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Drucksache 12/7600 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode
Erster Teil:
Theoretische Aufbereitung
I. Untersuchungsziel und Vorgehensweise
Aufgabe dieser Untersuchung ist die Bewe rtung der
Aktivitäten des Bereichs Kommerzielle Koordinierung
(KoKo) hinsichtlich ihrer Bedeutung für die
Volkswirtschaft der DDR. Anders ausgedrückt: Es
geht um eine Antwort auf die Frage, ob sich die vielfältigen
Aktivitäten des Bereichs Kommerzielle Koordinierung
vorteilhaft oder nachteilig für die Volkswirtschaft
der DDR ausgewirkt haben').
Die Behandlung dieser empirisch zu untersuchenden
Fragestellung benötigt ein tragfähiges theoretisches
Fundament:
— zum einen die Formulierung von Kriterien, die es
ermöglichen, die Auswirkungen der KoKo-Aktivitäten
„objektiv" als nützlich oder schädlich für die
DDR-Volkswirtschaft zu bewerten und
— zum anderen die Herausarbeitung eines modelltheoretischen
Bezugsrahmens, der die Rolle des
Bereichs KoKo im Rahmen der DDR-Wirtschaft
transparent macht, das heißt die funktionalen Interdependenzen
zwischen dem DDR-Wirtschaftssystem
und KoKo — als einem Subsystem dieses
Wirtschaftssystems — verdeutlicht.
Mit anderen Worten: Die angestrebte intersubjektiv
nachvollziehbare Bewertung der Bedeutung des Bereichs
KoKo für die Volkswirtschaft der DDR macht
die modellmäßige Einordnung der wi rtschaftlichen
Effekte bzw. Ergebnisse der KoKo-Aktivitäten und
ihre Bewe rtung mittels eindeutiger Kriterien erforderlich.
Die Schaffung der Voraussetzungen dafür ist
die Aufgabe dieses ersten Teils der Untersuchung.
Im zweiten, empirischen Teil der Arbeit werden die
KoKo-Aktivitäten im einzelnen darzustellen und ihre
qualitativen und quantitativen Effekte so weit wie
möglich zu identifizieren sein, um die jeweiligen
Auswirkungen der einzelnen Aktivitäten auf die
DDR-Volkswirtschaft im Detail zu erfassen.
Im abschließenden dritten Teil wird sodann eine zusammenfassende
Bewertung der Tätigkeit des Bereichs
Kommerzielle Koordinierung für die Ergebnisse
der DDR-Volkswirtschaft vorgenommen. Dabei
werden die im empirischen Teil herausgearbeiteten
Positiv- und Negativeffekte der KoKo-Aktivitäten anhand
der im ersten Teil offengelegten Bewertungskriterien
zusammenzufassen und gegeneinander abzuwägen
sein, um zu dem verlangten objektiven (das
heißt sich auf explizite Werturteile gründenden und
damit intersubjektiv nachvollziehbaren) Gesamturteil
zu gelangen.
II. Bewertungsmaßstab: Effizienz
Das Wirtschaftssystem des sogenannten real existierenden
Sozialismus, die Planwirtschaft, hat in der
DDR — und nicht nur dort — zumindest seit der zweiten
Hälfte der 50er Jahre nicht mehr zur Zufriedenheit
der politischen Führung funktioniert. Entsprechend
wurde immer wieder versucht, es durch
institutionelle Reformen zu „vervollkommnen" .
Auch mit der Schaffung des Bereichs KoKo war unter
anderem offensichtlich beabsichtigt, die Leistungsfähigkeit
der starren DDR-Planwirtschaft zu verbessern.
Bei der Beantwortung der Frage, wie sich die
Aktivitäten des Bereichs KoKo für die DDR-Volkswirtschaft
ausgewirkt haben, geht es folglich nicht
zuletzt darum, ein Urteil darüber zu fällen, ob die
Aktivitäten von KoKo die Funktionsdefizite der DDR-
Planwirtschaft partiell zu beheben bzw. abzumildern
vermochten und auf diese Weise dazu beigetragen
haben, deren Ergebnisse zu verbessern, oder ob der
Bereich, zumal er relativ wildwüchsig expandierte
und nicht nur wirtschaftliche Ziele verfolgte, letztlich
der DDR-Volkswirtschaft mehr schadete als nützte.
1. Effizienz als objektives ökonomisches
Kriterium
Da „rein ökonomische" Werturteile nicht möglich
sind, kann die — wissenschaftliche, das heißt intersubjektiv
überprüfbare — Bewertung eines Wirtschaftssystems
oder einzelner Institutionen desselben
— und damit die Antwort auf die Frage nach der
„Bedeutung" von KoKo für die Volkswirtschaft der
DDR — nur auf der Grundlage von Werturteilen über
den Zweck des gesellschaftlichen Wirtschaftens erfolgen.
Allgemein sieht man diesen Zweck im rationalen
Umgang mit knappen Mitteln mit dem Ziel, die
Bedürfnisbefriedigung der Bevölkerung zu maximieren.
Somit ist „Effizienz" — definiert als ein Zustand,
in dem mit gegebenem Input ein Maximum an Output
erwirtschaftet wird bzw. ein gegebener Output
mit minimalem Input — ein naheliegender Maßstab
für die ökonomische „Performance" einer Volkswirtschaft
und ihrer Subsysteme.
An diesem Maßstab wird die Bedeutung von KoKo
für die DDR-Volkswirtschaft hauptsächlich2) zu messen
sein. Er hat den Vorteil, daß Effizienz — im marxistischen
Sprachgebrauch „Effektivität" — auch in
der DDR das Kriterium für die Bewertung der einzelund
gesamtwirtschaftlichen „Performance" gewesen
ist. Die Untersuchung zieht demnach zur Beurteilung
der Auswirkungen der KoKo-Aktivitäten kein dem
DDR-System fremdes Kriterium heran, sondern legt
einen Maßstab an, an dem die Wirtschaftssysteme in
Ost und West stets gemessen wurden.