Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

gen der Unternehmensgruppe Forgber an das MfS
kamen auch in späteren Jahren angeblich immer wieder
vor. Wiederholt soll Dr. Günther Forgber von Führungsoffizieren
zur Abführung von Geldern erpreßt
worden sein, die diese wiederum als eigene Leistungen
abgerechnet haben sollen. Laut Aussage von Dr.
Schalck-Golodkowski soll auch die Ursache für die
Entlassung des Leiters der AG BKK, Meinel, in einer
derartigen Erpressungsaktion bestanden haben.
Bezüglich der Beschaffung von Embargowaren spielte
die Unternehmensgruppe Forgber insbesondere
deshalb eine wichige Rolle für das MfS, weil sie als
Deckadresse für die Aktivitäten von Wolfram Zahn
genutzt wurde, der unter Anleitung der HA XVIII/8
für dera rtige Beschaffungen, auch für Zwecke der
HVA, zuständig war. In welchem Umfang Dr. Forgber
sich darüber hinaus auch selbst aktiv mit der Beschaffung
von Embargowaren befaßte, konnte der Untersuchungsausschuß
durch seine Beweiserhebung
nicht klären. Nach einer Aussage von Dr. Schalck-Golodkowski
soll sich die Unternehmensgruppe Forgber
auf die Beschaffung von Versorgungsgütern für das
MfS und die Bereitstellung von finanziellen Mitteln
konzentriert haben. Aus einem IM-Bericht Dr. Günther
Forgbers an die AG BKK geht jedoch hervor, daß
zumindest über das Unternehmen Exportcontact in
Wien Embargowaren für den ungarischen Markt importiert
wurden (Dokument-Nr. 53).
Die Verbindung zwischen Zahn und Dr. Günther
Forgber bestand bereits seit Ende der 60er Jahre, als
Zahn noch Leiter des Direktionsbereichs Anlagenimport
in der VVB Bauelemente und Vakuumtechnik
war. Da es sich bei diesem Bereich um keinen offiziellen
Außenhandelsbetrieb handelte, konnten ihm
auch keine Außenhandelsvollmachten übertragen
werden. Aus diesem Grund wurde er laut Aussage
von Zahn ca. 1970 formal der Unternehmensgruppe
Forgber angegliedert. Ab diesem Zeitpunkt wurden
alle Importgeschäfte Zahns im Namen des Unternehmens
Günther Forgber - Wahrnehmung von Interessen
für Industrie und Handel abgewickelt, Zahn
selbst wurde Prokurist des Unternehmens Günther
Forgber - Wahrnehmung von Interessen für Industrie
und Handel. Die Bezahlung der Lieferanten Zahns erfolgte
über ein Unterkonto des Unternehmens Günther
Forgber - Wahrnehmung der Interessen für Industrie
und Handel bei der Deutschen Handelsbank AG
(DHB), für das nur Nendel, Zahn und Kupfer, nicht
aber Dr. Günther Forgber zeichnungsberechtigt waren.
Anfang der 80er Jahre wurde im Namen des Unternehmens
Günther Forgber - Wahrnehmung von
Interessen für Indust rie und Handel ein zweites Unterkonto
bei der DHB eingerichtet. Über dieses, ausschließlich
durch den HB 4 gespeiste, Konto erfolgte
die Finanzierung der Speziellen Beschaffungsorgane
(SBO), für die Zahn ab diesem Zeitpunkt verantwortlich
war. Als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung
seines Namens erhielt Dr. Günther Forgber für
alle abgewickelten Importgeschäfte eine Provision
von ca. fünf Prozent, die er jedoch wiederum an den
Bereich Kommerzielle Koordinierung abzuführen
hatte.
Auch ein Großteil der Embargolieferanten des HB 4
wurde von Dr. Günther Forgber bzw. dem Industrie-
Deutscher Bundestag —12. Wahlperiode Drucksache 12/7600
büro Günther Forgber vertreten. Während Dr. Forgber
selbst auf die Beschaffungsaktivitäten des HB 4
keinen Einfluß nahm, schaltete sich das Industriebüro
unter Leitung von Peer Ikier in die Beziehungen des
HB 4 zu seinen Lieferanten teilweise aktiv ein. Ikier
war seit Juli 1973 Leiter der Außenstelle des AHB Carl
Zeiss Jena in Berlin (Ost), die für die Zusammenarbeit
mit den gemischten Gesellschaften des AHB in westeuropäischen
Ländern zuständig war.
Ab 1976 wurde die Vertretung dieser Gesellschaften
durch das Unternehmen Günther Forgber - Wahrnehmung
von Interessen für Industrie und Handel übernommen.
Dadurch sollten die steuerpflichtigen Handelsgewinne
dieser Gesellschaften durch Abführungen
von Provisionszahlungen an den Bereich Kommerzielle
Koordinierung reduziert werden (Dokument-Nr.
65). Dr. Günther Forgber übertrug die Vertretung
der Gesellschaften dem Industriebüro Günther
Forgber. Die Unternehmensleitung übernahm
Ikier. Im Auftrag Forgbers und mit dessen entsprechender
Vollmacht vertrat das Industriebüro außerdem
andere westliche Unternehmen in der DDR, wobei
es sich hauptsächlich um Embargolieferanten
handelte. Die Einschaltung des Industriebüros in die
Geschäfte Ronnebergers führte innerhalb des MfS
und des HB 4 1988 zu Überlegungen, eine neue bereichsspezifische
Vertreterorganisation für die Geschäfte
des HB 4 zu bilden. Nach Ansicht des MfS gefährdeten
die Aktivitäten Ikiers die Arbeit des HB 4,
da einerseits die Verbindung des Firmennetzes von
Dr. Forgber mit dem MfS im westlichen Ausland bekannt
war, und andererseits die notwendigen Geheimhaltungsmaßnahmen
bei der Abwicklung von
Embargogeschäften durch Ikier und Dr. Forgber nicht
eingehalten wurden (Dokument-Nr. 66).
Weitere Diensteinheiten des MfS, die zur Abdeckung
ihrer Tätigkeit in Gebäuden des Unternehmens Günther
Forgber - Wahrnehmung von Interessen für Industrie
und Handel untergebracht wurden, waren die
der Verwaltung Rückwärtige Dienste (VRD) unterstellte
AG Baude bzw. AG MAH und die Gruppe Sonderbeschaffung
unter Leitung von Sigrid Schalck-
Golodkowski, deren Anleitung ebenfalls ausschließlich
durch das MfS erfolgte. Zwischen der AG MAH,
die in erster Linie mit der Beschaffung von Embargowaren
für das MfS befaßt war, und der Unternehmensgruppe
Forgber bestanden in geringem Umfang
auch Geschäftsbeziehungen. Obwohl die Gruppe
Sonderbeschaffung in den Geschäftsräumen Dr.
Forgbers als sogenanntes Forgber-Büro II untergebracht
war und mehrere Kuriere aus dieser Gruppe
offiziell beim Unternehmen Günther Forgber - Wahrnehmung
von Interessen für Industrie und Handel
beschäftigt waren, liegen dem Untersuchungsausschuß
keine Infomationen über eine Zusammenarbeit
vor.
bb) Arbeitsgruppe Bereich Kommerzielle Koordinierung
(AG BKK)
Die Arbeitsgruppe Bereich Kommerzielle Koordinierung
(AG BKK) wurde mit Befehl Nr. 14/83 des Ministers
für Staatssicherheit vom 1. September 1983 als
selbständige Diensteinheit des MfS gegründet. Ihre
Aufgabe bestand in der „politisch-operativen Siche-