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Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

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Drucksache 12/7600 <strong>Deutscher</strong> B<strong>und</strong>estag —12. Wahlperio<strong>de</strong><br />

Grenzsicherungsanlagen im Ergebnis von <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esregierung<br />

getragen wur<strong>de</strong>n. Ungeachtet einer etwaigen<br />

strafrechtlichen Würdigung dieses Vorgehens,<br />

auch wegen eines Verstoßes gegen haushaltsrechtliche<br />

Vorschriften, bleibt für <strong>de</strong>n Untersuchungsausschuß<br />

festzustellen, daß das Kritikwürdige nicht<br />

nur darin zu sehen ist, überhaupt die Finanzierung<br />

<strong>de</strong>r Grenzsicherungsanlagen für die DDR übernommen<br />

zu haben, son<strong>de</strong>rn beson<strong>de</strong>rs in <strong>de</strong>r fehlen<strong>de</strong>n<br />

o<strong>de</strong>r nicht ordnungsgemäßen Unterrichtung <strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong>n<br />

parlamentarischen Gremien.<br />

c) Verwendung <strong>de</strong>r eingenommenen Gel<strong>de</strong>r durch<br />

<strong>de</strong>n Bereich Kommerzielle Koordinierung<br />

Die Einnahmen aus <strong>de</strong>m Häftlingsfreikauf wur<strong>de</strong>n von<br />

<strong>de</strong>m Bereich Kommerzielle Koordinierung auf die<br />

Konten 0528 (sog. Mielke-Konto) <strong>und</strong> 0628 (sog. Honecker-Konto),<br />

also Konten, auf die das MfS zugreifen<br />

konnte, transferiert. Auch die außerplanmäßigen Gewinne<br />

<strong>und</strong> Übererfüllungen <strong>de</strong>r Genex Geschenkdienst<br />

GmbH wur<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>m Konto 0628 verbucht.<br />

Fest steht, daß ein Teil dieser Gel<strong>de</strong>r für die Luxusversorgung<br />

von Wandlitz sowie zur Unterstützung kommunistischer<br />

Volkswirtschaften, wie z.B. für Kuba<br />

o<strong>de</strong>r für das revolutionäre Nicaragua, verbraucht wur<strong>de</strong>.<br />

Auch das MfS konnte sich aus diesen Konten bedienen.<br />

Ein Teil <strong>de</strong>r Gel<strong>de</strong>r floß <strong>de</strong>m MfS zu, um damit<br />

die Beschaffung von Embargogütern zu finanzieren.<br />

Generalsekretär E rich Honecker bediente sich dieser<br />

Konten, wenn es ihm z.B. zu Weihnachten opportun<br />

erschien, <strong>de</strong>r Bevölkerung Geschenke in Form von<br />

sonst nicht auf <strong>de</strong>m Markt befindlichen Gütern zu gewähren<br />

- Mangelwaren, um das Volk ruhig zu stellen.<br />

Das schlechte Gewissen aller Beteiligten, auch von<br />

Dr. Schalck-Golodkowski <strong>und</strong> seines Stellvertreters<br />

Manfred Sei<strong>de</strong>l, ergibt sich daraus, daß <strong>de</strong>r Bereich<br />

Komerzielle Koordinierung offensichtlich systematisch<br />

Buchführungspflichten verletzte <strong>und</strong> ohne Kontrollmechanismen<br />

über diese Gel<strong>de</strong>r verfügte. Die<br />

Anweisungen, auch von Honecker <strong>und</strong> Dr. Mittag,<br />

Belege zu vernichten, sprechen für sich.<br />

9. Der Bereich Kommerzielle Koordinierung <strong>und</strong><br />

län<strong>de</strong>rspezifische Beson<strong>de</strong>rheiten<br />

Der im Jahre 1988 unternommene Versuch <strong>de</strong>r saarländischen<br />

Lan<strong>de</strong>sregierung, sich durch eine Umwegkonstruktion<br />

eine eigene Vertretung im Ost-Berliner<br />

Internationalen Han<strong>de</strong>lszentrum - <strong>und</strong> damit<br />

beim Bereich Kommerzielle Koordinierung - zu schaffen,<br />

scheiterte an <strong>de</strong>r Aufmerksamkeit <strong>de</strong>r zuständigen<br />

Stellen <strong>de</strong>s B<strong>und</strong>esministeriums für Wirtschaft sowie<br />

<strong>de</strong>s Senats von Berlin. Offensichtlich war die saarländische<br />

Lan<strong>de</strong>sregierung bereit, bei <strong>de</strong>r Verfolgung<br />

eigener Ziele die Stellung Berlins im inner<strong>de</strong>utschen<br />

Han<strong>de</strong>l zu schwächen <strong>und</strong> die zu diesem Zwecke ergangenen<br />

gesetzlichen Bestimmungen zu umgehen.<br />

Die saarländische Lan<strong>de</strong>sregierung legte wohl mehr<br />

Wert auf ihre „beson<strong>de</strong>ren Beziehungen" zur DDR als<br />

auf <strong>de</strong>n Schutz <strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>ren Berliner Interessen<br />

<strong>und</strong> auf die Einhaltung einer einheitlichen inner<strong>de</strong>utschen<br />

Han<strong>de</strong>lspolitik.<br />

Demgegenüber muß davon ausgegangen wer<strong>de</strong>n,<br />

daß <strong>de</strong>r im Schreiben <strong>de</strong>s Präsi<strong>de</strong>nten <strong>de</strong>r Deutschen<br />

