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Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

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Drucksache 12/7600 <strong>Deutscher</strong> B<strong>und</strong>estag —12. Wahlperio<strong>de</strong><br />

Vorstellungen, wie im Jahre 1966 <strong>de</strong>r Parteiführung<br />

Gel<strong>de</strong>r im Umfang von drei bis vier Mio. DM zur Verfügung<br />

gestellt wer<strong>de</strong>n könnten. Ein Ausbau <strong>de</strong>r Devisenerwirtschaftung<br />

verlange bestimmte Voraussetzungen:<br />

Dazu gehörten eine ein<strong>de</strong>utige Festlegung<br />

<strong>de</strong>r Vollmachten <strong>de</strong>r in diesem Sektor <strong>de</strong>s Außenhan<strong>de</strong>ls<br />

tätigen Personen, weiterhin seien die Geschäftsaktivitäten<br />

<strong>de</strong>r Außenhan<strong>de</strong>lsunternehmen Zentral-<br />

Kommerz Gesellschaft für internationalen Han<strong>de</strong>l<br />

mbH, Intrac Han<strong>de</strong>lsgesellschaft mbH <strong>und</strong> Transinter<br />

GmbH durch eine einheitliche Leitung direkt im MAI,<br />

die wie<strong>de</strong>rum durch einen stellvertreten<strong>de</strong>n Minister<br />

o<strong>de</strong>r einen Hauptabteilungsleiter im MAI wahrzunehmen<br />

sei, zu steuern.<br />

Bei dieser ersten Gruppe von Geschäften han<strong>de</strong>le es<br />

sich „mehr o<strong>de</strong>r weniger um unseriöse Metho<strong>de</strong>n",<br />

weshalb von staatlicher Seite bzw. von <strong>de</strong>n Außenhan<strong>de</strong>lsunternehmen<br />

die Funktion nicht wahrgenommen<br />

wer<strong>de</strong>n könne.<br />

Eine zweite Gruppe seien die Geschäfte mit <strong>de</strong>r Kirche<br />

(sog. Kirchengeschäft A) <strong>und</strong> die Son<strong>de</strong>rgeschäfte<br />

(sog. Kirchengeschäft B, Häftlingsfreikauf), die von<br />

einem Bevollmächtigten <strong>de</strong>s Außenhan<strong>de</strong>lsministers<br />

koordiniert wer<strong>de</strong>n sollten.<br />

Vor allem sollten drittens die Geschäftsoperationen,<br />

bei <strong>de</strong>nen er bereits als Erster Sekretär <strong>de</strong>r Kreisleitung<br />

Außenhan<strong>de</strong>l mit <strong>de</strong>n sog. MfS-Vertrauensfirmen Simon<br />

Industrievertretungen <strong>und</strong> F. C. Gerlach Export-<br />

Import zusammengearbeitet hatte, ausgebaut wer<strong>de</strong>n,<br />

in<strong>de</strong>m diese Tätigkeiten nunmehr hauptamtlich durchgeführt<br />

<strong>und</strong> mit entsprechen<strong>de</strong>n Vollmachten <strong>de</strong>s MAI<br />

ausgestattet wür<strong>de</strong>n. Ferner sei eine enge Zusammenarbeit<br />

<strong>und</strong> Unterstützung durch die zuständige Diensteinheit<br />

im MfS notwendig, um „eine Reihe von Operationen,<br />

wie illegale Warentransporte, Versicherungsbetrug<br />

u.a. streng geheimzuhalten<strong>de</strong> Massnahmen"<br />

durchzuführen, von <strong>de</strong>nen nur ein kleiner, äußerst begrenzter<br />

Personenkreis Kenntnis haben dürfe.<br />

Bei diesen diffizilen, brisanten Geschäftspraktiken<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r notwendigen Geheimhaltung sei eine Koordination<br />

mit <strong>de</strong>m MfS unumgänglich.<br />

Mit diesem Brief empfahl sich Schalck-Golodkowski<br />

selbst als <strong>de</strong>rjenige, <strong>de</strong>r im Staatsapparat diese Aufgabe<br />

durchführen konnte; er wollte die vom ZK <strong>de</strong>r<br />

SED zu erteilen<strong>de</strong> Vollmacht zur Schaffung <strong>de</strong>r vorgenannten<br />

organisatorischen Voraussetzungen bekommen<br />

(vgl. Erster Teilbericht, BT-Drucksache 12/3462,<br />

Dokument-Nr. 4, S. 48ff.).<br />

Schalck-Golodkowski hatte eine gezielte Auswahl<br />

<strong>de</strong>r kommerziellen Aktivitäten vorgenommen: lukrative<br />

Geschäftsbereiche sollten zusammengeführt wer<strong>de</strong>n.<br />

Die genannten Geschäftsgruppen, die in <strong>de</strong>m<br />

neuen Bereich gebün<strong>de</strong>lt <strong>und</strong> effektiver gestaltet<br />

wer<strong>de</strong>n sollten, waren allesamt keine „üblichen"<br />

wirtschaftlichen Aktivitäten, son<strong>de</strong>rn prosperieren<strong>de</strong><br />

kommerzielle Tätigkeiten ohne wirtschaftliches Risiko.<br />

Gingen mit <strong>de</strong>n sog. Kirchengeschäften A noch<br />

gewisse Aufwendungen für die erhaltenen Warenlieferungen<br />

einher, da <strong>de</strong>ren Warenwert im Verhältnis<br />

1:1 in Mark <strong>de</strong>r DDR <strong>de</strong>n Kirchen zur Verfügung gestellt<br />

wur<strong>de</strong>n, so waren die sog. Kirchengeschäfte B,<br />

<strong>de</strong>r Häftlingsfreikauf, mit keiner wirtschaftlichen Gegenleistung<br />

