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Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

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Drucksache 12/7600 <strong>Deutscher</strong> B<strong>und</strong>estag —12. Wahlperio<strong>de</strong><br />

Der Zeuge hat jedoch auf seinem Rechtsstandpunkt<br />

beharrt <strong>und</strong> auf die Frage, welcher Klarname sich hinter<br />

<strong>de</strong>m vom MfS vergebenen Decknamen „Henry"<br />

verberge, erklärt, er verweigere im Hinblick auf seine<br />

fortbestehen<strong>de</strong> Schweigeverpflichtung dazu die Aussage.<br />

Nach einer Unterbrechung <strong>de</strong>r Vernehmung in öffentlicher<br />

Sitzung zur internen Beratung, die auch<br />

<strong>de</strong>m Zeugen Gelegenheit zur Beratung mit seinem<br />

Rechtsbeistand geben sollte, hat <strong>de</strong>r Zeuge Köhler<br />

nochmals seinen festen Willen bekräftigt, keine Frage<br />

über seine Tätigkeit im MfS zu beantworten. Er hat<br />

sich zur Begründung darauf berufen, daß die Schweigeverpflichtung<br />

bezüglich <strong>de</strong>r nachrichtendienstlichen<br />

Aspekte seiner früheren Tätigkeit am 16. Mai<br />

1990 unter <strong>de</strong>m damaligen Ministerpräsi<strong>de</strong>nten <strong>de</strong><br />

Maizière nochmals erneuert wor<strong>de</strong>n sei.<br />

Dem Zeugen Köhler ist daraufhin die Absicht <strong>de</strong>s Untersuchungsausschusses<br />

eröffnet wor<strong>de</strong>n, einen Antrag<br />

auf Anordnung <strong>de</strong>r Beugehaft zur Erzwingung<br />

seines Zeugnisses zu stellen, wenn er bei seiner Auskunftsverweigerung<br />

bleibe. Anschließend ist die Sitzung<br />

erneut unterbrochen wor<strong>de</strong>n, um <strong>de</strong>m Zeugen<br />

nochmals Gelegenheit zur Beratung mit seinem Zeugenbeistand<br />

zu geben.<br />

Dennoch hat <strong>de</strong>r Zeuge an seiner Entscheidung festgehalten,<br />

zu <strong>de</strong>m vorerwähnten Thema nicht auszusagen.<br />

Nach einer weiteren kurzen Beratung hat <strong>de</strong>r Untersuchungsausschuß<br />

in öffentlicher Sitzung folgen<strong>de</strong>n<br />

Beschluß verkün<strong>de</strong>t:<br />

„Der Untersuchungsausschuß beschließt, bei <strong>de</strong>m<br />

Amtsgericht Bonn nach Maßgabe <strong>de</strong>s Einsetzungsbeschlusses<br />

<strong>de</strong>s Deutschen B<strong>und</strong>estages vom 6. Juni<br />

1991 (B<strong>und</strong>estags-Drucksache 12/654, 12/662)<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>s Beweisbeschlusses 12-51 vom 21. Juni<br />

1991 gem. § 70 Abs. 2 StPO die Verhängung <strong>de</strong>r<br />

Haft zur Erzwingung <strong>de</strong>s Zeugnisses gegen <strong>de</strong>n<br />

Zeugen Köhler, ... Berlin, zu beantragen."<br />

Bereits am 25. Januar 1993 hat <strong>de</strong>r Vorsitzen<strong>de</strong> als<br />

Vertreter <strong>de</strong>s Untersuchungsausschusses die entsprechen<strong>de</strong><br />

Antragsschrift beim Amtsgericht Bonn eingereicht,<br />

in <strong>de</strong>r auch begrün<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n ist, warum <strong>de</strong>r<br />

Untersuchungsausschuß bewußt auf die gleichzeitige<br />

Verhängung eines Ordnungsgel<strong>de</strong>s gem. § 70 Abs. 1<br />

Satz 2 StPO verzichtet hatte.<br />

Zur Begründung seines Beugehaftantrags hat <strong>de</strong>r Untersuchungsausschuß<br />

vorgetragen, daß die vorherige<br />

o<strong>de</strong>r gleichzeitige Verhängung eines Zwangsgel<strong>de</strong>s<br />

keine Voraussetzung für die Beantragung <strong>und</strong> Anordnung<br />

<strong>de</strong>r Beugehaft sei. Ein solches Erfor<strong>de</strong>rnis, wie<br />

es von <strong>de</strong>r Mehrheitsmeinung für das Strafverfahren<br />

angenommen wer<strong>de</strong>, sei we<strong>de</strong>r durch <strong>de</strong>n Gesetzeswortlaut,<br />

noch durch rechtssystematische Gesichtspunkte<br />

zu rechtfertigen. Die in § 70 Abs. 2 StPO gewählte<br />

Formulierung „Auch kann ...." sei von <strong>de</strong>r<br />

Wortbe<strong>de</strong>utung her so zu interpretieren, daß die Beugehaft<br />

nicht an die Festsetzung eines Ordnungsgel<strong>de</strong>s<br />

geknüpft sei, son<strong>de</strong>rn auch alternativ angeordnet<br />

wer<strong>de</strong>n könne. Verlange <strong>de</strong>r Gesetzgeber im übrigen<br />

eine Verknüpfung bei<strong>de</strong>r Zwangsmittel, hätte er Beugehaft<br />

<strong>und</strong> Ordnungsgeld nicht in unterschiedlichen<br />

Absätzen geregelt, son<strong>de</strong>rn in einem Absatz <strong>de</strong>ren<br />

