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Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

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sten gerieten die Planwirtschaften zunehmend in<br />

einen Teufelskreis, <strong>de</strong>r früher o<strong>de</strong>r später zu ihrem<br />

Devisenbankrott führen mußte.<br />

b) Verfolgung politischer Ziele<br />

Die Charakterisierung <strong>de</strong>r intersystemaren Wi rt<br />

Gebiet <strong>de</strong>r internationa-<br />

-schaftsbeziehungen als „ein<br />

len Klassenauseinan<strong>de</strong>rsetzung zwischen Sozialismus<br />

<strong>und</strong> Kapitalismus" läßt erkennen, daß sich die<br />

Partei- <strong>und</strong> Staatsführungen <strong>de</strong>r sozialistischen Län<strong>de</strong>r<br />

nicht nur über die ökonomischen Chancen dieser<br />

Wirtschaftsbeziehungen im klaren waren, son<strong>de</strong>rn<br />

auch über damit verb<strong>und</strong>ene wi rtschaftliche <strong>und</strong> politische<br />

Risiken. Umgekehrt lag es nahe zu versuchen,<br />

diese Beziehungen zur Verfolgung außerökonomischer,<br />

insbeson<strong>de</strong>re politischer Zielsetzungen<br />

zu instrumentalisieren.<br />

Dies um so mehr, als auch <strong>de</strong>r Westen in <strong>de</strong>n Ostwirtschaftsbeziehungen<br />

keine normalen Wirtschaftsbeziehungen<br />

sah. Dem Interesse <strong>de</strong>r Wirtschaft an einer<br />

Ausweitung <strong>de</strong>s Osthan<strong>de</strong>ls (Absatzmärkte, Rohstoffquellen)<br />

stan<strong>de</strong>n politische Be<strong>de</strong>nken entgegen,<br />

<strong>de</strong>r Westen könne dadurch seine wi rtschaftliche<br />

Überlegenheit <strong>und</strong> seine militärische Sicherheit gefähr<strong>de</strong>n.<br />

Die westliche Han<strong>de</strong>lspolitik gegenüber<br />

<strong>de</strong>m Ostblock war entsprechend uneinheitlich <strong>und</strong><br />

wechselhaft. Sie war charakterisiert durch das permanente<br />

Cocom-Technologie-Embargo, fallweise<br />

Sanktionen <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Einsatz han<strong>de</strong>lspolitischer Zugeständnisse<br />

zum Zwecke <strong>de</strong>r Erreichung politischer<br />

Ziele auf <strong>de</strong>r einen Seite <strong>und</strong> häufigen Bemühungen<br />

um eine Ausweitung <strong>de</strong>r intersystemaren Wi rt<br />

-schaftsbeziehungen zur För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Entspannung<br />

auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren. 19)<br />

Auf seiten <strong>de</strong>r sozialistischen Planwirtschaften bot<br />

sich die Ausnutzung dieser Beziehungen für geheimdienstliche<br />

Aktivitäten, insbeson<strong>de</strong>re auch Industriespionage<br />

<strong>und</strong> die Unterstützung kommunistischer<br />

Parteien <strong>und</strong> an<strong>de</strong>rer <strong>de</strong>m Ostblock wohlgesonnener<br />

Organisationen im Westen an. Daß man darüber hinaus<br />

versuchte, das Technologieembargo sowie tarif äre<br />

<strong>und</strong> nichttarifäre Exporthemmnisse, westliche Einfuhrverbote,<br />

restriktive Vnorschriften im Zahlungsverkehr<br />

etc. zu unterlaufe, ist verständlich.<br />

Die Außenwirtschaftsbeziehungen mit <strong>de</strong>m Westen<br />

boten aber darüber hinaus <strong>de</strong>n Führungsspitzen <strong>de</strong>r<br />

sozialistischen Län<strong>de</strong>r eine Reihe von Handlungsspielräumen<br />

im Interesse <strong>de</strong>s Machterhalts <strong>de</strong>r Partei-<br />

<strong>und</strong> Staatsführung, z. B. durch Realisierung von<br />

Konsumgüterimporten zum Zwecke <strong>de</strong>r Beschwichtigung<br />

<strong>de</strong>r Bevölkerung. In <strong>de</strong>m Maße, wie die Planwirtschaften<br />

in immer größerem Maße technologisch<br />

in Rückstand gegenüber <strong>de</strong>m Westen gerieten <strong>und</strong><br />

sich die binnenwirtschaftlichen Knappheiten systembedingt<br />

verschärften, boten die Westwirtschaftsbeziehungen,<br />

insbeson<strong>de</strong>re auch die Kreditaufnahme<br />

im Westen, <strong>de</strong>n politischen Führungen <strong>de</strong>r Planwirtschaften<br />

die Chance, die Mängel <strong>de</strong>r Planwirtschaft<br />

partiell zu kompensieren o<strong>de</strong>r auch nur zu über<strong>de</strong>kken,<br />

das heißt die Probleme in die Zukunft zu verschieben.<br />

<strong>Deutscher</strong> B<strong>und</strong>estag — 12. Wahlperio<strong>de</strong><br />