Außenhan<strong>de</strong>lsbank AG Polze vom 5. Juni 1985 an das<br />

SED-Politbüromitglied Dr. Mittag enthaltene angebliche<br />

Wunsch <strong>de</strong>s nordrhein-westfälischen Ministerpräsi<strong>de</strong>nten<br />

Johannes Rau „enger <strong>und</strong> öfter mit <strong>de</strong>r<br />

Führung <strong>de</strong>r DDR ins Gespräch zu kommen", ohne<br />

sich dabei „an die in <strong>de</strong>r BRD gelten<strong>de</strong>n Regeln" zu<br />

halten <strong>und</strong> ohne „daß dies bekannt wird" - wobei<br />

auch an die Möglichkeit gedacht wur<strong>de</strong>, daß Dr.<br />

Schalck-Golodkowski Ministerpräsi<strong>de</strong>nt Rau einen<br />

Besuch abstattet - keine Son<strong>de</strong>rkontakte zwischen<br />

Nordrhein-Westfalen <strong>und</strong> <strong>de</strong>r DDR zur Folge hatte,<br />

die für die B<strong>und</strong>esregierung Anlaß gewesen wären,<br />

unter Hinweis auf die Regeln über <strong>de</strong>n inner<strong>de</strong>utschen<br />

Han<strong>de</strong>l einzuschreiten.<br />

10. Dr. Schalck-Golodkowski als Verhandlungspartner<br />

in <strong>de</strong>n inner<strong>de</strong>utschen Beziehungen<br />

a) Verhandlungen über die inner<strong>de</strong>utschen<br />

Beziehungen<br />

Dr. Schalck-Golodkowski hatte die wesentliche Rolle<br />

als Gesprächspartner <strong>und</strong> Verhandlungsführer auf<br />

seiten <strong>de</strong>r DDR in <strong>de</strong>n Beziehungen zur B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Deutschland. Aufgr<strong>und</strong> seiner Doppelfunktion<br />

einerseits als Leiter <strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle Koordinierung<br />

im MAH, durch die er in die höchste Führungshierarchie<br />

<strong>de</strong>r SED einschließlich <strong>de</strong>s MfS eingeb<strong>und</strong>en<br />

war, <strong>und</strong> an<strong>de</strong>rerseits durch seine direkte<br />

Unterstellung unter das Politbüro-Mitglied <strong>und</strong> <strong>de</strong>n<br />

ZK-Sekretär für Wirtschaft Dr. Günter Mittag, hatte<br />

Dr. Schalck-Golodkowski bei seinen Verhandlungen<br />

mit seinen west<strong>de</strong>utschen Gesprächsprartnern eine<br />

erhebliche Entscheidungskompetenz. Als Sekretär<br />

<strong>de</strong>r „Arbeitsgruppe BRD" <strong>de</strong>s SED-Politbüros war er<br />

an <strong>de</strong>r Vorbereitung <strong>und</strong> Koordinierung <strong>de</strong>r inner<strong>de</strong>utschen<br />

Verhandlungen in <strong>de</strong>r DDR maßgeblich<br />

beteiligt. Ob er tatsächlich persönlicher Beauftragter<br />

von SED-Generalsekretär Erich Honecker war, kann<br />

mit letzter Sicherheit nicht geklärt wer<strong>de</strong>n. Fest steht<br />

jedoch, daß Erich Honecker über Dr. Schalck-Golodkowskis<br />

Wirken im Einzelnen sehr genau informiert<br />

war, da die von ihm an Dr. Mittag adressierten Verhandlungvermerke<br />

an Honecker weitergeleitet wur<strong>de</strong>n.<br />

Daneben besteht für <strong>de</strong>n Untersuchungsausschuß<br />

<strong>de</strong>r Verdacht, daß Dr. Schalck-Golodkowski außer<strong>de</strong>m<br />

für Erich Mielke <strong>und</strong> damit für das Ministerium<br />

für Staatssicherheit tätig war. Der Untersuchungsausschuß<br />

sieht jedoch im Hinblick auf das insoweit<br />

von <strong>de</strong>m Generalb<strong>und</strong>esanwalt geführte Ermittlungsverfahren<br />

wegen <strong>de</strong>s Verdachts geheimdienstlicher<br />

Agententätigkeit von weiteren Ausführungen ab.<br />

Nicht nur für die B<strong>und</strong>esregierung, son<strong>de</strong>rn auch für<br />

die SPD war Dr. Schalck-Golodkowski ein wichtiger<br />

Verhandlungspartner. Auch wenn sich Staatssekretär<br />

a.D. Bölling nicht mehr daran erinnern zu können<br />

glaubt, ergibt sich aus <strong>de</strong>n vom Untersuchungsausschuß<br />

gesichteten Unterlagen, daß im Vorfeld <strong>de</strong>r<br />

Landtagswahlen in Berlin vom Mai 1981 Dr. Schalck-<br />

Golodkowski StS Bölling als <strong>de</strong>m damaligen Ständigen<br />

Vertreter <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland mitgeteilt<br />

hatte, Honecker sei zu Gesten bereit, die die<br />

Wahl von Dr. Hans-Jochen Vogel zum Regieren<strong>de</strong>n<br />

Bürgermeister von Berlin erleichtern könnten.

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