<strong>de</strong>r DDR verb<strong>und</strong>en. Ein ähnlich positi<br />

ves Bild zeigten die Unternehmen <strong>de</strong>s MfS mit ihrer<br />

wachsen<strong>de</strong>n Geschäftstätigkeit auf <strong>de</strong>m Embargosektor.<br />

Der B rief an Hermann Matern ist als Schlüsseldokument<br />

für die Gründungsgeschichte <strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle<br />

Koordinierung anzusehen. Schalck-Golodkowski<br />

stellte hier die Weichen für die Institutionalisierung<br />

<strong>de</strong>r bisher geübten Praxis kommerzieller Tätigkeiten<br />

mit <strong>de</strong>m Ziel einer Erhöhung <strong>de</strong>r Devisenerwirtschaftung,<br />

skizzierte die Strukturen <strong>und</strong> Auf gaben<br />

<strong>de</strong>s aufzubauen<strong>de</strong>n Bereichs <strong>und</strong> ließ mit Blick<br />

auf seine Erfahrungen auf <strong>de</strong>m Sektor Außenhan<strong>de</strong>l<br />

seine Ambitionen für die Koordinierung dieser kommerziellen<br />

Tätigkeiten <strong>de</strong>utlich erkennen. In <strong>de</strong>m<br />

Brief, <strong>de</strong>r nach Schalck-Golodkowskis Aussage nicht<br />

beantwortet wur<strong>de</strong>, legte er eine Konzeption dar, die<br />

systematisch <strong>und</strong> konsequent die Außenhan<strong>de</strong>lsaktivitäten<br />

für eine Verbesserung <strong>de</strong>s Devisenhaushalts<br />

<strong>de</strong>r DDR bün<strong>de</strong>ln <strong>und</strong> erschließen sollte.<br />

In seinen Vernehmungen vor <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esanwaltschaft<br />

beim B<strong>und</strong>esgerichtshof, <strong>de</strong>r Staatsanwaltschaft bei<br />

<strong>de</strong>m Kammergericht Berlin <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Untersuchungsausschuß<br />

hat Dr. Schalck-Golodkowski die Echtheit<br />

<strong>de</strong>s Briefes in Zweifel zu ziehen versucht. Dem ist entgegenzuhalten,<br />

daß dieser Brief am En<strong>de</strong> seine Paraphe<br />

führt. Dr. Schalck-Golodkowski hat vor <strong>de</strong>m Untersuchungsausschuß<br />

zur Frage <strong>de</strong>r Authentizität <strong>de</strong>s<br />

Briefes gesagt: „Ich möchte hier dazu weiter nichts sagen,<br />

zumal offen bleibt, ob es sich um eine Fälschung<br />

han<strong>de</strong>lt" . Festzuhalten ist, daß sich Dr. Schalck-Golodkowski<br />

zu <strong>de</strong>m B rief mit seiner Unterschrift bekannt<br />

hat. Seine Zweifel bezogen sich auf <strong>de</strong>n Umstand,<br />

ob durch seine Paraphe <strong>de</strong>r gesamte Wortlaut<br />

<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Untersuchungsausschuß - vorliegen<strong>de</strong>n Fassung<br />

<strong>de</strong>s Briefes abge<strong>de</strong>ckt wur<strong>de</strong>.<br />

Vor <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esanwaltschaft beim B<strong>und</strong>esgerichtshof<br />

hat Dr. Schalck-Golodkowski ausgesagt, daß das Politbüromitglied<br />

Matern stets eine Einmischung <strong>de</strong>s<br />

MfS in Partei- o<strong>de</strong>r gar Wirtschaftsfragen streng abgelehnt<br />

habe <strong>und</strong> folglich Matern nicht <strong>de</strong>r richtige<br />

Adressat für einen Brief diesen Inhalts gewesen sei.<br />

Diese Argumentation vermag die Überzeugung <strong>de</strong>s<br />

Untersuchungsausschusses, daß <strong>de</strong>r Brief echt ist,<br />

nicht zu än<strong>de</strong>rn.<br />

Daß das Schreiben nur in dreifacher Form vorliegt,<br />

beim Empfänger Matern, beim Absen<strong>de</strong>r Schalck-<br />

Golodkowski <strong>und</strong> bei <strong>de</strong>m namentlich erwähnten Josef<br />

Steidl, kann ebenfalls als ein Beleg für die Be<strong>de</strong>utung<br />

<strong>de</strong>s Briefes betrachtet wer<strong>de</strong>n. Die Frage nach<br />

einer etwaigen Mitautorenschaft Josef Steidls an <strong>de</strong>m<br />

Brief, die Schalck-Golodkowski vor <strong>de</strong>m Untersuchungsausschuß<br />

zu be<strong>de</strong>nken gab, kann nicht abschließend<br />

beantwortet wer<strong>de</strong>n.<br />

Zu <strong>de</strong>r Frage nach <strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r sog. Kirchengeschäfte<br />

für die Gründung <strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle<br />

Koordinierung gibt es mehrere Zeugenaussagen.<br />

In seiner ersten Vernehmung vor <strong>de</strong>m Untersuchungsausschuß<br />

hat Dr. Schalck-Golodkowski gesagt,<br />

daß die Geschäfte mit <strong>de</strong>r Kirche <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Religionsgemeinschaften<br />

eine Basis für <strong>de</strong>n Bereich Kornmerzielle<br />

Koordinierung gebil<strong>de</strong>t hätten. Nach Aussage<br />

Manfred Sei<strong>de</strong>ls sind die kommerziellen Ge-

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