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Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

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Drucksache 12/7600 <strong>Deutscher</strong> B<strong>und</strong>estag — 12. Wahlperio<strong>de</strong><br />

theoretisch <strong>de</strong>nkbaren Ausweg aus <strong>de</strong>m Devisenliquiditätsdilemma<br />

verwiesen.<br />

a) Verlassen <strong>de</strong>s internationalen Finanzsystems<br />

Die ökonomischen <strong>und</strong> politischen Kosten eines Moratoriums<br />

wären für die DDR sehr hoch gewesen.<br />

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit wer<strong>de</strong>n die unseres<br />

Erachtens schwerwiegendsten Belastungen stichwortartig<br />

genannt:<br />

— Mögliche Sanktionen privater <strong>und</strong> öffentlicher<br />

Gläubiger: Kreditrestriktionen bis hin zur Verweigerung<br />

von normalen Ex- <strong>und</strong> Importfinanzierungen,<br />

eventuell Verhängung eines Lieferembargos.<br />

— Falls überhaupt noch Kreditlinien eingeräumt<br />

wor<strong>de</strong>n wären, dann nur zu erheblich höheren<br />

Zinsen, bei sehr sehr kurzen Laufzeiten.<br />

— Das Vertrauen <strong>de</strong>r DDR-Bevölkerung in die politische<br />

Führung wäre weiter gesunken mit <strong>de</strong>r Konsequenz<br />

erheblicher innenpolitischer Instabilitäten.<br />

— Notwendige ökonomische Anpassungsmaßnahmen<br />

hätten sich notwendigerweise weiter verzögert.<br />

Die DDR hätte sich noch stärker als bislang<br />

<strong>de</strong>m RGW zugewandt. Die Wachstumslücke zum<br />

Westen wäre noch größer gewor<strong>de</strong>n.<br />

Rein vor<strong>de</strong>rgründig <strong>und</strong> rein theoretisch betrachtet<br />

hätten sich auch ökonomische „Vorteile" ergeben<br />

können. Da von 1982-1986 im DDR-Westhan<strong>de</strong>l (nur<br />

Han<strong>de</strong>l ohne Dienstleistungen, unter Einschluß <strong>de</strong>s<br />

inner<strong>de</strong>utschen Han<strong>de</strong>ls) zum Teil erhebliche Oberschüsse<br />

erzielt wur<strong>de</strong>n, hätte die DDR bei Nichteinhaltung<br />

ihrer Schul<strong>de</strong>ndienstverpflichtungen mehr<br />

Westimporte tätigen können als bei weiterer Bedienung<br />

<strong>de</strong>r Schul<strong>de</strong>n. Die Abhängigkeit von Zahlungsmodalitäten<br />

war zunächst gering, da die Zahlungsziele<br />

beim Hauptträger <strong>de</strong>r DDR-Westexporterlöse,<br />

<strong>de</strong>n Mineralölprodukten, relativ kurz waren. So hätten<br />

<strong>de</strong>r DDR sehr schnell konvertible Devisen zur<br />

Importfinanzierung zur Verfügung gestan<strong>de</strong>n. Bei<br />

Lieferungen von Investitionsgütern wer<strong>de</strong>n hingegen<br />

lange Zahlungsziele vereinbart. Da aber <strong>de</strong>r Anteil<br />

von Investitionsgüterexporten an <strong>de</strong>n DDR-Gesamtwestausfuhren<br />

relativ gering war, hätten sich<br />

hieraus nur geringe Liquiditätsprobleme ergeben.<br />

b) Verbleiben im internationalen Finanzsystem<br />

Um im internationalen Finanzzusammenhang zu verbleiben,<br />

hätte sich die DDR im Falle <strong>de</strong>r Zahlungsunfähigkeit<br />

in Verhandlungen um einen Zahlungsaufschub,<br />

möglichst in Verbindung mit einer<br />

Schul<strong>de</strong>nreduzierung, bemühen müssen.<br />

— Bei einem Zahlungsaufschub wird die Tilgung<br />

gestreckt. Die ursprünglich vereinbarten Zinsen<br />

müssen jedoch termingemäß gezahlt wer<strong>de</strong>n.<br />

— Jährliche Umschuldungsverhandlungen wären<br />

für die DDR sehr unbef riedigend gewesen, weil<br />

sie ständig auf <strong>de</strong>r Suche nach neuen Refinanzie<br />

rungsquellen gewesen wäre <strong>und</strong> jährliche Verhandlungen<br />

keine Basis sind für die Ausarbeitung<br />

eines längerfristigen Planes zur Sanierung <strong>de</strong>r<br />

Wirtschaft.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich muß aber die Frage gestellt wer<strong>de</strong>n,<br />