Stufenverhältnis zum Ausdruck gebracht. Gegen die<br />

kumulative Verknüpfung bei<strong>de</strong>r Zwangsmittel spreche<br />

auch <strong>de</strong>r Sinn <strong>und</strong> Zweck <strong>de</strong>s § 70 StPO. Diese Regelung<br />

sehe ein Regel-Ausnahme-Verhältnis vor.<br />

Vorrangig verlange dies die Festsetzung eines Ordnungsgel<strong>de</strong>s.<br />

In begrün<strong>de</strong>ten Fällen könne dieses<br />

Zwangsmittel durch das belasten<strong>de</strong>re Mittel <strong>de</strong>r Beugehaft<br />

ersetzt wer<strong>de</strong>n. Stehe von vornherein fest, daß<br />

nur die Anordnung <strong>de</strong>r Beugehaft geeignet sei, die<br />

Aussagebereitschaft <strong>de</strong>s Zeugen herbeizuführen, sei<br />

die zusätzliche Anordnung eines Ordnungsgel<strong>de</strong>s<br />

eine leerlaufen<strong>de</strong> Formalie. Der Gr<strong>und</strong>satz <strong>de</strong>r Verhältnismäßigkeit<br />

rechtfertige nicht die gleichzeitige<br />

Verhängung von Ordnungsgeld <strong>und</strong> Beugehaft. Sei<br />

bereits ein Ordnungsgeld zur Erzwingung einer Zeugenaussage<br />

geeignet, so dürfe das eingriffsintensivere<br />

Mittel <strong>de</strong>r Beugehaft nicht mehr angewen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n.<br />

Sei hingegen ein Ordnungsgeld von vornherein<br />

nicht geeignet, die Aussagebereitschaft <strong>de</strong>s Zeugen<br />

herbeizuführen, komme nur noch das Mittel <strong>de</strong>r Beugehaft<br />

in Betracht. Das Argument, ein Ordnungsgeld<br />

müsse in je<strong>de</strong>m Fall <strong>de</strong>r Aussageverweigerung verhängt<br />

wer<strong>de</strong>n („wird ... festgesetzt"), während die<br />

Beugehaft im Ermessen stehe <strong>und</strong> kumulativ hinzutrete,<br />

verliere unter <strong>de</strong>m Gesichtspunkt an Überzeugungskraft,<br />

daß die Beugehaft als das belasten<strong>de</strong>re<br />

Mittel ein „mehr" sei. Der Zweck <strong>de</strong>s Ordnungsgel<strong>de</strong>s<br />

- Mahn- <strong>und</strong> Warnfunktion - wer<strong>de</strong> von ihr bereits<br />

vollständig erfüllt, so daß sich eine zusätzliche<br />

Festsetzung von Ordnungsgeld - gemessen an <strong>de</strong>m<br />

Regelungsziel <strong>de</strong>s § 70 StPO - erübrige. Die kumulative<br />

Anordnung von Zwangsgeld <strong>und</strong> Beugehaft wer<strong>de</strong><br />

nicht unter <strong>de</strong>m Aspekt <strong>de</strong>s umfassen<strong>de</strong>n Rechtsschutzes<br />

für einen davon betroffenen Zeugen gefor<strong>de</strong>rt.<br />

Die Möglichkeit, das Ordnungsgeld auf <strong>de</strong>m<br />

Verwaltungsrechtsweg anzufechten, führe zu keinen<br />

verbesserten Verteidigungsmöglichkeiten gegen die<br />

Beugehaft. Hebe das Verwaltungsgericht die Anordnung<br />

<strong>de</strong>s Zwangsgel<strong>de</strong>s auf, führe dies nicht automatisch<br />

zur Aufhebung <strong>de</strong>r Beugehaft. Vielmehr müsse<br />

hierüber ein or<strong>de</strong>ntliches Gericht nach umfassen<strong>de</strong>r<br />

Sachprüfung geson<strong>de</strong>rt entschei<strong>de</strong>n.<br />

Im Verfahren Köhler hätten im übrigen die Voraussetzungen<br />

für die Anordnung eines Ordnungsgel<strong>de</strong>s<br />

nicht vorgelegen, da ihm nach <strong>de</strong>n Gr<strong>und</strong>sätzen <strong>de</strong>s<br />

strafrechtlichen Verbotsirrtums das hierfür erfor<strong>de</strong>rliche<br />

Verschul<strong>de</strong>n nicht habe zugerechnet wer<strong>de</strong>n<br />

können. Der Zeuge Köhler sei von einem anwaltlichen<br />

Rechtsbeistand begleitet gewesen, <strong>de</strong>r ihn während<br />

<strong>de</strong>s Vernehmungstermins zu diesen Rechtsfragen<br />

beraten habe.<br />

Bei dieser Rechtslage habe <strong>de</strong>r Untersuchungsausschuß<br />

davon absehen müssen, neben <strong>de</strong>r Beantragung<br />

<strong>de</strong>r Beugehaft ein Ordnungsgeld festzusetzen.<br />

Das Amtsgericht Bonn (Dokument-Nr. 10) hat am 10.<br />

Februar 1993 antragsgemäß beschlossen: „Gegen<br />

<strong>de</strong>n Zeugen wird zur Erzwingung <strong>de</strong>s Zeugnisses vor<br />

<strong>de</strong>m Untersuchungsausschuß die Haft für die Dauer<br />

von 6 Monaten, jedoch nicht über die Dauer <strong>de</strong>r Tätigkeit<br />

<strong>de</strong>s Untersuchungsausschusses hinaus, angeordnet.<br />

Einer Aussetzung <strong>de</strong>s Vollzuges dieser Entscheidung<br />

durch ein auswärtiges Gericht wird ausdrücklich<br />

wi<strong>de</strong>rsprochen. ”

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