Drucksache 12/7600<br />

Schließlich konnte die Nomenklatura die Westbeziehungen<br />

auch für ihre eigenen Konsumziele nutzen,<br />

das heißt für <strong>de</strong>n Impo rt qualitativ hochwertiger Konsumgüter,<br />

die in <strong>de</strong>n sozialistischen Län<strong>de</strong>rn nicht<br />

o<strong>de</strong>r nur in relativ schlechter Qualität hergestellt<br />

wur<strong>de</strong>n — von westlichen PKW bis hin zu Gesichtswasser.<br />

20) Im Unterschied zur politischen Klasse in<br />

<strong>de</strong>r Dritten Welt hatte die Nomenklatura jedoch<br />

kaum Möglichkeiten, in großem Stil Devisenkapital<br />

im Ausland anzulegen, sei es als Kapitalbeteiligungen<br />

o<strong>de</strong>r auf Nummernkonten. Diese Chance bestand<br />

nur über Institutionen, die inländisches Geld in<br />

Devisen umwan<strong>de</strong>ln <strong>und</strong> ins Ausland verbringen<br />

konnten. Der normale, bürokratisch kontrollierte<br />

Außenhan<strong>de</strong>l hatte dazu wenig Möglichkeiten. Sie<br />

bestan<strong>de</strong>n nur über spezielle Son<strong>de</strong>rorganisationen<br />

innerhalb o<strong>de</strong>r in enger Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>n Sicherheitsorganen<br />

— die es allerdings vermutlich in<br />

allen sozialistischen Län<strong>de</strong>rn gab.<br />

c) Organisatorische Konsequenzen<br />

Die geschil<strong>de</strong>rten Beson<strong>de</strong>rheiten <strong>de</strong>r Ost-West-<br />

Wirtschaftsbeziehungen boten unter <strong>de</strong>n politischen<br />

Verhältnissen <strong>de</strong>r Planwirtschaften also die Möglichkeit,<br />

diese Wirtschaftsbeziehungen nicht nur für die<br />

ökonomischen, son<strong>de</strong>rn auch für politische, ja sogar<br />

private Ziele <strong>de</strong>r Partei- <strong>und</strong> Staatsführung zu instrumentalisieren.<br />

Die Aktionsspielräume <strong>de</strong>r Partei- <strong>und</strong><br />

Staatsführungen waren zwischen <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n<br />

Extremen angesie<strong>de</strong>lt:<br />

— Zum einen konnte die politische Führung die<br />

Wirtschaftsbeziehungen mit <strong>de</strong>n westlichen<br />

Marktwirtschaften ausschließlich mit <strong>de</strong>m Ziel<br />

<strong>de</strong>r Effizienzsteigerung <strong>de</strong>r Planwirtschaft einsetzen.<br />

Dazu hätte sie bemüht sein müssen, erwirtschaftete<br />

o<strong>de</strong>r kreditierte Devisen produktiv für<br />

die Steigerung <strong>de</strong>r Produktivität <strong>und</strong> <strong>de</strong>s Wachstums<br />

<strong>de</strong>r Binnenwirtschaft einzusetzen.<br />

— Zum an<strong>de</strong>ren hatten die politischen Führungen<br />

die Möglichkeit, <strong>de</strong>n Westhan<strong>de</strong>l für die Erreichung<br />

außerökonomischer Ziele zu benutzen, im<br />

Extremfall ausschließlich im egoistischen, materiellen<br />

Interesse <strong>de</strong>r Führungsclique, etwa durch<br />

Exporte zum Zwecke <strong>de</strong>r Devisenerwirtschaftung<br />

auf Kosten <strong>de</strong>r Binnenwirtschaft, bei gleichzeitiger<br />

Anlage <strong>de</strong>r Devisen auf Nummernkonten in<br />

<strong>de</strong>r Schweiz zum Zwecke ihrer materiellen Absicherung<br />

für <strong>de</strong>n Fall <strong>de</strong>s Machtverlusts.<br />

Es liegt auf <strong>de</strong>r Hand, daß im Falle <strong>de</strong>r Verfolgung<br />

<strong>de</strong>r letztgenannten Zielsetzungen die entsprechen<strong>de</strong>n<br />

Aktivitäten einer strengen Geheimhaltung bedurft<br />

hätten. Aber auch auf rein wi rtschaftliche Ziele<br />

gerichtete Aktivitäten, wie z. B. Technologieimporte<br />

durch Umgehung <strong>de</strong>r Embargo-Bestimmungen <strong>de</strong>s<br />

Westens, bedurften — wenn auch aus an<strong>de</strong>ren Grün<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>r Geheimhaltung. Das gleiche gilt für die Aktivitäten<br />

zur Erreichung politischer Ziele, z. B. die Unterstützung<br />

kommunistischer Parteien <strong>und</strong> an<strong>de</strong>rer,<br />

zum Teil verbotener Gruppierungen im westlichen<br />

Ausland. Was lag mithin näher, als im Rahmen <strong>de</strong>s<br />

Außenwirtschaftsmonopols <strong>de</strong>r Planwirtschaften<br />

spezielle Außenhan<strong>de</strong>lsbetriebe bzw. -organi-

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