09.05.2013 Aufrufe

Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Drucksache 12/7600 <strong>Deutscher</strong> B<strong>und</strong>estag — 12. Wahlperio<strong>de</strong><br />

II gänzlich ausläuft, ist dies im Produktionsmittelsektor<br />

nicht <strong>de</strong>r Fall. In diesem Bereich existiert kein<br />

Markt, son<strong>de</strong>rn wer<strong>de</strong>n die Produktionsmittel über<br />

<strong>de</strong>n Plan an die Bet riebe verteilt. Das Interesse <strong>de</strong>r<br />

Plankommission besteht an sogenannten „harten"<br />

Plänen, das heißt möglichst hohen Zuwachsraten <strong>de</strong>r<br />

Produktion, das Interesse <strong>de</strong>r Bet riebe dagegen an<br />

„weichen" Plänen, das heißt niedrigen Planvorgaben<br />

<strong>und</strong> vor allem möglichst großen Produktionsmittelzuteilungen.<br />

In <strong>de</strong>r hydraulischen Analogie be<strong>de</strong>utet<br />

dies, daß in <strong>de</strong>n Produktionsmittelkreislauf eine<br />

Pumpe eingebaut ist, die <strong>de</strong>n Kessel I permanent<br />

leersaugt. Deren Wirkung wird von <strong>de</strong>r Pumpe 2<br />

(<strong>de</strong>m Bemühen <strong>de</strong>r Plankommission um möglichst<br />

hohe Produktionsmittel-Produktion) noch verstärkt.<br />

Da es zwischen Kessel I <strong>und</strong> Kessel II gewisse Lecks<br />

o<strong>de</strong>r Ventile gibt — weil sich manche Konsumgüter<br />

auch als Produktionsmittel o<strong>de</strong>r für die Reservebildung<br />

<strong>de</strong>r Betriebe für Notfälle verwen<strong>de</strong>n lassen —<br />

wird durch die Saugwirkung <strong>de</strong>r Pumpen 1 <strong>und</strong> 2 im<br />

Produktionsmittelkreislauf nicht nur <strong>de</strong>r Kessel I<br />

ständig leergesaugt, son<strong>de</strong>rn auch <strong>de</strong>r Wasserstand<br />

im Kessel II vermin<strong>de</strong>rt. Ökonomisch be<strong>de</strong>utet dies,<br />

daß <strong>de</strong>m Produktionsmittelsektor <strong>de</strong>r Planwirtschaft<br />

eine permanente Übernachfrage systemimmanent<br />

ist. Dies ist <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>, weshalb Kornai sie als Knappheits-<br />

o<strong>de</strong>r Saugwirtschaft charakterisiert.<br />

Die allgemeine Knappheit in <strong>de</strong>r Planwirtschaft resultiert<br />

also zum einen aus <strong>de</strong>n weichen Budgetrestriktionen<br />

<strong>de</strong>r Produktionsunternehmen, die diese<br />

zu einer übermäßigen Absorption von Investitionsgütern<br />

ohne Beachtung <strong>de</strong>r Wirtschaftlichkeit <strong>de</strong>r Investitionen<br />

animieren, <strong>und</strong> zum zweiten aus <strong>de</strong>m Verhalten<br />

<strong>de</strong>r Plankommission resultieren<strong>de</strong>n<br />

Expansion Drive, 10) das heißt <strong>de</strong>n knappheitsbedingten<br />

Bestrebungen, die Produktionsmittelproduktion<br />

durch höhere Planauflagen zu stimulieren. Der Expansion<br />

Drive in Verbindung mit <strong>de</strong>r weitgehend<br />

planmäßigen Verteilung von Ressourcen <strong>und</strong> <strong>de</strong>r geringen<br />

Rolle, die Geld <strong>und</strong> Kredit als limitieren<strong>de</strong><br />

Faktoren <strong>de</strong>r Akkumulation in <strong>de</strong>r Planwirtschaft<br />

spielen, führt zu einem unstillbaren Investitionshunger<br />

<strong>de</strong>r Betriebe. Dieser verursacht das Absaugen<br />

aller verfügbaren Ressourcen — nicht nur von Arbeit<br />

<strong>und</strong> Kapital, son<strong>de</strong>rn auch von Roh-, Hilfs- <strong>und</strong> Betriebsstoffen<br />

(<strong>und</strong> selbst von Konsumgütern) — in die<br />

Produktionsbetriebe hinein <strong>und</strong> damit die scheinbare<br />

Überbeschäftigung, bei in Wirklichkeit versteckter<br />

Arbeitslosigkeit <strong>und</strong> ungenutzten Ressourcen <strong>und</strong><br />

Kapazitäten.<br />

In dynamischer Betrachtungsweise führt <strong>de</strong>r Expansion<br />

Drive, das Bemühen <strong>de</strong>r Plankommission um beschleunigtes<br />

Wachstum durch hohe Investitionen (erweiterte<br />

Reproduktion), zwar zu einer Verbreiterung<br />

<strong>de</strong>r Röhren <strong>und</strong> zu einer Vermehrung <strong>de</strong>r umlaufen<strong>de</strong>n<br />

Flüssigkeitsmenge — an <strong>de</strong>r allgemeinen<br />

Knappheit <strong>und</strong> an <strong>de</strong>r Funktionsweise <strong>de</strong>s Systems<br />

