- <strong>und</strong> Finanzbewegungen, die <strong>de</strong>r Bereich<br />

Kommerzielle Koordinierung grenzübergreifend vornahm<br />

o<strong>de</strong>r veranlaßte, erfor<strong>de</strong>rten eine Zusammenarbeit<br />

zwischen <strong>de</strong>m Bereich Kommerzielle Koordinierung<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Zollverwaltung <strong>de</strong>r DDR. Eine beson<strong>de</strong>rs<br />

enge <strong>und</strong> zielgerichtete Zusammenarbeit ließ sich bei<br />

<strong>de</strong>r Beschaffung <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Verkauf von Kunstgegenstän<strong>de</strong>n<br />

feststellen. An <strong>de</strong>r Grenze vom Zoll beschlagnahmte<br />

Antiquitäten <strong>und</strong> Kunstgegenstän<strong>de</strong>, aber<br />

auch an<strong>de</strong>re - mehr o<strong>de</strong>r weniger - wertvolle Gegenstän<strong>de</strong><br />

wie beispielsweise Kin<strong>de</strong>rspielzeug, wur<strong>de</strong>n regelmäßig<br />

von <strong>de</strong>r Zollverwaltung <strong>de</strong>r DDR <strong>de</strong>r Kunst<br />

<strong>und</strong> Antiquitäten GmbH (KuA) zur Verwertung weitergegeben.<br />

Carla Görlich, die bis Juni 1980 in <strong>de</strong>r Hauptverwaltung<br />

<strong>de</strong>r DDR-Zollverwaltung arbeitete <strong>und</strong> von<br />

1980 bis 1990 bei <strong>de</strong>m VEB Antikhan<strong>de</strong>l Pirna beschäftigt<br />

war, hat gegenüber <strong>de</strong>m Untersuchungsausschuß<br />

als Zeugin bek<strong>und</strong>et, daß die Zollverwaltung <strong>de</strong>r DDR<br />

<strong>de</strong>n Leiter <strong>de</strong>r KuA benachrichtigte, wenn eingezogene<br />

Kunstgegenstän<strong>de</strong> <strong>und</strong> Antiquitäten zum Weiterverkauf<br />

übernommen wer<strong>de</strong>n konnten (59. Sitzung).<br />

Gr<strong>und</strong>lage für die Weitergabe <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Verkauf dieser<br />

Zoll-Asservate war die am 18. August 1986 zwischen<br />

<strong>de</strong>m MAH, Bereich Kommerzielle Koordinierung <strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>m Ministerium <strong>de</strong>s Innern getroffene Vereinbarung<br />

„Zur Verwertung eingezogener Gegenstän<strong>de</strong> durch<br />

die Kunst <strong>und</strong> Antiquitäten GmbH" (Dritter Teilbericht,<br />

BT-Drucksache 12/4500, Dokument-Nr. 107).<br />

Die Grün<strong>de</strong> für die Beschlagnahme <strong>de</strong>r Gegenstän<strong>de</strong><br />

durch <strong>de</strong>n DDR-Zoll konnten durchaus unterschiedlich<br />

sein, teilweise geschah sie ohne je<strong>de</strong> Rechtsgr<strong>und</strong>lage.<br />

Antiquitäten- <strong>und</strong> Kunstgutbesitzer, die<br />

<strong>Deutscher</strong> B<strong>und</strong>estag —12. Wahlperio<strong>de</strong> Drucksache 12/7600<br />

die DDR verließen, erhielten in <strong>de</strong>r Regel keine Genehmigung,<br />

ihre Sammlungen mitzunehmen. Versuchten<br />

sie trotz<strong>de</strong>m, ihre Kunstgegenstän<strong>de</strong> mitzuführen,<br />

teilweise unter Umgehung <strong>de</strong>r DDR-Zollbestimmungen,<br />

konnten ihre Sammlungen eingezogen<br />

wer<strong>de</strong>n. Die we rtvolle Stradivarigeige <strong>de</strong>s Zeugen<br />

Dieter Möller wur<strong>de</strong> an <strong>de</strong>r DDR-Grenze beschlagnahmt,<br />

obwohl er sie <strong>de</strong>n Zollorganen gemel<strong>de</strong>t hatte.<br />

Eine ähnliche ziel- <strong>und</strong> zweckgerichtete Zusammenarbeit<br />

zwischen <strong>de</strong>n Organen <strong>de</strong>r Zollverwaltung <strong>de</strong>r<br />