ob westliche Kreditgeber überhaupt ein Interesse<br />

an einer Umschuldung <strong>und</strong> damit am Gelingen<br />

eines einzuleiten<strong>de</strong>n ökonomischen <strong>und</strong><br />

eventuell politischen Anpassungsprozesses gehabt<br />

hätten. Diese Frage kann vorbehaltlos für<br />

private Gläubiger bejaht wer<strong>de</strong>n, wobei aber unsicher<br />

ist, ob sie alle bereit gewesen wären, neue<br />

Kredite zu vergeben (Trittbrettfahrerproblem). Ob<br />

auch öffentliche westliche Kreditgeber durchgehend<br />

über das gesamte letzte Jahrzehnt bereit gewesen<br />

wären, die DDR durch ökonomische <strong>und</strong><br />

politische Signale zu stützen, kann nur spekulativ<br />

beantwortet wer<strong>de</strong>n.<br />

Um die erfor<strong>de</strong>rlichen ökonomischen Anpassungsprozesse<br />

zu sichern, damit beispielsweise<br />

kein drastischer Konsumgüterimporteinbruch die<br />

innere Stabilität <strong>de</strong>r DDR gefähr<strong>de</strong>t, hätten sowohl<br />

öffentliche als auch p rivate Gläubiger ein<br />

langfristiges Interesse an <strong>de</strong>r Existenz <strong>de</strong>r DDR<br />

haben müssen. Westliche Regierungskredite bzw.<br />

durch Regierungen verbürgte o<strong>de</strong>r gar garantierte<br />

Kredite wären nur gegen ökonomische <strong>und</strong> politische<br />

Zugeständnisse zu haben gewesen. Die<br />

DDR hat solche Zugeständnisse in kleinen Dosen<br />

gewährt, wenn sie nicht mit einem Eingriff in ihre<br />

Souveränität verb<strong>und</strong>en waren. Ein unmittelbares,<br />

eventuell sogar „öffentliches" Junktim<br />

zwischen ökonomischer Leistung (Kredite) <strong>und</strong><br />

politischer Gegenleistung (menschliche Erleichterungen)<br />

hat die DDR immer abgelehnt.<br />

Der wirtschaftliche Anpassungsprozeß hätte auf<br />

alle Fälle Zeit gebraucht. Wachstum <strong>und</strong> Lebensstandard<br />

wären zunächst <strong>de</strong>utlich zurückgegan-<br />

gen. Damit wäre auch <strong>de</strong>r Druck <strong>de</strong>r Bevölkerung<br />

auf Partei- <strong>und</strong> Regierung gewachsen. Wahrscheinlich<br />

wären die Konsumgüterimporte gesunken,<br />

eventuell aber auch die Investitionsgüterimporte,<br />

da Devisen für die Schul<strong>de</strong>nrückzahlung<br />

benötigt wor<strong>de</strong>n wären. Eine Investitionsgüterimportreduzierung<br />

hätte aber auch <strong>de</strong>n Anpassungsprozeß<br />

gefähr<strong>de</strong>t.<br />

Eine Schul<strong>de</strong>nreduzierung ist auf <strong>de</strong>n ersten<br />

Blick naturgemäß positiv zu bewe rten. Die „Unsicherheit"<br />

<strong>de</strong>r Kreditgeber wäre dadurch verringert<br />

wor<strong>de</strong>n, so daß <strong>de</strong>r p rivate Sektor neue Kreditengagements<br />

vorgenommen hätte. Doch diese<br />

Bereitschaft wäre abhängig gewesen vom Vertrauen<br />

<strong>de</strong>s p rivaten Sektors in die zukünftige<br />

Wirtschaftspolitik <strong>de</strong>r DDR. Deshalb wäre die<br />

DDR gera<strong>de</strong> bei einer Schul<strong>de</strong>nreduzierung mit<br />

erheblichen wirtschaftspolitischen For<strong>de</strong>rungen<br />

konfrontiert wor<strong>de</strong>n. Der Druck <strong>de</strong>r Gläubiger auf<br />

eine Reform- <strong>und</strong> Anpassungspolitik wäre sehr<br />

groß gewesen. So wären For<strong>de</strong>rungen hinsichtlich<br />

<strong>de</strong>r Offenlegung <strong>de</strong>r wi rtschaftlichen Lage,<br />

z. B. <strong>de</strong>r Zahlungsbilanzsituation, gestellt wor<strong>de</strong>n.<br />

Die Wirksamkeit solcher For<strong>de</strong>rungen wäre natürlich<br />

abhängig gewesen von <strong>de</strong>r Stärke <strong>de</strong>s politischen<br />

Drucks. Öffentliche westliche Gläubiger

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