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Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

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Vielzahl von Fällen mit Ausreisewilligen konfrontiert<br />

gewesen zu sein, weswegen er <strong>de</strong>n Fall Worgitzki<br />

nicht mehr in genauer Erinnerung habe.<br />

Anhaltspunkte dafür, daß dieser Fall als symptomatisch<br />

für <strong>de</strong>rartige Geschäfte anzusehen ist, haben<br />

sich nicht ergeben. Es ist durchaus möglich, daß die<br />

einzelnen Mitarbeiter <strong>de</strong>r Kirchen sich im eigenen Interesse,<br />

ohne daß dies immer <strong>de</strong>r Kirchenleitung bekannt<br />

war, lukrative Objekte von Ausreisewilligen<br />

verschafft haben; dies liegt nahe, da die Kirchenmitarbeiter<br />

häufig auch genauestens über die persönliche<br />

Situation <strong>de</strong>r Ausreisewilligen informiert waren.<br />

Die Vorwürfe, die Kirchen hätten einen überhöhten<br />

Gewinn aus diesen „Wechselgeschäften" geschlagen,<br />

haben sich nicht bestätigt. Der Wert <strong>de</strong>r Mark<br />

<strong>de</strong>r DDR entsprach eben nicht <strong>de</strong>m von <strong>de</strong>r DDR<br />

zwangsweise eingefor<strong>de</strong>rten Umtauschverhältnis von<br />

1:1 zur DM. Die DDR-Bewohner konnten bei ihrer<br />

Ausreise auch keine Mark <strong>de</strong>r DDR ausführen, so daß<br />

sie durch die „Wechselgeschäfte" <strong>de</strong>r Kirchen für ihr<br />

in <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland <strong>und</strong> im westlichen<br />

Ausland wertloses Geld zumin<strong>de</strong>st einen Teil an<br />

Gegenwert erhielten.<br />

Ermittlungsverfahren<br />

Dr. Wolfgang Vogel als beurk<strong>und</strong>en<strong>de</strong>r Notar empfahl<br />

verschie<strong>de</strong>nen Eigentümern, um <strong>de</strong>ren Ausreise nicht<br />

zu verzögern, Kaufinteressenten, von <strong>de</strong>nen er wußte,<br />

daß ihnen die zur Eigentumsübertragung erfor<strong>de</strong>rlichen<br />

Genehmigungen vorlagen o<strong>de</strong>r schnell zu beschaffen<br />

waren. Ob Dr. Vogel die Eigentümer erpreßte,<br />

ihre Gr<strong>und</strong>stücke an Mitarbeiter <strong>de</strong>s MfS o<strong>de</strong>r an<br />

SED-Funktionäre zu verkaufen, wie ihm in 53 Fällen<br />

vorgeworfen wird, ist Gegenstand <strong>de</strong>r Ermittlungen<br />

<strong>de</strong>r Arbeitsgruppe Regierungskriminalität bei <strong>de</strong>m<br />

Kammergericht Berlin. Im Juli 1993 wur<strong>de</strong> Dr. Vogelin<br />

Untersuchungshaft genommen, allerdings hat die zuständige<br />

Strafkammer noch nicht entschie<strong>de</strong>n, ob sie<br />

das Hauptverfahren eröffnet. Wegen <strong>de</strong>s Vorwurfs <strong>de</strong>r<br />

Nötigung war Dr. Vogel schon im März 1992 in Untersuchungshaft,<br />

erhielt aber gegen eine von <strong>de</strong>r Katholischen<br />

Kirche gestellte Kaution Haftverschonung.<br />

Der Untersuchungsausschuß hat keine Erkenntnisse<br />

darüber, ob <strong>de</strong>r Vorwurf <strong>de</strong>r Erpressung berechtigt ist.<br />

Daß <strong>de</strong>r Bereich Kommerzielle Koordinierung von<br />

<strong>de</strong>n Gr<strong>und</strong>stücksverkäufen jedoch profitierte, ist<br />

durch die Aussage von Dr. Klaus-Dieter Neubert vor<br />

<strong>de</strong>m Untersuchungsausschuß belegt wor<strong>de</strong>n. Danach<br />

erwarb <strong>de</strong>r Bereich in drei o<strong>de</strong>r vier Fällen Gr<strong>und</strong>besitz<br />

von Mandanten Vogels. Die Beurk<strong>und</strong>ung fand in<br />

diesen Fällen in <strong>de</strong>r Anwaltskanzlei von Dr. Vogel<br />

statt. Dr. Neubert hat aber nicht ausschließen können,<br />

daß es darüber hinaus noch weitere Käufe von Gr<strong>und</strong>stücken<br />

ausreisewilliger DDR-Bewohner durch <strong>de</strong>n<br />

Bereich Kommerzielle Koordinierung o<strong>de</strong>r durch Mitarbeiter<br />

<strong>de</strong>s Bereichs ohne seine Mitwirkung gegeben<br />

haben könnte. Nach seiner Aussage wur<strong>de</strong>n<br />

während <strong>de</strong>r Existenz <strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle Koordinierung<br />

