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Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

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Sie war hauptsächlich für die Personen Honecker, Dr.<br />

Mittag <strong>und</strong> Mielke tätig. Wie Dr. Schalck-Golodkowski<br />

gegenüber <strong>de</strong>r Staatsanwaltschaft bei <strong>de</strong>m Kammergericht<br />

Berlin am 7. Juli 1992 ausgesagt hat, ließ<br />

er beispielsweise durch seine Kuriere je<strong>de</strong>smal zwei<br />

Koffer mit Vi<strong>de</strong>ofilmen in Berlin (West) kaufen, wenn<br />

Erich Honecker in Urlaub fuhr. Nach eigenen Angaben<br />

an gleicher Stelle erfüllte Dr. Schalck-Golodkowski<br />

solche Wünsche „bedingungslos".<br />

Über <strong>de</strong>n Führungsstil Dr. Schalck-Golodkowskis als<br />

Leiter <strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle Koordinierung haben<br />

<strong>de</strong>m Untersuchungsausschuß kaum aussagekräftige<br />

Unterlagen <strong>und</strong> Zeugenaussagen vorgelegen.<br />

Soweit dies <strong>de</strong>r Untersuchungsausschuß feststellen -<br />

konnte, wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Bereich von Dr. Schalck-Golodkowski<br />

straff <strong>und</strong> unbürokratisch geführt. Nach Aussage<br />

von Waltraud Lisowski, Leiterin <strong>de</strong>r Hauptabteilung<br />

II im Bereich Kommerzielle Koordinierung, hielt<br />

Dr. Schalck-Golodkowski „die Hierarchie nicht unbedingt<br />

immer ein" . (72. Sitzung, Protokoll S. 27) Nach<br />

Darstellung seiner Sekretärin Gisela Brachaus verstand<br />

Schalck-Golodkowski es, „sowohl Mitarbeiter<br />

als auch Staatssekretäre o<strong>de</strong>r Minister ... für bestimmte<br />

Vorhaben" zu motivieren. Er wartete „nicht<br />

erst irgendwie ab ..., bis irgendwo eine Entscheidung"<br />

fiel, son<strong>de</strong>rn legte „selbst vielleicht schon irgendwelche<br />

Vorschläge vor" o<strong>de</strong>r versuchte, „einen<br />

Ausweg" zu fin<strong>de</strong>n. (81. Sitzung, Protokoll S. 111 f.)<br />

Dr. Schalck-Golodkowski drängte auf die strenge Einhaltung<br />

einer konspirativen Verhaltensweise durch<br />

seine Mitarbeiter, wie sie auch im MfS selbst üblich<br />

war. Er verpflichtete seine Mitarbeiter zu unbedingter<br />

Verschwiegenheit.<br />

III. Dr. Schalck-Golodkowski als Verhandlungspartner<br />

in <strong>de</strong>n inner<strong>de</strong>utschen<br />

Beziehungen<br />

1. Hintergr<strong>und</strong>, beson<strong>de</strong>rer Auftrag <strong>und</strong> Koordi<br />

nierung <strong>de</strong>r inner<strong>de</strong>utschen Verhandlungen<br />

a) Historisch-politischer Überblick<br />

Die Rolle Dr. Schalck-Golodkowskis als Leiter <strong>de</strong>s Bereichs<br />

Kommerzielle Koordinierung war eng verb<strong>und</strong>en<br />

mit seiner Funktion als Gesprächspartner <strong>und</strong><br />

Verhandlungsführer auf Seiten <strong>de</strong>r DDR in <strong>de</strong>n Beziehungen<br />

zur B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland. Die Be<strong>de</strong>utung<br />

seiner Tätigkeit entwickelte .sich in <strong>de</strong>m Maße,<br />

wie in <strong>de</strong>n 70er <strong>und</strong> 80er Jahren das Verhältnis zwischen<br />

<strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Staaten in Deutschland zu einer<br />

Reihe von Verträgen <strong>und</strong> Vereinbarungen auf Regierungsebene<br />

führte. Dr. Schalck-Golodkowski hatte<br />

dabei die Aufgabe, neben <strong>de</strong>n offiziell geführten Verhandlungen<br />

eine vertrauliche Gesprächsebene zu unterhalten,<br />

die auf seiten <strong>de</strong>r DDR insbeson<strong>de</strong>re dadurch<br />

gekennzeichnet war, daß Dr. Schalck-Golodkowski<br />

über eine unmittelbare Verbindung zur SED-<br />

Führung verfügte. Wesentlicher Gegenstand <strong>de</strong>r Gespräche,<br />

die Dr. Schalck-Golodkowski mit Regierungsvertretern<br />

aus <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland<br />

führte, waren die finanziellen Leistungen an die DDR<br />

im Zusammenhang mit vertraglichen Vereinbarungen<br />

zwischen bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten.<br />

<strong>Deutscher</strong> B<strong>und</strong>estag —12. Wahlperio<strong>de</strong> Drucksache 12/7600<br />

Im Verhältnis zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Staaten in<br />

