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Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

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7. Dezember 1989 ausführte, hatte sich seiner Meinung<br />

nach Manfred Sei<strong>de</strong>l „in vielen Jahren seiner<br />

Tätigkeit große Verdienste für die Kirchen <strong>und</strong> die<br />

Diakonischen Werke in <strong>de</strong>r DDR erworben". In diesem<br />

Brief beauftragte Geißel von We<strong>de</strong>l damit, für<br />

<strong>de</strong>n damals inhaftierten Manfred Sei<strong>de</strong>l einen Rechtsanwalt<br />

zu suchen, <strong>de</strong>ssen Honorierung Geißel <strong>und</strong><br />

Vertreter <strong>de</strong>r sog. Vertrauensfirmen übernehmen sollten.<br />

Zu <strong>de</strong>n gegen Manfred Sei<strong>de</strong>l erhobenen Vorwürfen,<br />

die u.a. die Führung von Auslands<strong>de</strong>visenkonten<br />

betrafen, äußerte sich Geißel verteidigend:<br />

„Aus meiner Kenntnis <strong>de</strong>r Dinge kann ich sagen, daß<br />

es in <strong>de</strong>r Vergangenheit üblich war, Devisenkonten<br />

im Ausland zu unterhalten, <strong>de</strong>nen aber - wie auch<br />

heute noch - For<strong>de</strong>rungen in jeweils größerer Höhe<br />

gegenüberstan<strong>de</strong>n. Soweit es um die 200 Millionen<br />

DM geht, die Manfred Sei<strong>de</strong>l angeblich in die<br />

Schweiz verschoben haben soll, han<strong>de</strong>lt es sich dabei<br />

um das übliche, bisher nicht beanstan<strong>de</strong>te Verfahren.<br />

Nachweislich sind diese 200 Millionen als Festgel<strong>de</strong>r<br />

bei Banken in Pa ris, Luxemburg, <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Deutschland <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Schweiz angelegt, insoweit<br />

auch greifbar <strong>und</strong> je<strong>de</strong>rzeit rückrufbar" (Dokument-<br />

Nr. 698). Am 6. Dezember 1989, also zu einem Zeitpunkt,<br />

da eine Finanzrevision <strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle<br />

Koordinierung erstmals angeordnet wor<strong>de</strong>n<br />

war, war es Geißel möglich, ohne Kenntnis <strong>de</strong>r zuständigen<br />

Ministerin <strong>de</strong>r Finanzen <strong>und</strong> Preise <strong>de</strong>r DDR,<br />

Uta Nickel, Einsicht in die Geschäftsunterlagen <strong>de</strong>s<br />

Bereichs Kommerzielle Koordinierung zu nehmen.<br />

2. Familienzusammenführung<br />

Die humanitären Bemühungen <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esregierung<br />

im Bereich <strong>de</strong>r Familienzusammenführung waren<br />

nicht Gegenstand <strong>de</strong>r Untersuchungen <strong>de</strong>s Untersuchungsausschusses.<br />

Die Familienzusammenführung beschränkte sich ab<br />

Mitte <strong>de</strong>r 60er Jahre nicht nur auf die Übersiedlung<br />

von Familien, die durch die Teilung Deutschlands getrennt<br />

wur<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn erweiterte sich auch auf solche<br />

Fälle, in <strong>de</strong>nen eine ständige Ausreise aus <strong>de</strong>r<br />

DDR beantragt wur<strong>de</strong>.<br />

Bearbeitet wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Bereich Familienzusammenführung<br />

ebenfalls durch das B<strong>und</strong>esministerium für in-<br />

ner<strong>de</strong>utsche Beziehungen (BMB), das Listen mit über<br />

siedlungswilligen DDR-Bewohnern erstellte <strong>und</strong><br />

diese über <strong>de</strong>n Rechtsanwalt Stange, später über <strong>de</strong>n<br />

Referatsleiter im BMB, Plewa, an Rechtsanwalt Dr.<br />

Vogel weiterleitete, <strong>de</strong>r die Listen mit <strong>de</strong>r ZKG im<br />

MfS unter Zugr<strong>und</strong>elegung bestimmter Kriterien, wie<br />

z. B. Ausbildung o<strong>de</strong>r Beruf, abstimmte <strong>und</strong> sog. „F<br />

Listen" erstellte. Danach erfolgte eine Abstimmung<br />

<strong>de</strong>r „F-Liste" zwischen Dr. Vogel <strong>und</strong> <strong>de</strong>m BMB. In<br />

<strong>de</strong>r aus dieser Abstimmung hervorgegangenen „L-Liste"<br />

(Genehmigungsliste) waren die Fälle genannt,<br />

die in die B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland ausreisen<br />

durften. Daran schloß sich die sog. „FA-Liste" (Ausreiseliste)<br />

an, bestehend aus in <strong>de</strong>r Regel 26 Personen,<br />

die tatsächlich ausgereist waren. An dieser „FA-Liste"<br />

orientierte sich die Gegenleistung <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esregierung.<br />

Bis 1989 wur<strong>de</strong> ca. 250.000 Personen die<br />

Ausreise aus <strong>de</strong>r DDR ermöglicht.<br />

<strong>Deutscher</strong> B<strong>und</strong>estag —12. Wahlperio<strong>de</strong> Drucksache 12/7600<br />