32 Gr<strong>und</strong>stücke durch <strong>de</strong>n Bereich erworben,<br />

die bebaut <strong>und</strong> dann vermietet o<strong>de</strong>r verkauft<br />

wur<strong>de</strong>n (89. Sitzung, Protokoll S. 27ff).<br />

Gegen Dr. Vogel sind noch zwei weitere Ermittlungs<br />

verfahren anhängig. Diese stehen ebenfalls in Zusam<br />

<strong>Deutscher</strong> B<strong>und</strong>estag —12. Wahlperio<strong>de</strong> Drucksache 12/7600<br />

menhang mit seiner Tätigkeit als Bevollmächtigter<br />

<strong>de</strong>r DDR-Regierung im Bereich humanitäre Bemühungen.<br />

Zum einen besteht gegen ihn <strong>de</strong>r Verdacht <strong>de</strong>s Meineids<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r fortgesetzten Untreue. Dr. Vogel wird<br />

vorgeworfen, in einem Zivilverfahren beei<strong>de</strong>t zu haben,<br />

ein Gr<strong>und</strong>stückskaufvertrag sei im Mai 1989 in<br />

seiner Anwesenheit notariell beurk<strong>und</strong>et wor<strong>de</strong>n, tatsächlich<br />

habe er sich aber im Ausland aufgehalten.<br />

Außer<strong>de</strong>m habe er von einem Guthaben eines Mandanten<br />

Geld nicht weisungsgemäß ausgezahlt <strong>und</strong><br />

für sich ein nicht <strong>de</strong>r Gebührenordnung entsprechen<strong>de</strong>s<br />

Honorar einbehalten.<br />

Zum zweiten wird gegen ihn wegen Steuerhinterziehung<br />

ermittelt. Dr. Vogel soll während seiner anwaltlichen<br />

Tätigkeit zwischen 1983 <strong>und</strong> 1989 Steuern in<br />

Höhe von ca. 9,5 Mio. Mark <strong>de</strong>r DDR hinterzogen haben.<br />

Honorierung Dr. Vogels durch die B<strong>und</strong>esregierung<br />

<strong>und</strong> die Regierung <strong>de</strong>r DDR<br />

Im Zusammenhang mit <strong>de</strong>r Erörterung <strong>de</strong>r Honorarfor<strong>de</strong>rungen<br />

von Rechtsanwalt Dr. Vogel für seine Tätigkeit<br />

im Rahmen <strong>de</strong>r humanitären Bemühungen<br />

hatte <strong>de</strong>r Untersuchungsausschuß Veranlassung, die<br />

Honorierung genauer zu untersuchen. Seitens <strong>de</strong>s<br />

Untersuchungsausschusses bestand <strong>de</strong>r Verdacht <strong>de</strong>s<br />

Parteienverrates durch Vogel.<br />

War ein DDR-Bewohner verhaftet <strong>und</strong> wegen eines<br />

politischen Vergehens angeklagt, so wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Regel<br />

Vogel durch die Rechtsschutzstelle in Berlin mit<br />

<strong>de</strong>r Verteidigung beauftragt <strong>und</strong> - honoriert. Dr. Vogel<br />

übernahm aber auch Mandate von Rechtsanwälten<br />

aus <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland, die dann auch<br />

das Honorar bezahlten. Als Rechtsanwalt bevollmächtigt<br />

wur<strong>de</strong> Vogel aber in je<strong>de</strong>m Fall von <strong>de</strong>m Angeklagten<br />

selbst. Die Mandate en<strong>de</strong>ten mit <strong>de</strong>r<br />

rechtskräftigen Verurteilung <strong>de</strong>s Angeklagten.<br />

Wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Verurteilte in die Liste <strong>de</strong>r freizukaufen<strong>de</strong>n<br />

Häftlinge aufgenommen, so übernahm Dr. Vogel<br />

erneut die Vertretung <strong>de</strong>r Interessen dieses Häftlings.<br />

Die damit verb<strong>und</strong>enen Honorarfor<strong>de</strong>rungen Vogels<br />

wur<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esregierung über die Rechtsschutzstelle<br />

in Berlin (West) beglichen. Anfänglich<br />

rechnete Vogel je<strong>de</strong>s einzelne Mandat ab. Seit 1984<br />

erhielt er auf seinen Vorschlag hin ein Pauschalhonorar,<br />

das zuletzt 360.000 DM pro Jahr betrug <strong>und</strong> mit<br />

<strong>de</strong>m „alle Mandate im Zusammenhang mit erfolgten<br />

Haftentlassungen (Beratungen <strong>und</strong> Regelungen namentlich<br />

in verwaltungs- <strong>und</strong> familienrechtlichen Angelegenheiten)<br />

" sowie zwischen 5.000 <strong>und</strong> 6.000 zusätzliche<br />

Mandate, wie u. a.:<br />

- Botschaftsfälle,<br />

- Korrespon<strong>de</strong>nz mit verschie<strong>de</strong>nen staatlichen Stellen<br />

im Zusammenhang mit gestellten Ausreiseanträgen<br />

<strong>und</strong> nach erfolgter Ausreise (Beschaffung<br />

von Dokumenten etc.),<br />

- Regulierung von Verbindlichkeiten,<br />

- Wohnungsauflösungen nach erfolgter Ausreise<br />

abgegolten wur<strong>de</strong>n (Dokument-Nr. 701).

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