Deutschland markierte <strong>de</strong>r Bau <strong>de</strong>r Mauer durch Berlin<br />

im August 1961 einen Tiefpunkt. Verbindungen<br />

zwischen <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />

DDR waren auf wenige technische Kontakte beschränkt<br />

sowie auf solche unterhalb <strong>de</strong>r staatlichen<br />

Ebene, wie die im kirchlichen Bereich.<br />

Nur allmählich kam es in <strong>de</strong>n Jahren nach 1961 zu<br />

Gesprächskontakten zwischen staatlichen Stellen<br />

o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>ren Beauftragten, bei <strong>de</strong>nen es vor allem um<br />

menschliche Erleichterungen, insbeson<strong>de</strong>re im geteilten<br />

Berlin, ging.<br />

Der Untersuchungsausschuß hat festgestellt, daß Dr.<br />

Schalck-Golodkowski in dieser Zeit, erstmals 1967,<br />

als Gesprächspartner eines west<strong>de</strong>utschen Politikers,<br />

<strong>de</strong>s damaligen Berliner Wirtschaftssenators Dr. Karl<br />

König, in Erscheinung trat. Wenige Monate zuvor war<br />

<strong>de</strong>r Bereich Kommerzielle Koordinierung gebil<strong>de</strong>t<br />

<strong>und</strong> er als <strong>de</strong>ssen Leiter ernannt wor<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>n seinerzeit<br />

geheim gebliebenen Kontakten vertrat Dr.<br />

Schalck-Golodkowski die DDR als stellvertreten<strong>de</strong>r<br />

Minister im Ministerium für Außenhan<strong>de</strong>l <strong>und</strong> Inner<strong>de</strong>utschen<br />

Han<strong>de</strong>l (MAI).<br />

Sowohl Dr. König als auch Dr. Schalck-Golodkowski<br />

hatten offiziell Verhandlungsmandate zu Gesprächen<br />

auf informeller Ebene erhalten. Auf dieser Ebene<br />

setzte Dr. Schalck-Golodkowski die Gespräche bis zu<br />

seiner Flucht in die B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland am<br />

3.Dezember 1989 fort. Seine Gesprächspartner waren<br />

- zu unterschiedlichen Zeiten - Karl-Otto Pöhl, damals<br />

Staatssekretär im B<strong>und</strong>esministerium <strong>de</strong>r Finanzen,<br />

Dr. Karl-Werner Sanne, seinerzeit Ministerialdirektor<br />

im B<strong>und</strong>eskanzleramt, Günter Gaus, Klaus Bölling<br />

<strong>und</strong> Dr. Hans-Otto Bräutigam, ehemals Leiter <strong>de</strong>r<br />

Ständigen Vertretung <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland<br />

in Berlin (Ost), Dr. Philipp Jenninger, damals<br />

Staatsminister im B<strong>und</strong>eskanzleramt, Dr. Wolfgang<br />

Schäuble <strong>und</strong> Rudolf Seiters, seinerzeit Chefs <strong>de</strong>s<br />

B<strong>und</strong>eskanzleramtes <strong>und</strong> B<strong>und</strong>esminister für beson<strong>de</strong>re<br />

Aufgaben.<br />

Für Art <strong>und</strong> Intensität <strong>de</strong>r Verhandlungsführung Dr.<br />

Schalck-Golodkowskis waren zwei Entwicklungen<br />

von beson<strong>de</strong>rer Be<strong>de</strong>utung:<br />

Durch die inner<strong>de</strong>utschen Zusatzvereinbarungen<br />

zum Viermächte-Abkommen über Berlin aus <strong>de</strong>m<br />

Jahre 1971 <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Vertrag über die Gr<strong>und</strong>lagen <strong>de</strong>r<br />

Beziehungen zwischen <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Deutschen Demokratischen Republik<br />

(Gr<strong>und</strong>lagenvertrag) aus <strong>de</strong>m Jahre 1972 sind zahlreiche<br />

Verhandlungsgegenstän<strong>de</strong> mit finanzieller Be<strong>de</strong>utung<br />

benannt wor<strong>de</strong>n. Die Einrichtung Ständiger<br />

Vertretungen am Sitz <strong>de</strong>r jeweiligen Regierung als<br />

ein Ergebnis <strong>de</strong>s Gr<strong>und</strong>lagenvertrags schuf für Dr.<br />

Schalck-Golodkowski zu<strong>de</strong>m die Möglichkeit einer<br />

zentralen Gesprächsebene zur B<strong>und</strong>esregierung. Der<br />

erste Leiter <strong>de</strong>r Ständigen Vertretung <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Deutschland in Berlin (Ost) war <strong>de</strong>r frühere<br />

Staatssekretär im B<strong>und</strong>eskanzleramt Günter Gaus.<br />

Der Regierungswechsel im Oktober 1982 von <strong>de</strong>r<br />

SPD-F.D.P.-Koalition zur CDU/CSU-F.D.P.-Koalition<br />

be<strong>de</strong>utete für die Staats- <strong>und</strong> Parteiführung <strong>de</strong>r DDR<br />

zunächst insofern eine Verunsicherung, als ihr nicht<br />

bekannt war, welchen <strong>de</strong>utschlandpolitischen Kurs

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