Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

160 Unternehmen in der DDR, der Bundesrepublik
Deutschland oder im westlichen Ausland, die gesellschaftsrechtlich
zum Bereich Kommerzielle Koordinierung
gehörten oder deren Aktivitäten vom Bereich
Kommerzielle Koordinierung dirigiert wurden.
Der Untersuchungsausschuß hat Unternehmen berücksichtigt,
die in wirtschaftlichen Angelegenheiten
vom Bereich Kommerzielle Koordinierung angeleitet
wurden, Gewinne an ihn abführen mußten oder in anderer
Weise unter dem Einfluß des Bereichs Kommerzielle
Koordinierung standen.
Die Angabe über die dem Bereich Kommerzielle Koordinierung
zuzurechnenden Unternehmen ist abhängig
von den sachlichen und zeitlichen Kriterien,
die für die Zuordnung gewählt werden. So erfaßte die
Treuhandanstalt in einer Übersicht zum Stand ihrer
Abwicklung am 31. Januar 1994 insgesamt 180 Unternehmen
mit gesellschaftsrechtlichen Beziehungen
unterschiedlicher Art zum ehemaligen Bereich Kommerzielle
Koordinierung.
Dem Untersuchungsausschuß ist es dabei nicht möglich
gewesen, die gesamte Zahl der dem Bereich Kommerzielle
Koordinierung zuzuordnenden Unternehmen
abschließend festzustellen. So sind in einem bereits
fortgeschrittenen Stadium der Beweiserhebung
überraschend Namen bis dahin noch nicht in Erscheinung
getretener Unternehmen bekannt geworden,
wie die der Abteilung Firmen unterstehende Anstalt
Mondessa sowie die der Hauptabteilung I unterstellten
Unternehmen Impag (Technisches Beratungs organ
für Importe von Anlagen und Geräten - Ingenieurbüro)
und Wefo (Anstalt für Werbung und Forschung).
Auch angesichts der Hinweise des Bundesnachrichtendienstes
zur Ergänzung der vom Untersuchungsausschuß
bereits erarbeiteten Unternehmenszusammenstellung
(vgl. Zweiter Teilbericht, BT-
Drucksache 12/3920) ist die Möglichkeit nicht auszuschließen,
daß noch nicht alle Unternehmen bekannt
sind, die dem Bereich Kommerzielle Koordinierung
tatsächlich zuzurechnen sind.
Eine Gesamtzahl der Mitarbeiter aller Unternehmen
des Bereichs Kommerzielle Koordinierung hat der Untersuchungsausschuß
nicht ermitteln können. Im Jahr
1989 überwachte die AG BKK des Ministeriums für
Staatssicherheit 2.060 Mitarbeiter in Unternehmen
des Bereichs Kommerzielle Koordinierung. Nicht eingeschlossen
waren darin die Mitarbeiter der sog. Parteifirmen
und der sog. HVA-Firmen.
Iv. Einzelne Aktivitäten des Bereichs
Kommerzielle Koordinierung
Der Bereich Kommerzielle Koordinierung und Dr.
Schalck-Golodkowski nutzten zur Erledigung ihres
Auftrags alle ihnen zugänglichen Mittel und Wege.
Bei ihren Aktivitäten bedienten sich die dem Bereich
Kommerzielle Koordinierung zuzurechnenden Unternehmen
nicht nur legaler Methoden; wenn es dem
Ziel dienlich war, setzten sie sich über rechtliche Vorschriften
hinweg, unterliefen Regelungen im Handelsverkehr
zwischen den beiden deutschen Staaten
und schreckten auch nicht vor dem Zugriff auf privates
Eigentum zurück.
Deutscher Bundestag —12. Wahlperiode Drucksache 12/7600
Es gehörte zu den wesentlichen Existenzbedingungen
des Bereichs Kommerzielle Koordinierung, daß er
die Besonderheiten des Verhältnisses zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und der DDR intensiv
zur Devisenbeschafffung für die DDR nutzte.
Hierzu zählte neben dem innerdeutschen Handel in
erster Linie die Abwicklung der Warenlieferungen
aus der Bundesrepublik Deutschland in die DDR im
Zuge der sog. Kirchengeschäfte sowie im Zusammenhang
mit den humanitären Bemühungen der Bundesregierungen
zur vorzeitigen Freilassung politischer
Häftlinge in der DDR und zur Zusammenführung getrennter
Familien in der Bundesrepublik Deutschland.
Der Untersuchungsausschuß hat im Zuge seiner
Beweiserhebung zahlreiche Details der Rolle des Bereichs
Kommerzielle Koordinierung bei der Abwicklung
dieser von seiten der Bundesregierungen humanitär
begründeten, von seiten der DDR zur Devisenerwirtschaftung
genutzten „Geschäfte" aufgeklärt, insbesondere
auch hinsichtlich der Rolle, die das Ministerium
für Staatssicherheit und Rechtsanwalt Dr.
Wolfgang Vogel dabei spielten.
Die sog. Kirchengeschäfte, mit deren Abwicklung der
Bereich Kommerzielle Koordinierung von Anfang an
beauftragt war, waren zwar nicht die Hauptquelle seiner
Devisenbeschaffung, garantierten aber gleichwohl
einen erheblichen und gleichzeitig kalkulierbaren
Devisenzufluß.
Zu den sog. Kirchengeschäften zählten nicht nur die
Aktivitäten des Bereichs Kommerzielle Koordinierung
zur Abwicklung der materiellen Leistungen, mit
denen hauptsächlich die Evangelische Kirche in
Deutschland (EKD), aber auch die katholische Kirche
in der Bundesrepublik Deutschland die Kirchen und
ihre Einrichtungen in der DDR unterstützten; in der
Form der sog. Kirchengeschäfte unter Einbeziehung
des Bereichs Kommerzielle Koordinierung sowie eines
durch die Bundesregierung bevollmächtigten
Mitarbeiters des Diakonischen Werks der EKD liefen
auch die humanitären Bemühungen der Bundesregierung
zur Freilassung politischer Häftlinge aus Gefängnissen
der DDR und zur Zusammenführung getrennter
Familien in der Bundesrepublik Deutschland
ab.
Über den Bereich Kommerzielle Koordinierung und
unter Mitwirkung ihm unterstellter Unternehmen
sowie sog. Vertrauensfirmen in der Bundesrepublik
Deutschland leistete die EKD im Rahmen ihrer sog.
Kirchengeschäfte mit verschiedenen Hilfsprogrammen
den evangelischen Kirchen in der DDR Unterstützung
in Höhe von insgesamt nahezu zwei Mrd. DM.
Die Abwicklung basierte auf der Lieferung von in der
Bundesrepublik Deutschland von dem Diakonischen
Werk bestellten und bezahlten Waren an den Bereich
Kommerzielle Koordinierung und einer entsprechenden
finanziellen Leistung des Bereichs an die Kirchen
und kirchlichen Einrichtungen in der DDR und zwar
unterschiedlich in Mark der DDR oder Valuta-Mark.
Der Bereich Kommerzielle Koordinierung verkaufte
die erhaltenen Waren gegen Devisen weiter.
Die in ähnlicher Weise abgewickelten Hilfsmaßnahmen
der katholischen Kirche hatten einen Umfang
von rund 730 Mio. DM.