Die Höhe <strong>de</strong>r Gegenleistung war unterschiedlich. Bis<br />

Anfang <strong>de</strong>r 70er Jahre war <strong>de</strong>r Preis einer „FA-Liste"<br />

300.000 DM. Er erhöhte sich dann auf 500.000 DM pro<br />

Liste. Nach Abschluß <strong>de</strong>s Gr<strong>und</strong>lagenvertrages verlangte<br />

die DDR nur noch 50.000 DM pro Liste. Danach<br />

wur<strong>de</strong>n nur noch Konfliktfälle abgegolten.<br />

Die Gegenleistung <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esregierung wur<strong>de</strong> aus<br />

<strong>de</strong>n Mitteln <strong>de</strong>s BMB finanziert <strong>und</strong> als Warenlieferung<br />

- zusammen mit <strong>de</strong>n Warenlieferungen für <strong>de</strong>n Freikauf<br />

politischer Häftlinge - über das Diakonische Werk<br />

an <strong>de</strong>n Bereich Kommerzielle Koordinierung transferiert.<br />

Eine Aussage darüber, in welchem Umfang die<br />

B<strong>und</strong>esregierung Mittel für die Familienzusammenführung<br />

bereitstellte, kann aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Untersuchungsausschuß<br />

vorliegen<strong>de</strong>n Akten nicht gemacht<br />

wer<strong>de</strong>n. Anhand <strong>de</strong>r im Rahmen <strong>de</strong>s sog. B-Geschäfts<br />

durch das BMB verausgabten Mittel <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Abrechnungen<br />

<strong>de</strong>s Diakonischen Werkes ist keine Unterscheidung<br />

in Warenlieferungen für freigekaufte Häftlinge<br />

o<strong>de</strong>r Familienzusammenführungen möglich.<br />

Son<strong>de</strong>raktion 1980<br />

Bei <strong>de</strong>r Son<strong>de</strong>raktion 1980 wur<strong>de</strong> als Gegenleistung<br />

<strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland für die Ausreise von<br />

216 übersiedlungswilligen DDR-Bewohnern keine<br />

Warenlieferung vereinbart, son<strong>de</strong>rn drei Mio. DM in<br />

bar durch Rechtsanwalt Stange an Rechtsanwalt Dr.<br />

Vogel. Dieser übergab <strong>de</strong>n Betrag wahrscheinlich an<br />

das MfS o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Bereich Kommerzielle Koordinierung.<br />

Finanziert wur<strong>de</strong> die Aktion aus Mitteln <strong>de</strong>s<br />

Haushalts <strong>de</strong>s BMB. Stange hat diese Bargeldaktion<br />

allerdings als einmalig bezeichnet (Dokument-Nr.<br />

699 <strong>und</strong> 133. Sitzung, Protokoll S. 340, 342 ff.).<br />

-<br />

Zur Rolle von Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Vogel<br />

Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Vogel hat bei <strong>de</strong>r Beweiserhebung<br />

zum Thema humanitäre Bemühungen <strong>de</strong>r<br />

B<strong>und</strong>esregierung eine beson<strong>de</strong>re Rolle gespielt. Auf<br />

seiten <strong>de</strong>r DDR war Dr. Vogel <strong>de</strong>r alleinige Ansprech<br />

<strong>und</strong> Verhandlungspartner <strong>de</strong>r b<strong>und</strong>es<strong>de</strong>utschen Vertreter<br />

im Bereich Häftlingsfreikauf, Familienzusammenführung<br />

<strong>und</strong> Agentenaustausch. Dabei arbeitete<br />

er eng mit <strong>de</strong>m MfS zusammen.<br />

Lebensdaten<br />

Dr. Wolfgang Vogel wur<strong>de</strong> am 30. Oktober 1925 in<br />

Wilhemsthal in Schlesien geboren <strong>und</strong> studierte nach<br />

1945 in Jena <strong>und</strong> Leipzig Rechtswissenschaften. Im<br />

Anschluß daran war er von 1952 bis 1953 Hauptreferent<br />

<strong>de</strong>r Strafrechtsabteilung im Ministerium <strong>de</strong>r Justiz<br />

(MdJ) <strong>de</strong>r DDR. Nach seinem Ausschei<strong>de</strong>n aus<br />

<strong>de</strong>m MdJ war er anfänglich in einem Kollegium, ab<br />

1968 selbständig als Rechtsanwalt tätig. Am 13. November<br />

1957 erhielt Vogel auch eine Zulassung als<br />

Rechtsanwalt für Berlin (West).<br />

Zum Bevollmächtigten <strong>de</strong>r DDR-Regierung wur<strong>de</strong> Dr.<br />

Vogel am 1. August 1969 durch Generalstaatsanwalt<br />

Dr. Josef Streit ernannt: „Die Regierung <strong>de</strong>r Deutschen<br />

Demokratischen Republik bestellt Sie mit sofortiger<br />

Wirkung bis auf schriftlichen Wi<strong>de</strong>rruf als ständigen<br />

Rechtsberater <strong>und</strong> in beson<strong>de</strong>ren Fällen als Rechtsvertreter.<br />

Diese Bestellung erstreckt sich insbeson<strong>de</strong>re auf<br />

die Wahrnehmung <strong>de</strong>r Interessen <strong>de</strong>r Deutschen De-

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