än<strong>de</strong>rt dies nichts. Das System reproduziert nicht nur<br />

die Knappheit permanent, es verschärft sie ten<strong>de</strong>nziell,<br />

weil höhere Planauflagen im Produktionsgütersektor<br />

ihrerseits zu überproportional höheren Bedarfsmeldungen<br />

(<strong>und</strong> Horten) <strong>de</strong>r Betriebe führen.<br />

Die Wirtschaftspolitik in <strong>de</strong>r Planwirtschaft wird daher<br />

weitgehend durch die „Allokation von Knappheit"<br />

bestimmt. 11) Die Plankommission kann nichts<br />

zur Vermin<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Knappheit beitragen. Sie hat<br />

nur die Möglichkeit, Knappheit zugunsten von<br />

Schwerpunktsektoren <strong>und</strong> zu Lasten <strong>de</strong>r übrigen<br />

Wirtschaft umzuverteilen.<br />

Auf <strong>de</strong>n Konsumgütermärkten ist Knappheitsmin<strong>de</strong>rung<br />

— wenigstens theoretisch — möglich, weil dieser<br />

Bereich monetarisiert, also Geld in diesem Sektor<br />

wenigstens gr<strong>und</strong>sätzlich knapp ist. Durch die Beeinflussung<br />

<strong>de</strong>r monetären Nachfrage über die Regulierung<br />

<strong>de</strong>r Lohnsumme <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Güterpreise kann <strong>de</strong>r<br />

Staat — wenn er dies tatsächlich will bzw. durchzusetzen<br />

vermag — ein annähern<strong>de</strong>s Gleichgewicht<br />

von Konsumgüterangebot <strong>und</strong> -nachfrage gewährleisten<br />

bzw. wie<strong>de</strong>rherstellen. In <strong>de</strong>r Praxis <strong>de</strong>r sozialistischen<br />

Län<strong>de</strong>r gelang dies allerdings keineswegs.<br />

Die monetäre Nachfrage wuchs auch im Konsumgütersektor<br />

<strong>de</strong>utlich stärker als das Angebot, weil die<br />

Löhne bzw. die Geldmenge im Laufe <strong>de</strong>r Zeit (aus<br />

sozialpolitischen Grün<strong>de</strong>n) stärker stiegen als die<br />

Produktion. Dies führte dazu, daß die Partei- <strong>und</strong><br />

Staatsführungen sich bemühten, die Konsumgüterproduktion<br />

zu Lasten <strong>de</strong>r Investitionen auszuweiten,<br />

was die Knappheitsverhältnisse in <strong>de</strong>m nur para-monetarisierten<br />

Investitionsmittelsektor zusätzlich verschärfte<br />

. Daraus resultierten noch angespanntere<br />

Pläne mit <strong>de</strong>m paradoxen Resultat, daß das Bemühen<br />

um Knappheitsmin<strong>de</strong>rung mittels höherer Planvorgaben<br />

sogar die Intensität <strong>de</strong>r Knappheit erhöhte,<br />

weil es <strong>de</strong>n Saugeffekt <strong>de</strong>r Pumpen 1 <strong>und</strong> 2 verstärkte.<br />

Die Folgen <strong>de</strong>r allgemeinen Knappheit in <strong>de</strong>r Planwirtschaft<br />

waren, über die permanente Reproduktion<br />

bzw. Verstärkung von Knappheit hinaus, weitreichend:<br />

Die Mangelwirtschaft beeinträchtigte die Arbeitsmotivation,<br />

führte zu einer extrem hohen Lagerhaltung,<br />

störte die zwischenbetriebliche<br />

Arbeitsteilung, bedingte Investitionsruinen, eine allgemeine<br />

Innovationsträgheit, häufige Produktionsstillstän<strong>de</strong><br />

durch Engpässe, schlechten Se rvice,<br />

schlechte Produktqualität, unattraktives Design usw.<br />

einschließlich <strong>de</strong>s erst nach <strong>de</strong>m Zusammenbruch<br />

<strong>de</strong>r Planwirtschaften in vollem Umfang <strong>de</strong>utlich gewor<strong>de</strong>nen<br />

Substanzverzehrs in allen Bereichen <strong>de</strong>r<br />

Infrastruktur <strong>und</strong> <strong>de</strong>s Produktionsapparats sowie die<br />

rücksichtslose Inanspruchnahme <strong>de</strong>r Umwelt durch<br />

die Wirtschaft.<br />

Durch Einbeziehung <strong>de</strong>r Außenwirtschaftsbeziehungen<br />

<strong>de</strong>r Planwirtschaften, die in nicht-konvertierbaren<br />

Devisen abgewickelt wur<strong>de</strong>n, in das Mo<strong>de</strong>ll, also<br />

<strong>de</strong>s Han<strong>de</strong>ls mit an<strong>de</strong>ren Knappheitswirtschaften,<br />

ergeben sich keine für die weiteren Überlegungen<br />

be<strong>de</strong>utsame Erkenntnisse. Dagegen hatte <strong>de</strong>r Außenhan<strong>de</strong>l<br />

mit nachfragebeschränkten Marktwirtschaften<br />

für die Planwirtschaften eine ganz an<strong>de</strong>re<br />

Qualität, da in <strong>de</strong>n westlichen Marktwirtschaften alle<br />

in <strong>de</strong>n Planwirtschaften knappen Güter in beliebiger<br />

Menge <strong>und</strong> höherer Qualität verfügbar waren —<br />

allerdings nur gegen ha rte Devisen. Bei Außenhan<strong>de</strong>lsfreiheit<br />

<strong>de</strong>r Betriebe in <strong>de</strong>r Planwirtschaft hätte<br />

dies zu einem starken Exportdrive <strong>de</strong>r Bet riebe geführt,<br />

um Devisen für Impo rte zu erwirtschaften. Die<br />

keinen harten Budgetrestriktionen unterliegen<strong>de</strong>n<br />

Betriebe in <strong>de</strong>r Planwirtschaft hätten alles versucht,<br />

möglichst viele ihrer mit zugeteilten Produktionsin-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!