DDR <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Bereich Kommerzielle Koordinierung<br />

gab es auch in an<strong>de</strong>ren Bereichen, bei <strong>de</strong>r Beschaffung<br />

von Embargowaren, <strong>de</strong>r Umgehung <strong>de</strong>r inner<strong>de</strong>utschen<br />

Han<strong>de</strong>lsbestimmungen o<strong>de</strong>r bei Schmuggelgeschäften<br />

mit Zigaretten <strong>und</strong> Alkohol. Diese Zusammenarbeit<br />

bestand dann aber in <strong>de</strong>r Regel darin,<br />

daß die Organe <strong>de</strong>s DDR-Zolls - durch Vermittlung<br />

<strong>de</strong>r Hauptabteilung VI <strong>de</strong>s MfS - von jeglichen Kontrollen<br />

absahen.<br />

Bei <strong>de</strong>r Beschaffung von Embargoware spielte es eine<br />

wichtige Rolle, daß <strong>de</strong>r Bereich Kommerzielle Koordinierung<br />

die Möglichkeit hatte, mittels <strong>de</strong>r AG Zoll je<strong>de</strong>rzeit<br />

die Grenze zu öffnen <strong>und</strong> Fahrzeuge ohne<br />

DDR-Kontrollen durchzulassen. Vor allem westliche<br />

Lieferanten, die Embargowaren in die DDR verkauften<br />

<strong>und</strong> teilweise auch selbst anlieferten, hatten ein<br />

Interesse daran, unbehelligt von Kontrollen <strong>und</strong> ohne<br />

Aufsehen die Grenze zur DDR passieren zu können.<br />

Die Praxis <strong>de</strong>r „Grenzfreimachung" bestand dann<br />

darin, daß die zu liefern<strong>de</strong> Embargoware, egal ob<br />

durch Anlieferung eines Spediteurs o<strong>de</strong>r durch persönlichen<br />

Transport <strong>de</strong>s jeweiligen Lieferanten, ohne<br />

Kontrollen durch die DDR-Zollverwaltung in die DDR<br />

gelangen konnte. Gerhardt Ronneberger, Leiter <strong>de</strong>s<br />

Han<strong>de</strong>lsbereichs 4, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Bereich Kommerzielle<br />

Koordinierung unterstand, war in solchen Fällen <strong>de</strong>r<br />

sog. Grenzfreimachung verpflichtet, einen schriftlichen<br />

Antrag an Dr. Schalck-Golodkowski zu stellen<br />

mit <strong>de</strong>taillierten Angaben über Zeitpunkt, Ort <strong>und</strong> Art<br />

<strong>de</strong>s Grenzübertritts. War die Embargoware in einem<br />

<strong>de</strong>r Lager <strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle Koordinierung<br />

eingetroffen, wur<strong>de</strong>n alle Hinweise auf <strong>de</strong>n Lief eranten,<br />

<strong>de</strong>n Transportweg <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Hersteller entfernt.<br />

Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß die Zollverwaltung<br />

<strong>de</strong>r DDR in <strong>de</strong>r Regel nur Zuliefer- <strong>und</strong><br />

Zuträgerdienste für <strong>de</strong>n Bereich Kommerzielle Koordinierung<br />

leistete. Der Bereich selbst hatte aufgr<strong>und</strong><br />

seiner engen Verbindungen zum MfS ausreichend<br />

Möglichkeiten, die Zollverwaltung zu über- <strong>und</strong> zu<br />

umgehen. Der Bereich Kommerzielle Koordinierung<br />

konnte somit bei <strong>de</strong>r Organisierung <strong>de</strong>s Waffenhan<strong>de</strong>ls<br />

durch das Unternehmen IMES GmbH weitestgehend<br />

auf eine Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>r DDR-Zollverwaltung<br />

verzichten. Ein großer Teil <strong>de</strong>r wirtschaftlichen<br />

Aktivitäten <strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle Koordinierung<br />

wäre allerdings ohne die Praxis <strong>de</strong>r Zollfreimachung<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Avisierung, wie sie die AG Zoll ermöglichte,<br />

nicht zu verwirklichen gewesen. So gehörten<br />

auch Mitarbeiter <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Kuriergruppen, die<br />

<strong>de</strong>r Bereich Kommerzielle Koordinierung zur Befriedigung<br />

von Son<strong>de</strong>rbedürfnissen <strong>de</strong>r Politbürospitze unterhielt,<br />

zu <strong>de</strong>n „ständig avisierten" Personen, die je<strong>de</strong>rzeit<br />

ohne Kontrollen die Grenze zur DDR passieren<br />

konnten (Dokument-Nr. 193).

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